Fußball-Bundesliga: Bayern München siegt, doch die Gelassenheit fehlt
Auch nach dem lockeren 4:0 über Mainz ist bei den Bayern die Normalität noch nicht wieder zurück. Trainer Ancelotti steht weiterhin unter Druck.
Es gibt sie noch beim FC Bayern, die Spiele, in denen fast alles nach Plan läuft und am Ende das Ergebnis im Mittelpunkt steht – und nicht Irritationen neben dem Platz. Am Samstag gegen den FSV Mainz 05 reagierte weder ein Spieler beleidigt, noch musste sich die Mannschaft fehlendes Engagement vorwerfen lassen. Mit dem 4:0 (2:0)-Sieg durch die Tore von Thomas Müller, Arjen Robben und zweimal Robert Lewandowski kehrt in München zwar noch keine Normalität ein, denn gegen die harmlosen Mainzer genügte eine solide Leistung. Immerhin aber lieferte der Rekordmeister den Kritikern keine neue Nahrung.
Noch nie war es seit der Triple-Saison so unruhig gewesen beim FC Bayern wie zu Beginn dieser Spielzeit. Mal abgesehen von ein paar wenigen Verstimmungen hatte es in den vergangenen Jahren trotz des verpassten Champions-League-Triumphes nach 2013 selten einmal etwas auszusetzen gegeben. Unter Pep Guardiola ging es dann vor allem um die vielen Verletzten, die womöglich auf eine zu hohe Beanspruchung des auch im Training stets um Perfektion bemühten Katalanen zurückzuführen waren.
Guardiolas Erbe
In Ancelottis erstem Jahr in München deuteten sich zwar schon Schwierigkeiten an, aber zum einen lebte er spielerisch noch etwas von Guardiolas Erbe und erfüllte mit dem Meistertitel das Minimalziel. Zum anderen gewährte er den Spielern Freiheiten, was überwiegend begrüßt wurde nach der anstrengenden Guardiola-Ära. Aber schon in der vergangenen Saison hatte es Stimmen gegeben, die über zu lasches Training klagten, was der Verein jedoch umgehend dementierte.
Was nun im Sommer schief gelaufen war, ist schwer nachzuvollziehen. Die Werbetour nach Fernost mit vier Spielen in zwölf Tagen mag nicht geholfen haben, aber ausschlaggebend für den schleppenden Start in die Saison war sie sicher nicht. Ebensowenig, dass der Verein versuchte, den Umbruch mit ein paar Neuzugängen einzuleiten und der Konkurrenzkampf dadurch noch einmal befeuert wurde. Fakt ist, dass von Anfang an wenig Linie im Spiel der Bayern zu erkennen war – und dass es bis Samstag kaum Anzeichen gab, dass Ancelotti daran etwas ändern kann. „Wir sind im Moment nicht auf der Höhe unseres Könnens“, gab er vor der Partie gegen Mainz zu, war aber sicher: „Wir werden bald auf der Höhe sein.“ Der Sieg am Samstag war nur ein erster kleiner Schritt, mehr nicht.
Ancelottis Gelassenheit ist dahin
Die Planlosigkeit könnte den Trainer mannschaftsintern angreifbar gemacht haben, zumindest deuten darauf die Reaktionen einiger Spieler hin. Zunächst beschwerte sich Müller öffentlich über seine Nicht-Berücksichtigung, dann übte Lewandowski in einem vom Verein nicht autorisierten Interview Kritik an der Vereinspolitik, und unter der Woche warf Franck Ribéry wutentbrannt das Trikot in die Ecke, weil er beim 3:0 zum Champions-League-Auftakt gegen Anderlecht gut zehn Minuten vor Schluss ausgewechselt worden war. Müller und vor allem Lewandowski sowie dessen Berater Maik Barthel hatte sich der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge vorgeknöpft, ebenfalls öffentlich, was nicht zur Beruhigung der Lage beitrug.
Den Zwist mit Ribéry regelte Ancelotti selbst. Er habe mit ihm gesprochen, sagte er am Freitag. „Es ist alles gut, kein Problem.“ Gegen Mainz saß der Franzose zunächst auf der Bank, rein äußerlich gelassen, kam nach einer Stunde für Robben, der seine Auswechslung entgegen sonstiger Gewohnheit mit Anstand hinnahm.
Ancelotti wirkt zum ersten Mal seit seinem Antritt in München nicht mehr sehr gelassen. Der 58-Jährige klagt über überzogene Kritik und begegnet jenen sogenannten Fußballexperten, die in diesen Tagen ihre Meinung zur Situation beim FC Bayern zum Besten geben, mit Spott. „Danke für all die Hinweise. Ich werde am Saisonende eine große Party veranstalten mit großartigem Wein und Essen. Dann können wir über alle taktischen Details reden“, sagte er. Womöglich wird das dann gleichzeitig sein Abschiedsfest, ein Jahr vor Vortragsende.