Berliner Fußballderbys: Als ein Flüchtling 1951 zum Helden für Hertha wurde
Es gab nicht viele Derbys zwischen Hertha und Union. Eines kam ganz überraschend zustande: Dann rettete der Dresdner Kurt Birkner 1951 Hertha ein Unentschieden gegen Oberschöneweide - den Vorgänger des 1. FC Union
Am 9. Dezember 1951 strömten Tausende Fußballfans in das Stadion an der Cantianstraße in Prenzlauer Berg, um endlich wieder eine Mannschaft mit klangvollem Namen spielen zu sehen. Motor Oberschöneweide gegen den Traditionsklub Bremer SV lautete die Ansetzung dieser deutsch-deutschen Begegnung. Doch staunten die Zuschauer nicht schlecht, als anstelle des westdeutschen Nord-Oberligisten die blau-weißen Herthaner vom benachbarten Gesundbrunnen aufliefen.
Viel Anlass zur Freude hatten die Köpenicker Fans der gastgebenden Elf von Motor Oberschöneweide in letzter Zeit nicht gehabt. Der einstige Berliner Spitzenklub Union Oberschöneweide, ein Vorgänger des heutigen 1. FC Union, war nur noch ein Schatten früherer Tage. In der DDR-Oberliga hatte der Verein keine Chance, weil der Kern der Elf es 1950 vorgezogen hatte, lieber in der West-Berliner Vertragsliga als Union 06 weiterzukicken. Die Übriggebliebenen wurden per politischer Order in eine Betriebssportgemeinschaft überführt, die einen Startplatz in der DDR-Oberliga und die Alte Försterei als neue Heimstätte erhielt. Schwer wog auch der Verlust der einstigen Vereinsfarben: Rot-Weiß ersetzte fortan das traditionsreiche Blau-Weiß der einstigen „Schlosserjungs“. Und in genau diesen Farben lief nun die West-Berliner Hertha als Gast ins Stadion ein. Sie waren kurzfristig für den Bremer SV eingesprungen, der das Spiel aus politischen Gründen abgesagt hatte: ein Protest gegen die allgegenwärtige SED-Propaganda am Rande deutsch-deutscher Begegnungen.
Der Eklat bot für die Hertha eine unverhoffte Chance, einen Makel abzustreifen: 1950 hatte man zahlreichen „republikflüchtigen“ Fußballern um Helmut Schön vom ehemaligen Dresdner SC eine neue sportliche Heimat geboten. Aufgrund der Integration der „Verräter“ wurde Hertha fortan von der DDR im Spielverkehr geschnitten. Mit dem beherzten Einspringen für die Bremer hoffte man nun, die Blockade zu durchbrechen.
Bereits nach Anpfiff setzte Motors Sturm Hertha gehörig unter Druck. Im Zentrum des Geschehens stand Herthas Torwart Kurt Birkner, der mit seinen Paraden alle noch so guten Schüsse der Rot-Weißen abwehrte. Nach und nach kamen die Herthaner besser ins Spiel. Während dieser Zeit blieben die Angriffe der Oberschöneweider jedoch gefährlich. Es ging ein Raunen durch das Stadion, wenn Birkner die Konter der einstigen Unioner entschärfte. Birkner war der neue Star der Hertha-Elf, auch er war im Frühjahr 1950 aus Dresden zur Hertha geflüchtet. Seine Klasse war ausschlaggebend dafür, dass Birkner seit 1951 sogar zu mehreren Einsätzen in der populären West-Berliner Stadtmannschaft unter Trainer Hanne Sobek kam. Der Hüne im dunklen Torwart-Pullover begeisterte die Stadt.
Nach dem Seitenwechsel übernahmen die Oberschöneweider wieder das Spiel. In der 68. Minute parierte Birkner mit einem Reflex einen Schuss aus sechs Metern. Er rettete das Unentschieden. Für Hertha bedeutete dieses glückliche 0:0 zugleich die sportpolitische Rehabilitation, im Frühjahr 1952 ging der Klub bereits auf eine Spiele-Tournee durch die DDR. Der Sachse Birkner zeigte fortan seine Paraden gegen Motor Gera, Einheit Spremberg oder Turbine Halle. Allerdings reichten diese Einkünfte nicht, um den sportlichen Niedergang der Hertha aufzuhalten, 1953 stieg sie aus der Vertragsliga ab. Birkner beendete mit 36 Jahren seine Karriere und kehrte später sogar nach Dresden zurück. In Erinnerung bleibt er aber vor allem in Berlin als der Mann, der auch unmögliche Bälle halten konnte.
Am 5. Februar empfängt Hertha BSC im Olympiastadion den 1. FC Union zum Rückspiel in der Zweiten Liga. Vor dem Fußball-Derby berichten wir über Legenden, Fans, Historisches und die Vorbereitung der Mannschaften.
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