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Justin Gatlin, Tyson Gay und Trayvon Bromell: Amerikas Sprinter wackeln am Thron von Usain Bolt

Seit acht Jahren hat es keinen amerikanischen Sprint-Weltmeister mehr in der Leichtathletik gegeben, weil Usain Bolt die Wettbewerbe dominiert. Das könnte sich in diesem Sommer ändern.

Ihre Zeiten stimmen, das Selbstvertrauen ist da und der karibische Sprinter-King schwächelt: Amerikas Sprint-Asse sind bereit, Usain Bolt vom Thron zu stürzen - müssen sich aber noch acht Wochen bis zur Weltmeisterschaft in Peking gedulden. „Ich hoffe, dass dies unser Jahr wird“, sagte Tyson Gay am Rande der US-Leichtathletik-Meisterschaften in Eugene/Oregon. Gay war der bislang Letzte, der Bolt in einem großen Finale besiegen konnte. Im 200-Meter-Endlauf der WM von Osaka verwies er am 30. August 2007 den damals gerade erst 21 Jahre alt gewordenen und noch relativ unbekannten Jamaikaner um 15 Hundertstel auf den Silberrang. Seitdem sahen die Amerikaner nur noch Bolts Hacken und durften ihm artig zu Gold und Fabelzeiten gratulieren.

Doch nun könnte der Zeitpunkt für eine Wachablösung gekommen sein. Der erst 19 Jahre alte Trayvon Bromell lief in Eugene bereits im Vorlauf mit 9,84 Sekunden die zweitschnellste 100-Meter-Zeit des Jahres. Gay gewann nach seiner Dopingsperre im Vorjahr am Freitag (Ortszeit) das Finale vor Bromell in 9,87 Sekunden. Und der schnellste US-Star war nicht mal am Start. Justin Gatlin, mit 9,74 Sekunden Weltjahresbester, ist durch seinen Gesamtsieg in der Diamond League über die 100 Meter bereits für Peking gesetzt und läuft deshalb bei den Trials nur die doppelte Distanz - auf der er mit 19,68 Sekunden ebenfalls in diesem Jahr unangefochten führt.

„Nach jetzigem Stand gilt Justin als Favorit, aber du kannst Usain nicht abschreiben. Egal, was die Leute sagen, bislang war er immer bereit, wenn es drauf ankam“, sagte Maurice Greene der Deutschen Presse-Agentur. Der etwas fülliger gewordene Olympiasieger von 2000 und dreimalige Weltmeister verfolgte in Eugene aufmerksam die Sprints seiner Erben. Der formschwache Bolt hatte derweil seinen Start beim zeitgleich in Kingston ausgetragenen 100-Meter-Finale bei den jamaikanischen Trials kurzfristig abgesagt. Er wollte lieber trainieren. Den Titel holte sich der frühere Dopingsünder Asafa Powell in 9,84 Sekunden.

Bolts Startverzicht war natürlich auch im 5200 Kilometer entfernten Eugene ein Thema. Der Olympiasieger, Weltmeister und Weltrekordhalter lief am 19. April in Rio de Janeiro mit 10,12 Sekunden seine bislang schnellste Zeit des Jahres - im globalen Ranking wird er damit auf Platz 54 geführt. Über die 200 Meter reichen seine 20,13 Sekunden derzeit für Position neun. Nach seinem knappen Sieg vor zwei Wochen in 20,29 Sekunden beim Diamond League-Meeting in New York zeigte sich Bolt regelrecht ratlos und sprach von „einem der schlechtesten Läufe meine Karriere.“ Greene sieht ihn dennoch nicht in der Krise und ist sich aus eigener Erfahrung darüber
im Klaren, dass acht Wochen bis zum Jahreshöhepunkt für einen erfahrenen Sprinter viel Zeit sind. „Er weiß, was er im täglichen Training macht. So lange er nicht von einer schlechten Saison spricht, ist er auf dem richtigen Weg“, so Greene. Auch Gay lässt sich von den bislang ausbleibenden Bolt-Blitzen nicht beeindrucken. „Er hat sich immer als Meisterschafts-Typ bezeichnet. Alles, was er jetzt macht, ist egal. Wenn es um die Titel geht, ist er immer bereit.“ (dpa)

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