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Im Halbdunkel. Wurde bei den Australian Open (auf dem Bild der Spanier David Ferrer in einem Einzel) eine Partie im Mixed-Wettbewerb verschoben?
© dpa/Ihram

Wettskandal im Tennis?: Australian Open: Mixed-Partie unter Manipulationsverdacht

Bei den Australian Open wurden ungewöhnlich große Summen auf eine Partie im Mixed gesetzt - nun kocht das Thema Manipulation wieder hoch.

Die Mittagssonne schien am Montag über der Rod-Laver-Arena. Doch als sich Angelique Kerber gegen ihre Landsfrau Annika Beck mit 6:4 und 6:0 durchgesetzt und die Weltranglistensechste so erstmals das Viertelfinale der Australian Open erreicht hatte, waren längst wieder dunkle Schatten über den Melbourne Park gezogen. Zum Turnierstart am 18. Januar hatten Enthüllungen der "BBC" und des Magazins "Buzzfeed" über einen möglichen Tennis-Wettskandal die sportlichen Ereignisse bei den Australian Open in den Hintergrund gedrückt.

Doch nach dem ersten Aufschrei und den schwierigen Versuchen, Licht in vermeintliche Match-Manipulationen zu bringen, war das Thema im Turniertrubel und ohne neue Erkenntnisse schnell wieder abgeebbt. Bis zum Sonntagnachmittag nun, als der Wettanbieter Pinnacle Sports verdächtiges Setzverhalten bei einem Erstrundenmatch im Mixed-Doppel zwischen dem tschechisch-polnischen Duo Andrea Hlavackova und Lukasz Kubot und den Spaniern Lara Arruabarrena und David Marrero feststellte. Fast die gesamte Wettsumme ging auf Seiten von Hlavackova/Kubot ein. Das sei laut Marco Blume, dem Chef von Pinnacle Sports, ein Anzeichen für Manipulation.

"Wir haben gesehen, dass eine kleine Gruppe von Leuten große Summen platziert hat", erklärte Blume der "New York Times", "diese Matches sind sonst eher weniger interessant, daher kann sehr aggressives Wettverhalten schnell von uns entdeckt werden." Blume betonte gleichzeitig, man habe bei keiner anderen Partie dieser Australian Open irgendeine Auffälligkeit bei den Wetten entdeckt. Im Falles des Mixed-Matches seien 13 Stunden vor dessen Ansetzung die verdächtigen Aktivitäten aufgefallen, so dass Pinnacle Sports zu diesem Zeitpunkt die Wetten sperrte und die Polizei in Melbourne verständigte. Hlavackova und Kubot, die Nummer 20 und 28 der Doppelranglisten, gewannen die Partie mit 6:0 und 6:3, wobei der erste Satz nur 20 Minuten dauerte.

Arruabarrena und Marrero - als 33. und 32. nicht viel schlechter platziert - bestritten hinterher, in illegale Spielabsprachen verwickelt zu sein. Marrero führte dagegen eine Knieverletzung als Erklärung für den schwachen Auftritt an. Betrachtet man die Partie jedoch unter dem Manipulationsvorwurf erneut, so wirkt besonders Marreros Verhalten in etlichen Spielsituationen zumindest auffällig. Im Mixed-Wettbewerb ist es Usus, dass die Herren eher rücksichtslos auf die returnierenden Frauen servieren, sie oft sogar abschießen. Marrero schenkte seine Aufschlagpunkte dagegen sehr freimütig her und spielte auch sonst eher freundlich in den Ballwechseln. Laut eines italienischen Wettexperten soll bereits im vergangenen Jahr ein Match des Spaniers wegen möglicher Manipulation aufgefallen sein.

Bewiesen ist allerdings noch nichts

Bewiesen ist jedoch auch in dieser Sache bisher nichts. Die Tennis Integrity Unit (TIU), die 2008 vom Herren-Verband ATP, der Damen-Vereinigung WTA, dem Weltverband ITU, sowie den vier Grand-Slam-Turnieren als Integritäts-Einheit eingerichtet wurde, wollte auf Nachfrage keinen Kommentar zu besagter Partie abgeben. Doch auf der Internetseite des Wettanbieters Betfair waren auf Hlavackova und Kubot über 25.000 Dollar gesetzt worden. Zum Vergleich: Die drei weiteren Mixed-Partien des Tages brachten es insgesamt auf weniger als 2000 Dollar Einsatz.

 Es bleiben bis auf Weiteres Spekulationen, da auch die beiden Medien keine Namen oder Beweise nannten, die die angeblich 16 Profis aus den Top 50 inklusive eines Grand-Slam-Siegers identifizieren würden. Einzig ein anonymer Blog veröffentlichte eine Liste mit 15 Namen jener Spielern, die angeblich bei den Enthüllungen gemeint waren. Nachprüfbar ist das jedoch nicht.  

Einen faden Beigeschmack hinterlässt vor allem die Tatsache, dass die Australian Open in diesem Jahr zur eigenen Profitsteigerung einen Wettanbieter als Sponsor aufgenommen haben, den sie auf allen Videowänden in und außerhalb der Tennisarenen intensiv bewerben. "Ich denke, das ist ein bisschen heuchlerisch", monierte der Weltranglistenzweite Andy Murray: "Ich glaube, die Spieler dürfen nicht von Wettanbietern gesponsert werden, aber die Turniere wohl. Das ist ein bisschen komisch." Auch der Branchenbeste Novak Djokovic kritisierte das Sponsoring: "Es ist ein schmaler Grat. Ja, ich würde sagen, es ist grenzwertig." 

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