BBI-Flugrouten: Anflug in weitem Bogen
Die Fluglärmkommission vertagt sich erneut ohne Empfehlungen für die Start- und Landerouten vom BBI. Die Bürgerinitiativen beklagen Entscheidungsschwäche.
Die Interessen gingen am Ende zu weit auseinander. Auf ihrer vorletzten Sitzung am Montag vermied die Fluglärmkommission konkrete Beschlüsse zu Flugrouten von und zum künftigen Großflughafen BBI. Stattdessen blieb das Gremium allgemein: Bei den Routen für die An- und Abflüge sollen besiedelte Bereiche und Erholungsgebiete möglichst verschont bleiben. Zudem soll die Deutsche Flugsicherung jene Routen wählen, bei denen möglichst wenig Menschen von Lärm betroffen sind. Vertreter von Bürgerinitiativen kritisierten, die Kommission schiebe strittige Entscheidungen einfach an die Flugsicherung weiter. „Die Bürgermeister haben eine Chance vertan“, sagte Marela Bone-Winkel von der Initiative „Flugrouten über Berlin“. „Die Kommission hat sich gedrückt. Das ist scheindemokratisch“, sagte Johannes Haape von der Gruppe „Fluglärmfreie Havelseen“.
Rainer Schwarz, Chef der Berliner Flughäfen, lobte dagegen den allgemeinen Beschluss. Wichtig sei, dass Kapazitäten des neuen Hauptstadtflughafens BBI in Schönefeld nicht eingeschränkt würden. „360 000 Flugbewegungen pro Jahr müssen sein.“ Dabei war mit Spannung erwartet worden, wie sich die Deutsche Flugsicherung (DFS) zur Empfehlung der Kommission für die Abflugrouten nach Westen und zum Umfliegen von Wannsee und Potsdam festlegt. Der Berliner DFS-Chef Hans Niebergall hatte vor zwei Wochen Entrüstung ausgelöst und den Zorn von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) auf sich gezogen. Denn nach dem Willen des Gremiums sollen die Flugzeuge nach dem Start von der Nordbahn erst westlich von Potsdam über dem Autobahnring von der Startroute abbiegen und sich die Routen erst ab einer Höhe von 10 000 Fuß (3300 Meter) auffächern.Niebergall aber äußerte sich vor zwei Wochen noch skeptisch. Die DFS favorisiert ein Abknicken bereits über Wannsee, womit auch Potsdam und die Havelseen-Region stark vom Lärm betroffen wären.
Nun lehnte es Niebergall ab, die realisierbaren Varianten zu nennen. „Wir werden alle Vorschläge prüfen“, sagte er. Bedeckt hielt sich auch Kommissionschefin Kathrin Schneider. Man habe sich verständigt, über die mehr als 90 Vorschläge zu den Flugrouten nicht zu entscheiden. Es habe „diametral entgegengesetzte Anträge“ gegeben. Für Zeuthen, Erkner, Köpenick und die Müggelsee-Anrainer sei der Konflikt um verschiedene Abflugrouten nicht lösbar. Daher sei das Problem „ohne Kampfabstimmung“ an die Flugsicherung und das Bundesamt für Flugsicherung übergeben worden. Zumindest empfahl das Gremium, eine Verlegung der Anflugpunkte und verkürzte Anflüge zu prüfen, um Ludwigsfelde und Erkner zu entlasten. Auch der vertagte Beschluss zu den Anflugrouten entfiel am Montag. Die Flugsicherung hat mehrere Varianten geprüft (siehe Grafik). Darunter war auch ein Alternativvorschlag aus Potsdam-Mittelmark. Die DFS hält es aber für nicht machbar, die Routen außerhalb des westlichen Autobahnrings statt mittig durch die Erholungsorte Werder und Schwielowsee sowie die Gemeinde Michendorf zur führen. Nicht zur Sprache kam ein Vorschlag des Luftfahrtexperten Dieter Faulenbach da Costa, für die Anflüge das CDA-Verfahren (Continuous Descent Approach) zu nutzen, das in London eingesetzt werde. Dabei sinken die Flugzeuge mit minimaler Motorleistung und wenig Lärm ähnlich Segelfliegern zum Endanflug.
Am 6. Juni hält die Kommission ihre Schlussberatung ab. Sie kann nur Empfehlungen abgeben. „Auf dieser Basis werden wir mit der Abwägung beginnen und diese noch im zweiten Quartal abschließen“, sagte Niebergall. Die Ergebnisse würden dem Bundesamt vorgelegt. Die Behörde entscheidet gemeinsam mit Umweltbundesamt und Bundesjustizministerium – noch bevor der BBI im Juni 2012 eröffnet. Alexander Fröhlich
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