6:3, 6:3 gegen Serena Williams: Angelique Kerber siegt in Wimbledon: "Ein Traum wird wahr"
Angelique Kerber gewinnt als erste Deutsche nach Steffi Graf vor 22 Jahren den Titel in Wimbledon. Im Finale lässt sie der großen Serena Williams kaum eine Chance.
Serena Williams hatte sich noch einmal aufgebäumt, aber dann blieb ihr Vorhandball doch im Netz hängen. Es war vorbei. Angelique Kerber schlug an der Grundlinie ihre Hände ungläubig vors Gesicht und ließ sich rücklings auf den Rasen fallen. Von Glückstränen geschüttelt, blieb die 30 Jahre alte Norddeutsche dort einen Moment liegen, bevor sie sich wieder aufrappelte. Williams war ihr inzwischen auf ihrer Netzseite entgegengekommen und die beiden umarmten sich lange und herzlich. "Ich habe Angie gratuliert", sagte Williams, "sie ist so ein toller Mensch und eine gute Freundin und heute hat sie einfach unglaublich gespielt. Sie hat es verdient." Mit 6:3, 6:3 hatte Kerber gegen die siebenmalige Wimbledonsiegerin in nur 65 Minuten gewonnen und nun war sie es selber: Wimbledonsiegerin.
Kerber hatte schon immer vom Wimbledonsieg geträumt
"Ein Traum wird für mich wahr", sagte Kerber mit zittriger Stimme auf dem ehrwürdigen Centre Court von Wimbledon. Mit der goldenen Venus Rosewater Dish in Händen, die sie sich immer gewünscht hatte. 22 Jahre nach Steffi Graf hat wieder eine Deutsche den immer noch prestigeträchtigsten Titel im Tennissport gewonnen. Doch mehr als die Historie interessierte Kerber, dass sie es sich selbst bewiesen hatte. Die Krise der vergangenen Saison war endgültig abgehakt. Und zwei Jahre nach der Finalniederlage gegen Williams in Wimbledon, war ihr die Revanche gegen die Ausnahmespielerin geglückt. "Ich wusste, dass ich heute mein bestes Tennis gegen sie spielen musste", sagte Kerber, "sie ist ein großer Champion und eine Inspiration für uns alle." Dass die inzwischen 36 Jahre alte Amerikanerin gerade erst das vierte Turnier seit der Geburt ihrer Tochter Olympia bestritt, spielte Kerber zusätzlich in die Karten. Noch nicht im Vollbesitz ihrer eigentlichen Stärke kämpfte sich sie 23-malige Grand-Slam-Siegerin dennoch bis ins Finale und profitierte dabei von ihrer großen Erfahrung. Doch sie bekam es im Turnierverlauf mit keiner Gegnerin von Kerbers Kaliber zu tun.
Beantworten Sie die Fragen und machen Sie mit bei der Aktion "Deutschland spricht":
Bereits im Endspiel der Australian Open 2016 hatte Kerber aller Welt demonstriert, dass sie keine Angst vor der großen Bühne hat und vor allem, dass sie weiß, wie man Williams bezwingen kann. Als eine der besten Defensivspielerinnen der Tour und dazu noch eine der fittesten konnte Kerber von der Grundlinie jedes Tempo mitgehen und setzte Williams sogar mit variablen Aufschlägen unter Druck - das war bisher immer ihre große Schwäche. Williams schien nie richtig ins Spiel zu kommen und die 15.000 Zuschauer auf den Rängen warteten ungeduldig, dass die Partie und vor allem Williams doch endlich in Fahrt kommen möge. Doch da war bereits wieder alles vorbei. Williams unterliefen insgesamt 24 vermeidbare Fehler, eine horrende Zahl für ihre Verhältnisse. Kerbers Spiel machte Williams verwundbar und diese reagierte zwar mit ihrer unbändigen Willenskraft und mit einigen wilden, wuchtigen Schlägen - doch die meisten gingen so weit ins Aus, dass die Zuschauer fast erschraken. "Ich bin ja erst am Anfang meines Comebacks", betonte Williams nach ihrem 30. Grand-Slam-Finale.
Kerber dagegen wollte am liebsten die ganze Welt umarmen. "Ich hin überglücklich. Diesen Titel kann mir niemand mehr nehmen, der bleibt für immer." Nach den Australian und den US Open 2016 hat die nun wieder Weltranglistenvierte ihren dritten großen Titel gewonnen und sich damit eine exponierte Stellung in ihrer Spielergeneration verschafft. "Ich denke, nach der schlechten Saison 2017 hat mir keiner zugetraut, dass ich so zurückkomme", sagte Kerber.
Drei Grand-Slam-Titel hat Kerber jetzt schon gewonnen
Der Rummel um sie wird nun wieder losgehen, direkt nach dem Sieg gratulierte bereits Kanzlerin Angela Merkel via Twitter: "Ganz herzlichen Glückwunsch an Angelique Kerber. Ich freue mich sehr mit ihr über ihre begeisternde Leistung und ihren ersten Sieg in #Wimbledon." Kerber mag den Trubel eigentlich gar nicht, aber "dieses Mal freue ich mich auf alles", sagte sie. Drei Grand-Slam-Titel hat sie nun, die Nummer eins ist sie schon gewesen, nun "das i-Tüpfelchen" in Wimbledon. "Ich glaube, Angie kann ab jetzt - welche Höhen und Tiefen auch immer noch kommen mögen - einfach ganz entspannt sein", sagte Barbara Rittner, die Chefin des deutschen Frauentennis.