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Er entschied sich richtig: Ante Covics Umstellungen und Wechsel gingen in Köln hervorragend auf.
© dpa

Wechselnder Erfolg bei Hertha BSC: Ante Covic traf in Köln die richtigen Entscheidungen

Hertha BSC ist in der Saison angekommen – weil Trainer Ante Covic beim 4:0-Sieg in Köln ein gutes Gespür beweist. Eine Analyse.

Vladimir Darida hat am Sonntag eine bleibende Erinnerung aus Köln mitgenommen, die auf den ersten Blick nicht für jedermann ersichtlich war. Nach dem 4:0-Sieg stand der Mittelfeldspieler von Hertha BSC mit freiem Oberkörper in den Katakomben der Arena im Stadtteil Müngersdorf und erzählte, wie es unter seinem rechten Schienbeinschoner aussieht.

„Sooo groß“ sei das Hämatom, das sich dort gebildet habe, sagte Darida und formte einen Halbkreis aus Daumen und Zeigefinger, „es hat alle Farben“. Wie ein ordentlicher Tuschkasten. „Deshalb war es für mich eine klare Rote Karte“, befand der zurückhaltende Tscheche, „da gibt es keine zwei Meinungen“.

Der Bluterguss war unmittelbare Folge eines Fouls, das die Statik des Spiels nachhaltig verändern sollte: Kurz vor der Halbzeit war Jorge Meré auf Höhe der Mittellinie mit der Geschmeidigkeit einer Planierraupe und offener Sohle in Darida gerauscht; fortan mussten die ohnehin verunsicherten FC-Profis auch noch in Unterzahl spielen – ein hoffnungsloses Unterfangen gegen eine Berliner Mannschaft, die in Halbzeit zwei so souverän agierte wie noch nie zuvor in dieser Saison.

Dass Darida bei einer der Schlüsselszenen mal wieder seine Füße im Spiel hatte, war kein Zufall und passte zu den Eindrücken des Abends: Der Mittelfeldmann, für den zuletzt enttäuschenden Ondrej Duda auf der Spielmacher-Position eingesetzt, war im Grunde an jeder gefährlichen Aktion der Gäste beteiligt.

Und diese Beobachtung fügte sich wiederum in das größere Bild und mündete in der aus Berliner Sicht vielleicht noch wichtigeren Erkenntnis, dass auch Trainer Ante Covic ein richtig gutes Spiel an der Seitenlinie gemacht hatte. Darida auf Dudas angestammte Position im offensiven Mittelfeld zu beordern, sollte sich als äußerst zielführend erweisen – genau wie die Einwechselung von Stürmerveteran und Doppeltorschütze Vedad Ibisevic. Covic bewies ein gutes Händchen.

Der 44-Jährige ist im Sommer mit der selbst formulierten Maßgabe Cheftrainer bei Hertha BSC geworden, den Bundesligisten offensiver auszurichten, ihm mehr Spektakel zu implementieren als sein Vorgänger. Seitdem hat er – mehr oder minder freiwillig – ein paar Richtungswechsel und Kurskorrekturen vorgenommen.

Auch in Köln suchten die Berliner zunächst die Flucht nach hinten; sie begannen sehr defensiv und legten eine Anfangsviertelstunde hin, in der wenig auf ein zählbares Resultat hindeutete. Warum er so zurückhaltend aufgestellt habe, wurde Covic vor dem Anpfiff von einem Fernsehreporter gefragt. „Weil ich glaube, dass man Spiele auch von der Bank entscheiden kann“, entgegnete er. Ein Satz, der in der Retrospektive wie eine Eingabe klingt, wie eine Vision. Am Tag nach dem Spiel zeigte sich der Trainer dementsprechend zufrieden mit den Bankspielern und unterstrich zeitgleich: „Wichtig ist, dass sie begreifen, dass wir keine soziale Einrichtung sind.“

Covics Wechsel saßen ausnahmlos

„Zu Beginn hatten wir ein paar Probleme, aber dann waren wir richtig gut“, sagte Darida später. „Der Sieg gegen Paderborn war glanzlos, da ging es nur darum, irgendwie zu gewinnen“, ergänzte er, „umso wichtiger ist es für uns, dass wir jetzt so ein Spiel gezeigt haben, das die Fans und den Trainer mitreißt.“

Covic hatte tatsächlich großen Spaß in der Schlussphase. Jede noch so unbedeutende Grätsche, jeden gewonnen Zweikampf quittierte er an der Seitenlinie mit einer Geste. Besonders ausgeprägt war die Freude darüber, dass sein Team am 35. Geburtstag von Torhüter Rune Jarstein zum ersten Mal in dieser Bundesliga-Saison ohne Gegentor blieb – ein passendes Geschenk für den ruhigen Norweger, der nie öffentlich Kritik an seinen Kollegen üben würde. „Aber das hat ihn schon beschäftigt“, berichtete Darida, „deshalb haben wir uns auf dem Platz auch gesagt: Wir müssen bis zum Schluss bissig bleiben und alles dafür tun, zu Null zu spielen.“

Dass auf der anderen Seite, dass also im Angriff eine Vier stand, lag neben dem zweifachen Vorlagengeber Darida nicht zuletzt an Vedad Ibisevic. Der Kapitän, bisher vergleichsweise selten in dieser Saison berücksichtigt, schoss in seinem zwölften Bundesliga-Spiel gegen die Kölner seine Tore 14 und 15 und strahlte hinterher über beide Ohren.

„Ich will immer auf dem Platz stehen, ich bin Sportler“, sagte Ibisevic auf seine überschaubare Einsatzzeit angesprochen, aber er wisse auch, dass er das im fortgeschrittenen Stürmeralter von 35 Jahren nicht immer erwarten könne. „Deshalb genieße ich jede Minute, jeden Augenblick auf dem Feld und versuche, der Mannschaft als Teamplayer zu helfen.“

Neben Selke und Ibisevic durfte in der Schlussphase auch noch Herthas Rekordtransfer Dodi Lukebakio für eine gute Viertelstunde mitwirken. Covic war sichtlich bemüht, all seinen Stürmer das Gefühl von Wertschätzung zu vermitteln. Vor ein paar Wochen in Mainz musste sich der Trainer noch kritische Fragen zu seinen personellen Entscheidungen gefallen lassen, etwa jene, warum er Innenverteidiger Dedryck Boyata in der Schlussphase vom Feld genommen hatte. Am Sonntag saßen Covics Wechsel – ausnahmslos.

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