Hertha im Dialog: Auf der blau-weißen Wolke
Angesichts des sportlichen Erfolgs der Bundesligamannschaft verläuft "Hertha im Dialog" harmonisch wie nie. Die Veranstaltung ist ein Abend für alle Freunde der wechselseitigen Schulterklopferei.
Axel Kruse blinzelte von der Bühne ins Scheinwerferlicht. „Ist sehr überschaubar“, stellte der Moderator von „Hertha im Dialog“ fest beim Blick auf Saal 3 des ICC, der mit 269 Fans nicht mal halb gefüllt war. „Trotzdem machen wir uns einen schönen Tag.“ Es wurde dann in kleiner Runde ein sehr harmonischer Abend für alle Freunde der wechselseitigen Schulterklopferei, der nach anderthalb Stunden rekordverdächtig schnell vorbei war.
Ursprünglich war die Diskussionsveranstaltung mal als eine Art Ventil eingeführt worden, um eine Woche vor der Mitgliederversammlung etwas Druck vom Kessel der kochenden Fanseele zu nehmen. Doch angesichts der hervorragenden sportlichen Situation des Bundesliga-Aufsteigers fehlt derzeit der Dampf. Damit war vor der Saison nicht zu rechnen, als die vierte Ausgabe der Veranstaltung geplant wurde, die sonst meist nur in Krisenzeiten stattfindet. Nach diesem Stimmungstest steht kommenden Montag eine sehr ruhige Mitgliederversammlung bevor.
Und so leitete der ehemalige Hertha-Profi Kruse seine Fragen an Präsident Werner Gegenbauer sowie die Geschäftsführer Michael Preetz und Ingo Schiller mit Wendungen ein wie „Müssen Sie sich manchmal kneifen?“ oder „Hätten Sie vor der Saison gedacht...?“ oder, provokativ, „Dürfen wir vom Europapokal träumen?“ Die Fragen der Fans kamen meist auch nicht ohne die Einleitung aus, wie sehr sie sich über die bisherige Saison freuen. Ein Fan fragte sogar, wie man die Qualifikation für die Europa League verhindern wolle, die vom Berliner Publikum kaum angenommen werde und in der Liga nur Probleme bringe. „Unser Ziel bleibt, Hertha in der Bundesliga zu etablieren“, antwortete Preetz mehrmals.
Dessen frühzeitige Vertragsverlängerung bis 2017 wurde nicht von den Fans, sondern nur von Moderator Kruse angesprochen. Gegenbauer sprach von einer „richtigen Entscheidung für Hertha BSC“. Es gab auch nur verhaltende Diskussionen um Themen wie die Ausleihe des treffsicheren Pierre-Michel Lasogga, die sportlich prekäre Lage der U23 oder die neue Bezahlkarte im Olympiastadion.
Still wurde es nur beim Thema Christian Fiedler. Als Preetz die Trennung vom Torwarttrainer rechtfertigte, erhielt er keinen Applaus. Ein Fan bemängelte die Art der Trennung nach 23 Jahren im Verein.
„Läuft es bei den Finanzen so gut wie im sportlichen Bereich?“, fragte Kruse Schiller. Die Antwort des Finanzchefs: je eine Million Euro Mehreinnahmen durch Fernsehgelder und Eintrittskarten, der Schuldenstand, der erst nächste Woche verkündet wird, beginne mit einer Drei. Zum Juni 2012 hatte Hertha offiziell 43 Millionen Euro Verbindlichkeiten.
Als dann eine blau-weiße Wolke der Glückseligkeit aus dem Saal entwich, sagte Axel Kruse im Hinausgehen: „Länger konnte ich es nun wirklich nicht ziehen.“