Nach der 1:3-Pleite in Porto: Bayern München: Wunden und Wunder
Der FC Bayern spricht sich nach dem 1:3 Mut zu. Vielleicht auch wegen der schwierigen Gesamtlage verzichtete Klubchef Rummenigge bewusst darauf, die Mannschaft nach dem misslungenen Auftritt in Porto zu viel zu kritisieren.
Pep Guardiola kaute lustlos sein Essen. Der Trainer hatte zum zweiten Mal in seiner Ära beim FC Bayern eine herbe Niederlage hinnehmen müssen und beim traditionellen Mitternachtsbankett nach Champions-League-Spielen sichtlich daran zu schlucken. Vor einem Jahr im Halbfinale gegen Real Madrid waren dem Spanier Fehler bei Taktik und Personalwahl unterlaufen. Diesmal, beim 1:3 in Porto, führten drei Aussetzer einzelner Spieler für das Debakel herbei.
Dass die Ballverluste von Xabi Alonso und Dante in der Anfangsphase, die zu den beiden Toren von Ricardo Quaresmo führten, die gesamte Mannschaft verunsicherten, ist nicht ungewöhnlich, aber für diese mental so reifen Spieler doch erstaunlich. Bayerns Klubchef Karl-Heinz Rummenigge traute sich dann im Bankettsaal des Sheraton-Hotels in Porto zu thematisieren, worauf zuvor Spieler und auch Sportvorstand Matthias Sammer bewusst verzichtet hatten, nämlich die Folgen der Verletzungsmisere als einen der Gründe heranzuführen. Er wisse aus eigener Erfahrung, sprach der ehemalige Profi Rummenigge ins Mikrofon, „dass irgendwann der Tag da ist, an dem man ein bisschen kaputt ist, die Beine schwer sind und im Kopf dann auch die Konzentration fehlt“.
Klub-Chef Rummenigge hielt sich mit Kritik zurück
Vielleicht lag es an diesem Abend im Drachenstadion des FC Porto eher an einem Zusammentreffen unglücklicher Umstände, denn der dritte Verursacher eines Gegentores war in Jérôme Boateng ein Profi, der am Samstag gegen Frankfurt gar nicht im Kader gestanden hatte, also halbwegs frisch gewesen sein müsste. „Das hat nichts mit Drucksituation zu tun oder anderen Dingen. Das sind Sachen, die passieren“, sagte Torhüter Manuel Neuer, der Glück hatte nach zwei Minuten wegen einer Notbremse gegen Jackson Martinez nicht die Rote Karte zu sehen. Schon eher ist die passive Spielweise in der zweiten Hälfte mit Substanzverlust zu erklären. Die Bayern schafften es nach dem Anschlusstreffer von Thiago nicht mehr, ihr Spiel durchzusetzen. „Wir haben zu wenig klare Chancen gehabt, um noch das eine oder andere Tor mehr zu erzielen“, sagte Neuer. Tatsächlich hat Guardiola derzeit kaum Möglichkeiten zu variieren und neue Reizpunkte vor allem in der Offensive zu setzen. Genau das aber wäre am Mittwoch dringend nötig gewesen.
Vielleicht auch wegen der schwierigen Gesamtlage verzichtete Rummenigge bewusst darauf, die Mannschaft nach dem misslungenen Auftritt in Porto zu viel zu kritisieren. „Ich tue mich ein bisschen schwer mit der Bewertung des Spiels“, gab er zu. Denn nach dem 1:3 im Hinspiel des Viertelfinals ist eben noch nichts verloren, die Münchner können am kommenden Dienstag in der zweiten Partie gegen die Portugiesen noch weiterkommen. Deshalb fand Rummenigge wohl, dass es wichtiger ist, dem Team Mut zu machen, statt den Finger in die Wunde zu legen.
Die Bundesliga-Partie am Samstag bei den kriselnden Hoffenheimern könnte da für die gestrauchelten Portugal-Reisenden gerade recht kommen. Auf der anderen Seite muss Guardiola mit Blick auf die Champions League eine kleine Rotation vornehmen, die angesichts der Verletztenliste derzeit aber die größtmögliche ist. Es sei wichtig, findet Sammer, „die Verarbeitung mit der nötigen Ruhe aber auch Überzeugung anzugehen“. Dass den FC Bayern große Niederlage wie die in Porto stärker machen können, haben diese Spieler schon ein paar Mal gezeigt. „Wenn man eine große Mannschaft sein will, muss man in der Lage sein, das wegzustecken“, sagt Sammer. Ein 2:0 würde den Münchnern im Rückspiel schon genügen, um doch noch ins Halbfinale einzuziehen. „Es wäre kein Fußball-Wunder“, weiß Thomas Müller. „Aber ein Spaziergang wird es nicht.“