Emir Mutapcic: Alba Berlin trifft auf die Bayern und seinen verlorenen Sohn
Wenn Alba am Sonntag beim FC Bayern gastiert, ist dies auch ein Treffen alter Kameraden. Einer von ihnen hat die erfolgreichsten Alba-Zeiten erlebt.
Ob er Emir Mutapcic verzeihen könne, dass dieser damals zum Erzrivalen Bayern München gewechselt sei? „Ja, und er ist der Einzige, dem ich das vergebe“, sagt Marco Baldi und lacht. Der Manager des Basketball-Bundesligisten Alba Berlin hat viele Spieler nach München ziehen lassen müssen, als Bayern-Präsident Uli Hoeneß Ende der Nullerjahre entschied, den Basketball in der bayerischen Landeshauptstadt mittels einer gehörigen Vereinsspritze wieder hochleben zu lassen. Auch vor dem Duell der Berliner am Sonntag in München (17.30 Uhr live auf telekomsport.de) spielt das konsequente Abwerben des bei Alba großgewordenen Personals durch die Bayern immer noch eine Rolle. Aktuell sind in Alex King, Nihad Djedovic und Reggie Redding sowie Sportdirektor Marko Pesic vier ehemalige Alba-Spieler bei den Münchnern unter Vertrag – und Emir Mutapcic.
Wenn Baldi über Mutapcic spricht, dann hört sich das an, als vermisse da jemand einen engen Familienangehörigen. „Ich weiß noch genau, wie ich ihn 1991 am Flughafen in Schönefeld abgeholt habe“, erzählt Baldi. „Muki“, so der Spitzname von Mutapcic, „ist einer der großen Söhne von Alba.“ Ein feiner Mensch sei der Bosnier. Einer, der sich nie in den Vordergrund gedrängt habe. „Er hat eher den Assist gegeben als selbst abzuschließen.“
Im übertragenen Sinne hat Mutapcic auch nach seiner außerordentlich erfolgreichen Spielerkarriere mit Bronzemedaillen bei den Olympischen Spielen 1984 sowie der Weltmeisterschaft 1986 eher die Bälle den anderen zugespielt als selbst das Scheinwerferlicht zu suchen. Lange war er bei Alba der fleißige Analytiker und Zuarbeiter von Chefcoach Svetislav Pesic, ehe er im Jahr 2000 dessen Nachfolger wurde. Mutapcic wurde mit Alba drei Mal in Folge Deutscher Meister und zweimal Pokalsieger. 2005 trennte sich der Klub von ihm, obwohl Alba zum damaligen Zeitpunkt die Tabelle anführte. „So ist der Profisport“, sagt Mutapcic, der trotzdem gerne zurückblickt, sehr gerne sogar.
„Wegen der Erfolge bin ich bei den Bayern gelandet“
Alba Mitte der Neunziger Jahre – es war die Zeit, in welcher der Klub in der Stadt und deutschlandweit Basketball einen Boom verpasste. Alba gewann sieben Mal in Folge die Deutsche Meisterschaft. „Was wir damals geschafft haben, war wichtig für den Basketball in Deutschland. Die Atmosphäre in der Max-Schmeling-Halle und die vielen Erfolge, das war toll“, sagt Mutapcic. Der 57-Jährige fühlt sich immer noch als Berliner. „Ich habe 15 Jahre bei Alba gearbeitet, habe auch ein Haus in Berlin“, sagt er. Außerdem ist er Alba dankbar. „Wegen der Erfolge bin ich bei den Bayern gelandet.“
Seit 2013 macht er wieder das, was wahrscheinlich am besten zu seinem Charakter passt: Mutapcic arbeitet wieder als Analytiker im Hintergrund, er ist einer von drei Co-Trainern beim FC Bayern München, dem Klub, der sich anschickt, die neue Referenzgröße im deutschen Basketball zu werden. In dieser Saison führen die Münchner die Tabelle in der Liga mit nur einer Niederlage aus 24 Spielen souverän an. International verpassten sie am Freitag durch die 83:87-Niederlage gegen türkischen Spitzenklub Darüssafaka den Einzug ins Finale des Eurocups.
Ähnlich wie bei Alba Mitte der Neunziger ist auch bei den Bayern vieles im Aufbruch. Sportlich läuft es gut wie nie und in ein paar Jahren soll der Klub in eine größere Halle umziehen. Es sind spannende Zeiten, um bei der Basketballabteilung des Fußballrekordmeisters zu arbeiten. Aber sind sie auch so spannend wie die Basketball-Pionierjahre bei Alba? „Man lebt nicht in der Vergangenheit“, sagt Mutapcic, „sondern muss in die Zukunft schauen.“ Und in seinem Fall gibt es nun wirklich schlechtere Aussichten. Der Mann hat seinen Weg gemacht, ganz leise.