zum Hauptinhalt
Auf dem Brett durch Berlin: Stadtbesichtigung mal anders im Stand-Up-Club.
© Björn Richie Lob

Trendsport Stand-Up-Paddling: Auf dem Wasser stehend durch Berlin

Stand-Up-Paddling ist ein Trendsport. Auch auf Berliner Gewässern wird das Stehpaddeln immer beliebter.

Über Wasser laufen kann nur einer, auf Wasser stehen dagegen viele. In diesen Tagen sind wieder viele Menschen zu sehen, die auf der Spree, auf Kanälen und Seen stehen, mit einem Paddel in der Hand und einem Surfbrett unter den Füßen. Nein, sie haben nicht das Windsegel vergessen und suchen auch nicht nach Wellen zum Reiten. Das Stand-Up-Paddling, oder Stehpaddeln, ist in Deutschland zu einem Trendsport geworden. In Berlin und Brandenburg sieht man häufig Menschen auf einer Art Surfbrett stehend übers Wasser paddeln.

Die Idee des Stehpaddelns gibt es schon seit Jahrzehnten. Der Ursprung liegt in Polynesien, wo die Fischer in ihren Kanus stehend aufs Meer vor Tahiti hinausfuhren. In Hawaii wurde es ab dem 20. Jahrhundert von Surflehrern genutzt, um schneller zu den Riffs zu kommen, wo sich die hohen Wellen brechen, und einen besseren Überblick über ihre Schüler zu erhalten. Vor zehn Jahren wurde die Technik von verschiedenen Surfern, wie zum Beispiel Windsurf-Legende Robby Naish oder Spitzen-Wellenreiter Laird Hamilton, neu entdeckt und erst zu einer Sportart erweitert. Besonders in den USA und Australien wurde Stehpaddeln zum neuen Trendsport, vor einigen Jahren schwappte es nach Europa herüber. Seitdem hat sich das Stand-up-Paddling ausgebreitet, auch in Berlin. In der Komödie „Hai-Alarm am Müggelsee“ wird gar behauptet, der Sport sei in Friedrichshagen erfunden worden.

Die steigende Beliebtheit lässt sich leicht erklären. Zum einen ist es entspannend und naturverbunden. „Es ist wie auf einer kleinen Insel. Man guckt in die Sonne, genießt den Tag und vergisst alles um sich herum“, sagt Severine Scala vom Stand-Up-Club am Berliner Badeschiff. Neben Verleih und Touren durch den Berliner Osthafen bietet der Verein Fitness- und Yogaübungen auf dem Brett an. Denn zum anderen spricht das Training nahezu alle Muskelgruppen an, das ständige Austarieren der Balance, das eine Grundspannung von Kopf bis Fuß erfordert, verbessert das Gleichgewicht. Bei einem Yoga-Sonnengruß auf dem Stehpaddel kommt es auf Balance, Konzentration und Entspannung an. Es wird allerdings nicht so wackelig wie auf einem normalen Surfbrett. Die Bretter beim Stehpaddeln sind deutlich länger, breiter und dicker. Dadurch kippen sie nicht so leicht und geben mehr Auftrieb. Mittlerweile gibt es auch aufblasbare Boards, die sich im Rucksack verstauen und dann in wenigen Minuten aufpumpen lassen.

Stand-Up-Paddling ist leicht zu erlernen

Bevor man allerdings zum See oder Fluss aufbricht, sind einige Grundkenntnisse hilfreich. Die sind laut Severine Scala nicht schwer zu erlernen. „Es ist eher eine Kopfsache“, sagt die Surflehrerin. „Wenn Leute Angst haben ins Wasser zu fallen, dann fangen ihnen die Beine an zu zittern und man muss sie erst wieder locker kriegen.“ Einen kleinen Vorteil hat, wer schon durch Yoga das Gleichgewicht trainiert oder im Kanu die richtige Paddeltechnik gelernt hat. Besonders Kanuvereine in Berlin und Brandenburg hoffen, über das Stehpaddeln mehr Mitglieder zu gewinnen. Aleksander Dzembritzki, Vorsitzender der Wander-Paddler-Havel, kann dem neuen Trendsport nur Positives abgewinnen. Mit Stehpaddlern komme ein ganz anderes und erfrischendes Klientel in die Kanuvereine, erzählt er. Zudem können erfahrene Kanuten Anfängern die Paddeltechnik so erklären, dass sie kraftsparender unterwegs sind und so auch größere Touren bewältigen können. Auf den Gewässern von Berlin und Brandenburg wird, teilweise über Tagesstrecken von bis zu über 30 Kilometern Länge, ganz entspannt im Stehen gepaddelt.

Wer sich jedoch entscheidet, regelmäßig im Stehen durch Stadt und Land zu paddeln, muss die hohen Investitionskosten bedenken. Ein gutes Brett und ein Paddel aus leichtem Material kosten ungefähr 1000 Euro. Doch bis man sich sein eigenes Equipment zulegt, kann man den Sport bei verschiedenen Vereinen ausprobieren. Ob beim After-Work-Paddeln auf dem Berliner Landwehrkanal, beim Stand-Up-Club am Badeschiff oder am Wochenende auf dem Wannsee oder der Havel: Wer künftig Menschen sieht, die über das Wasser zu schweben scheinen, der muss nicht befürchten, eine Erscheinung zu haben. Es sei denn, es sind weder ein Brett noch ein Paddel zu sehen.

Jule-Sophie Hermann

Zur Startseite