Tour de France - Froome veröffentlicht Leistungsdaten: Beginn einer neuen Ära des Antidoping-Diskurses
Christopher Froome hat seine Leistungsdaten veröffentlicht. Der Weg zu einer Integration in das Antidoping-Monitoring könnte damit frei sein.
Auch am Ruhetag der Tour de France geschieht etwas. Keine Attacken am Berg, keine auf der Abfahrt, aber doch ein präziser Konter. Auf die Anschuldigungen des Lyoner Leistungsdiagnostikers Pierre Sallet im französischen Fernsehen, die Leistungen von Chris Froome beim Anstieg der zehnten Etappe zu La Pierre-Saint-Martin seien „abnorm“ gewesen, gab Team Sky am Dienstag seine bislang ablehnende Haltung auf und veröffentlichte selbst einige Leistungsdaten. „Ich weiß nicht, ob die Daten alle Probleme lösen, aber wir versuchen so transparent und offen wie möglich zu sein“, meinte Froome selbst zurückhaltend.
Die eigentliche Verkündungsaufgabe übernahm vor etwa 100 Journalisten sein Trainer Tim Kerrison. Dessen Daten unterscheiden sich nun aber erheblich von denen im französischen Fernsehen. Die wichtigste Differenz betrifft die geleisteten Watt pro Kilogramm Körpergewicht. Kam Sallet hier auf den sehr hohen Wert von 7,04 Watt/kg, so lag der laut Kerrison bei 5,78. Das wäre ein Wert, der weit unterhalb jeder Verdachtsgrenze steckt. Stimmen diese Daten, wäre Froome damit also rehabilitiert.
Differenz bei der Wattzahl Sallet und Kerrison
Merkwürdig ist nur, dass die Zahlen von Sallet und Kerrison bei jedem einzelnen Parameter auseinander liegen. Das beginnt bereits bei Sachen, über die es eigentlich keinen Zweifel geben sollte – etwa der Zeit, die Froome für den 15,3 Kilometer langen Anstieg brauchte. Laut Sallet hatte Froome den schon nach 40:48 Minuten absolviert. Sallet ist für die TV-Abteilung des Tourveranstalters ASO tätig und bestückt als Statistiker das Fernsehen mit Daten über Anstiege, Zeiten und Leistungen. In der Zeitmessung dürfte er kaum falsch liegen. Kerrison aber gab hier eine Zeit von „durchschnittlich 41:30 Minuten“ an. Durchschnittlich für einen einzelnen Fahrer? Das überrascht
Auseinander liegen Sallet und Kerrison auch bei der Wattzahl. Gab Sallet 425 Watt als Leistung für den Anstieg an, betrug sie laut Kerrison 414. Das läge immerhin noch über der von einem anderen französischen Wattexperten – dem Bretonen Antoine Vayer – bestimmten Verdachtsgrenze von 410 Watt bei Anstiegen von mehr als 40 Minuten Dauer.
Für Chris Froome bedeuten die Daten seines Teams Entwarnung
Der größte Faktor für Unterschiede bei den geleisteten Watt pro Kilogramm liegt aber in der Angabe des Körpergewichts. Sallet ging – dies bestätigte er dem Tagesspiegel auf Nachfrage – von 71 Kilogramm Körpergewicht aus. Kerrison gab 67,5 an. Der Coach hat direkten Zugang zu Froome – Punkt für ihn.
Zwei Schlussfolgerungen lassen sich also ziehen: Der Radsport ist in eine neue Ära des Antidoping-Diskurses eingetreten. Der Weg zu einer Integration von Leistungsdaten in das Antidoping-Monitoring ist frei. Genau dies fordere auch Sallet, wie er dieser Zeitung sagte. Zu den aktuellen Abweichungen im Falle Froomes wollte er sich nicht äußern.
Für Froome selbst bedeuten die Daten seines Teams Entwarnung. Wegen der Angabe lediglich einer „Durchschnittszeit“ von 41:30 Minuten bleiben aber Restzweifel. Der Tourzweite Nairo Quintana kündigte am Ruhetag auf Nachfrage vom Tagesspiegel übrigens an: „Ich habe keine Probleme damit, meine Daten zu veröffentlichen.“