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Bereits 2015 war die Formel E auf dem Tempelhofer Feld zu Gast.
© LAT Photographic

Formel-E-Rennserie: Am Wochenende sausen lautlose Rennwagen durch Berlin

Die Formel E hat sich mittlerweile als alternativer Motorsport etabliert. Am 10. und 11. Juni kehrt sie aufs Tempelhofer Feld zurück.

Futuristisches Sirren statt kreischendes Röhren. Die Formel E ist völlig anders als alle übrigen Rennserien, und sie ist noch im Frühstadium: Am 13. September 2014 startete die erste rein elektrische Rennserie der Welt in ihre Premierensaison. Anfangs spaltete sie noch die Renngemeinde: Die einen fanden die elektrischen Flitzer toll, die anderen lehnten sie als Spielkram ab, da ihnen das Röhren der Verbrenner fehlte. Laute Motorgeräusche gibt’s in der Formel E auch heute nicht, doch die Rennserie hat sich in der Zwischenzeit etabliert und ist mitten in ihrer dritten Saison. 

Am 10. und 11. Juni kommt die Formel E nach Berlin, und schickt ihre Flitzer, wie bei der ersten Veranstaltung 2015, aufs Tempelhofer Feld. Im vergangenen Jahr hatte man den Kurs auf der Karl- Marx-Allee im Stadtzentrum abgesteckt. 

Diesmal können die Berliner sogar bei zwei Rennen mitfiebern, denn da in Brüssel keine passende Formel-EStrecke gefunden wurde, verlegte die FIA, der Internationale Dachverband des Automobils, das für den Folgemonat geplante Rennen aus der belgischen Hauptstadt nach Berlin, wo nun ein "Double-Header" stattfindet, wie es im Fachjargon heißt.  

DAS PRINZIP  

Zwanzig Fahrer, viele davon ehemalige Formel-1-Piloten, treten in Metropolen wie Hongkong, Paris oder New York gegeneinander an. Und zwar direkt in den Stadtzentren, nicht weit entfernt davon, wie das bei den meisten Formel-1-Kursen der Fall ist. Die Strecken werden so ausgewählt, dass die Zuschauer so nah wie möglich an die Rennstrecke herankommen und gute Sicht aufs Geschehen haben. Da die Kurse nur zwischen 1,8 und 2,9 Kilometer lang sind, kommen die Fahrer oft am Publikum vorbei. 

Dieser Rennsport ist viel aufregender als die Formel 1: Dank des geringen Anpressdrucks rutschen die E-Renner, die in Größe und Design Formel-1-Autos ähneln, förmlich um die engen Stadtkurse, was die Fahrer vor Herausforderungen stellt. Mutige Überholmanöver und enge Passagen, die Fahrfehler sofort bestrafen, bewirken mehr Spannung als in der Formel 1. 

Im Fokus des Rennkonzepts stehen Werte wie Umweltfreundlichkeit, Sparsamkeit und Nachhaltigkeit. Bei der Formel 1 hingegen verfeuert ein Rennwagen gut 60 Liter Sprit auf 100 Kilometer, die Rennstrecke ist abgasgeschwängert. 

Die Location. Klicken Sie auf die Grafik für eine größere Ansicht.
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© Formel E

Bei der Formel E bleibt das aus. Und trotzdem haben die E-Renner ordentlich Dampf unterm Carbon: Ein elektrischer Rennwagen mit "nur" 272 PS beschleunigt fast ebenso rasant wie ein 1000 PS starker Formel-1-Wagen: 2,9 zu 2,5 Sekunden von Null auf Tempo 100. Bei der Höchstgeschwindigkeit enteilt allerdings der unlimitierte Formel-1- Renner mit seinem komplizierten und schweren Hybrid-Turbobenziner-V6- Antrieb, denn der Elektrorenner wird bei 225 km/h elektronisch abgeriegelt. So hat es die FIA festgelegt. 

Mit dem fast lautlosen Motorsport will der veranstaltende Automobilweltverband, der auch die Formel 1 organisiert, neue Zielgruppen ansprechen – vor allem Jugendliche. Deshalb sind die Eintrittspreise moderat. Im Gegensatz zur Formel 1, die für viele Fans mit Tickets im hohen dreistelligen Bereich einfach zu teuer geworden ist, kosten die Karten bei der Formel E erheblich weniger. 

DIE TEAMS UND DIE FAHRER 

Als Pionier und Sieger der ersten beiden Formel-E-Weltmeisterschaften strebt Renault in der aktuellen Saison 2016/17 den Titel-Hattrick an. In der Fahrerwertung liegt Renault-e.dams-Pilot und Vorjahressieger Sébastien Buemi erneut vorn. Sein Verfolger Lucas di Grassi vom Team ABT Schaeffler Audi Sport hat bereits 43 Punkte Rückstand. Als deutsche Fahrer sind Nick Heidfeld, Daniel Abt und Maro Engel dabei. 

Insgesamt zehn Teams treten in der Elektroserie an, acht bekannte Namen, die bereits in den ersten beiden Saisons an den Start gegangen waren, sind heute noch dabei. Hinzu kommen zwei neue Teilnehmer: Jaguar und Techeetah. Der einzige Rennstall, der in der aktuellen Saison ohne eigenen Antriebsstrang und somit als Kundenteam antritt, ist Techeetah. Das chinesische Team bezieht den Antrieb von Renault.

Von dieser Saison an hat Audi sein Engagement beim Team ABT Schaeffler verstärkt. Und ab der Saison 2018/19 gesellt sich zu Audi mit BMW noch ein zweiter deutscher Hersteller. Einen wichtigen Grund nennt BMW-Motorsportchef Marquardt: "Seit der ersten Saison hat sich die Formel E rapide weiterentwickelt und ist nun als hochklassige Rennserie etabliert." Auch Mercedes steht für die Saison 2018/19 in den Startlöchern, Nissan und der Fiat- Chrysler-Konzern erwägen ebenfalls den Einstieg in die Serie. 

DIE TECHNIK 

Am Anfang war das Einheitsauto. In der ersten Saison fuhren alle Teams mit dem gleichen Spark-Renault SRT-01 E von Spark Racing Technology, einer eigens zu diesem Zweck gegründeten Untermarke von Renault. Der italienische Karosserieschneider Dallara entwarf das Aerodynamikkonzept und lieferte das Chassis. Antriebsstrang und Elektronik kamen von McLaren Electronic Systems, die Batterie aus dem Hause Williams Advanced Engineering. Die britische Firma Hewland konstruierte das Fünfganggetriebe, das über Schaltwippen am Lenkrad bedient wird. Die Getriebeübersetzung war nicht veränderbar. 

Nachdem in der Premierensaison alle Teams mit der gleichen Technik unterwegs waren, änderte sich das vom zweiten Jahr an. Die Rennställe konnten eigene Entwicklungen auf die Strecke bringen, ob Elektromotor, Inverter, Getriebe, Steuerelektronik, Kühlsystem oder Hinterachsaufhängung. Zusammen mit der Zeitenwende in der Automobilindustrie war damit der Weg frei für den Techniktransfer zwischen Rennsport und Serienautos.

Im Oktober 2016 hat Audi das Ende einer Ära eingeläutet

Renault-e.dams-Pilot Sebastien Buemi führt aktuell die Fahrerwertung an.
Renault-e.dams-Pilot Sebastien Buemi führt aktuell die Fahrerwertung an.
© LAT Photographic

In der Vergangenheit gab es in der Formel 1 und anderen Motorsportserien stets einen Innovationsfluss Richtung Straßenautos. So wurden durch den Rennsport beispielsweise Scheibenbremsen, Allradantrieb, Aerodynamik-Bauteile oder Keramikbremsscheiben ent- und weiterentwickelt. Damit ließen sich auch die hohen dreistelligen Millionenbeträge begründen, die Autohersteller in den teuren Motorsport steckten. 

Anders lief es bei der Formel E. "Bei uns war es anfangs sogar so, dass Ingenieure aus der Elektrofahrzeugentwicklung, die mit Rennsport bis dahin nichts am Hut hatten, die Rennwagen für die Formel E aufgebaut haben", sagt Thomas Biermaier, Motorsportchef des Formel-E-Teams ABT Audi Schaeffler. "Es war sozusagen ein Techniktransfer von der Straße auf die Rennstrecke, und diese Richtung kehrt sich allmählich um." Dabei geht es auch um Grundlagenforschung. 

Und so hat Audi im Oktober 2016 das Ende einer Ära eingeläutet: Statt Le Mans und Sportwagen-WM wollen sich die Ingolstädter in die Formel E stürzen. Vorstandschef Stadler begründete diese Entscheidung mit der Elektrifizierung zukünftiger Straßenmodelle, wo Erkenntnisse aus der Formel E einfließen sollen. Das kann nur gut sein. Für viele spannende E-Rennen in den nächsten Jahren, für günstigere Elektroautos mit besserer Reichweite für den Alltag – und für echte Nachhaltigkeit, die der Umwelt und uns allen nützt. 

Allerdings gibt es auch bei der Formel E noch Einschränkungen, was die Umsetzung von technischen Innovationen angeht. Um eine Kostenexplosion wie in der Formel 1 zu vermeiden, sind für die E-Konkurrenz aufwendige Entwicklungsschritte nur in geringem Maße erlaubt. Zwar dürfen Hersteller ihre eigene Antriebs- und Fahrwerkstechnik verwenden, jedoch sind sie an die Leistung der Einheitsbatterie gebunden. 

DIE ZUKUNFT 

Keine Frage: Die noch junge Formel E ist die am schnellsten wachsende Rennserie der Welt. 2017 ist die Ruhe vor dem Sturm, denn 2018 wird sich Grundlegendes ändern. Bislang wird das Auto in der Formel E zur Rennmitte gewechselt, weil das rund 200 Kilogramm schwere Lithium-Ionen-Pack mit seinen 28 kWh sonst vor dem Ziel schlapp machen würde. Doch das neue, nur acht Kilogramm schwere Batteriepack hat mit 54 kWh fast die doppelte Stärke und soll ab der Saison 2018/19 das ganze Rennen durchhalten.

Die spektakulären Autowechsel würden damit entfallen, deshalb beraten gegenwärtig Formel-E-Experten, wie man mit einem speziellen Boxenstopp, bei dem zum Beispiel Energie »nachgetankt« werden müsste, die Rennen spektakulärer machen könnte. 

Ab der Saison 2018/19 sollen die elektronischen Rennwagen außerdem mit einem neuen Einheitschassis in futuristischem Design an den Start gehen. Erste Testfahrten sind für Anfang 2018 geplant. Auch neue Strecken in großen Metropolen dürfte es in absehbarer Zeit geben. So bemüht sich die Formel E seit dem Aus für den Londoner Battersea Park Street Circuit, in Großbritannien wieder Fuß zu fassen. Kürzlich hat auch Rom die Ampel für ein Formel-E-Rennen in der nächsten Saison, die voraussichtlich Anfang Dezember 2017 beginnen wird, auf grün gestellt. Gefahren werden soll auf dem Kurs im Geschäftsviertel Esposizione Universale di Roma im Süden der italienischen Hauptstadt. 

Zukünftig ist in der Formel E also noch einiges zu erwarten, zumal es auch Pläne gibt, mit einem verbesserten Rahmenprogramm den Eventcharakter der kompakten Rennserie weiter zu verstärken. Weil es keine verkrusteten Strukturen gibt, ist vieles denkbar. Man darf also gespannt sein, wie sich die Formel E nach dem Saison-Abschlussrennen am 29. und 30. Juli 2017 im kanadischen Montreal weiterentwickeln wird. 

Zeitplan und Tickets

DIE RENNEN AUF DEM TEMPELHOFER FELD 10. UND 11. JUNI

Anders als bei der Formel 1 hält die Formel E ihr gesamtes Rennprogramm an einem einzigen Tag ab: freies Training am Vormittag, Qualifying in der Mittagszeit, und das Rennen am Nachmittag.

ZEITPLAN 

an beiden Renntagen: 

8.00 Uhr Erstes Freies Training (45 min) 

10.30 Uhr Zweites Freies Training (30min) 

12.00 Uhr Qualifying (60 min) 

16.00 Uhr Rennen (42Runden à 2,25km) 

17.05 Uhr Siegerehrung 

EINTRITTSKARTEN 

Die Tickets sind ausschließlich über den Online-Händler Ticketmaster.de erhältlich. Tribünenplätze für einen einzelnen Renntag kosten 49 Euro. Eintrittskarten für Kinder sind um die Hälfte reduziert, Senioren, Schüler und Studenten erhalten eine Ermäßigung von zehn Euro. Ein Kombiticket für beide Tage liegt bei 79 Euro. Stehplätze kosten fünf Euro, inklusive ist der Zugang zum "Allianz eVillage", wo Public Viewing, Siegerehrung und Autogrammstunden stattfinden. Für 20 Euro (Kinder 10 Euro) darf man einmal durch die Boxengasse gehen und die Vorbereitungen beobachten 

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