Sport: Auf dem Eis erstarrt
Nach dem 5:10-Debakel der Eisbären in Freiburg appelliert der Verein an den Charakter der Spieler
Von Mathias Klappenbach
und Claus Vetter
Berlin. Pierre Pagé war um Contenance bemüht. Das fiel dem Trainer des EHC Eisbären nicht leicht. Schließlich galt es für ihn ein schauriges Schauspiel zu kommentieren: eine 5:10-Pleite. Und das als Tabellenführer der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) beim Tabellenletzten Freiburg, der vor einer Woche noch mit 8:1 nach Hause geschickt worden war. Pagé wählte einen interessanten Ansatz. „400 Fans von uns sind nach Freiburg gefahren, um die Mannschaft zu unterstützen. Die sind zehn Stunden mit dem Bus hierhin gefahren und fahren wieder zehn Stunden zurück nach Berlin. Freiburg ist am Freitag nach dem Spiel in Hamburg zehn Stunden Bus gefahren. Und wir? Wir sind nach Freiburg geflogen.“ Sollte heißen: Uns, den Eisbären, geht’s wohl zu gut. Pagé meint: „Wir haben 52 Vorrundenspiele Zeit, um Charakter und mentale Stärke zu entwickeln. Nach so einem Spiel muss jeder wissen, ob er in den Spiegel schauen kann.“
Peter John Lee war sich mit seinem Trainer einig. „Wenn jetzt noch ein Spieler schimpft, das ihm die Arbeit bei uns keinen Spaß macht, dann verstehe ich nichts mehr“, sagte der Manager des EHC Eisbären. Lee wusste, dass sich das, was sich am Sonntagabend im Freiburger Eisstadion ereignet hat, kaum erklären lässt. Zehn Gegentore gegen ein Team, das zuvor in 32 Spielen überhaupt nur viermal gewonnen hatte, davon zweimal auch nur nach Penaltyschießen – ein Fiasko. Zwar egalisierten die Eisbären noch einen 1:5-Rückstand, ergaben sich aber schließlich kampflos den biederen Freiburgern. Nichts funktionierte, weder in der Defensive noch in der Offensive: Acht Überzahlspiele hatten die Berliner, dabei sprang lediglich ein Tor heraus – für Freiburg allerdings.
Unmotiviert und unzufrieden wirkten die Eisbären in Freiburg: Zuletzt drang aus der Kabine der Berliner, dass mancher Spieler den Führungsstil von Trainer Pierre Pagé für zu hart hält. Auch stießen Maßnahmen wie etwa das Straftraining nach dem Pokal-Aus gegen Kassel nicht auf großen Beifall beim spielenden Personal.
Lee versteht die angebliche Unzufriedenheit nicht. „Heiligabend hatten alle Spieler frei, am ersten Weihnachtstag war optionales Training, und da ist kaum jemand erschienen“, sagt er. „Wir haben zuletzt nicht viel von den Spielern verlangt. Es war ja wohl keine große Forderung, die Weihnachtseinkäufe mal für eine Stunde Training zu unterbrechen. Und schließlich: Andere Menschen arbeiten auch über die Feiertage und das für weniger Geld als unsere Profis.“
Vielleicht ist den Berlinern in den vergangenen Wochen vieles zu leicht gefallen. Eine drei Spiele anhaltende Niederlagenserie auf fremdem Eis schlug sich in der Tabelle nicht nieder, weil die Konkurrenz ebenfalls patzte. Auch am Sonntag verloren die Spitzenteams aus Frankfurt, Köln und Mannheim. Dazu kam noch Verletzungspech. Pagé musste fast jedes Spiel seine Reihen neu formieren. In Freiburg kam immerhin Ricard Persson nach seiner langwierigen Handverletzung wieder zum Einsatz. Das Comeback des Kapitäns geriet aber zur Nebensache, die letzten zehn Minuten des Debakels sah sich der Schwede wegen einer zehnminütigen Disziplinarstrafe von draußen an.
Richtige Rezepte nach der Riesenpleite? Die scheinen die Eisbären nicht zu haben. „Hart arbeiten“, sagt Lee. Und natürlich heute das Heimspiel gegen den ERC Ingolstadt (20 Uhr, Sportforum) gewinnen: Allerdings sind die Bayern ein ganz anderes Kaliber als die Wölfe Freiburg. Nach dem schwachen Saisonstart hat der ERC den Motivationstrainer Chris Hamilton verpflichtet und seitdem 17 von 22 Spielen gewonnen, von den zehn Spielen im Dezember ging sogar nur eines verloren.
In Ingolstadt scheint das Engagement der Spieler also zu stimmen. Eisbären-Manager Lee ist die Serie der Gäste aber egal: „Wir müssen jetzt zurückschlagen und nicht wie ein Haufen Superstars rumheulen.“ Alles eine Frage der Einstellung.
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