Hertha im Trainingslager: Alles neu macht der Ante Covic
Der neue Trainer von Hertha BSC unterscheidet sich deutlich von Ex-Coach Pal Dardai. Da staunen selbst die Rehe am Waldrand.
Die Rituale von Fußballprofis und Trainern sind so vielschichtig und unterschiedlich wie ihre Herkunft. Manche betreten den Platz ausschließlich mit ihrem stärkeren, bevorzugten Fuß. Andere schwören auf den guten alten Mittagsschlaf oder füllen ihren Frühstücksteller immer mit denselben Lebensmitteln, wiederum andere – zum Beispiel Ex-Nationalspieler Mesut Özil – suchen den Kontakt zu höheren Instanzen und beten unmittelbar vor dem Anstoß. Und Pal Dardai, der nunmehr ehemalige Coach von Hertha BSC, vertraute nach nervenaufreibenden Spieltagen stets der heilsamen Kraft eines guten ungarischen Rotweins.
Auch Ante Covic, der neue Cheftrainer des Berliner Fußball-Bundesligisten, hat seine persönliche Form des Aberglaubens gefunden. Bevor der 43-Jährige seine Untergebenen in diesen Trainingslagertagen von Neuruppin zur körperlichen Ertüchtigung aufs Feld bittet, bekreuzigt er sich am Spielfeldrand und joggt dann Richtung Mittellinie, ehe die alltäglichen Quälereien beginnen können. „Ich werde nicht behaupten, dass ich den einen mehr und den anderen weniger mag“, sagt Innenverteidiger Karim Rekik, einer der Führungsspieler im Berliner Kader. „Beide sind gute Trainer und gute Typen“, ergänzt der Niederländer, „aber sie haben auch ganz unterschiedliche Ansätze.“ Dieser Eindruck zeigte sich bereits bei Covics erster Übungseinheit am Montag auf dem Schenckendorffplatz in Berlin und hat sich nach drei Tagen im Brandenburgischen weiter verfestigt.
Nach den Abgängen Dardais und seines kongenialen Co-Trainers Rainer Widmayer herrschen im Neuruppiner Volksparkstadion tatsächlich andere Umgangsformen. Covic unterbricht die Ausführung der von ihm erdachten Übungen auffällig oft; er sucht den Dialog zu seinen Spielern, korrigiert kleinste Kleinigkeiten, etwa im Stellungsspiel, und erklärt ausführlich, was gerade falsch oder richtig gelaufen ist. „Wir kennen Ante als Typ, weil er vorher schon für Hertha gearbeitet hat“, sagt Rekik, „jetzt lernen wir ihn gerade als Trainer kennen.“
Einen Spieler umgarnt Covic ganz besonders
So wie am Donnerstag, als die Beobachter der Vormittags-Einheit Zeugen seines ersten zünftigen Ausrasters wurden. Bei einer Übung zum Gegenpressing setzten die Profis die taktischen Vorgaben nicht wie gewünscht um: Covic wurde so laut und deutlich wie nie zuvor in seiner überschaubaren Zeit als Cheftrainer. Selbst die Rehe im nahe dem Stadion gelegenen Waldstück dürften bei seiner Ansage kurz hochgeschreckt sein. „Das ist mir zu viel Chaos. Ihr müsst sehen, wie der Gegner steht. Wenn er eng steht, nach außen passen – wenn er breit steht, spielt ihr durch die Mitte“, rief Covic.
Ich muss gestehen, dass ich immer mehr Bock auf die neue Saison habe. V.a. verspüre ich die Hoffnung, dass Ante erkannt hat, wo es unter Pal haperte und entsprechend die Hebel ansetzt: Möge Ante seinen Worten Taten folgen und die Jungen von der Leine lassen!
schreibt NutzerIn mansfield
„Ich finde es gut, dass er oft unterbricht“, sagt Rekik, „wir müssen das in unsere Köpfe kriegen, was der Trainer sehen will.“ Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass Covic die komplette Klaviatur der Kommunikation bedient. Selbst wenn er mal laut geworden ist, gibt es wenig später wieder lobende Worte für die Trainingsgruppe. Zudem ist Covic bemüht, seinen Profis bereits zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt so oft wie möglich den Ball an den Fuß zu geben. Bei den Spielern, die in dieser Phase der Vorbereitung normalerweise fast ausschließlich athletische Aufgaben bewältigen müssen, kommt das bisher sehr gut an.
Darüber hinaus umgarnt Covic einen Spieler ganz besonders, dessen Leihvertrag in Berlin erst kürzlich um ein Jahr verlängert worden ist: Marko Grujic. Immer wieder sucht der Trainer das Einzelgespräch mit dem Mittelfeldspieler, der sich in der abgelaufenen Saison als Schlüsselspieler im Berliner Kader hervorgetan hat. Dabei weiß Ante Covic einen unschätzbaren Vorteil auf seiner Seite: Er kann sich mit dem Serben Grujic in dessen Muttersprache unterhalten.