Halbfinale im Eurocup am Dienstag: Alba Berlin erwartet einen Sturm aus Andorra
BC Andorra ist das Überraschungsteam der Saison und hat sich mit einem guten Projekt sowie einem niedrigen Steuersatz schnell nach oben gearbeitet.
Auch am Dienstag soll es in Berlin noch mal windig werden. Die meisten Meteorologen würden das vermutlich auf die letzten Ausläufer des Tiefdruckgebiets Igor zurückführen – Dylan Ennis hat eine andere Erklärung. „Ein Sturm zieht auf und breitet sich aus“, sagt der Basketballer von BC Andorra in einem unterhaltsamen Video seines Klubs in der Rolle als „Weatherman“. Urheber dieses Wetterphänomens soll das Team aus dem Fürstentum sein, das am Dienstag (20 Uhr, live auf Magentasport) zu Gast bei Alba Berlin in der Arena am Ostbahnhof ist.
Andorra ist die Überraschung in der bisherigen Eurocup-Saison. Ist das Erreichen des Halbfinales für Alba bereits etwas Außergewöhnliches, so handelt es sich beim Gegner sogar um den größten Erfolg der Vereinsgeschichte. „Als ich vor drei Jahren nach Andorra gekommen bin, hätte ich nicht gedacht, dass wir mal so weit kommen“, sagt Andorras tschechischer Flügelspieler David Jelinek.
Einkommensteuersatz in Andorra: 10 Prozent
Erst 2014 kehrte die Mannschaft aus dem Zwergenstaat in den Pyrenäen in die erste spanische Liga zurück, nachdem eine erste Phase in der ACB 1996 mit dem Abstieg und dem Lizenzentzug aufgrund finanzieller Probleme geendet war. „Sie machen unglaublich gute Arbeit und steigern sich jedes Jahr“, sagt Albas spanischer Sportdirektor Himar Ojeda über den Halbfinalgegner, der auf zwei wichtige Erfolgsfaktoren setzen kann: Die Unterstützung einer großen andorranischen Bank als Namenssponsor sowie einen Einkommenssteuersatz von nur zehn Prozent. „Dadurch gelingt es ihnen, gute Spieler zu holen, obwohl ihr Budget für spanische Verhältnisse nicht besonders groß ist“, sagt Ojeda.
In der stärksten Basketball-Liga Europas hat sich Andorra mittlerweile als solides Mittelfeldteam etabliert. Mit dem Kanadier Ennis, dem französischen Guard Andrew Albicy, Center Moussa Diagne aus Senegal und dem letztjährigen Tübinger Topscorer Reggie Upshaw stechen einige Spieler aus dem sehr internationalen Aufgebot heraus. „Das Team ist den meisten Menschen in Deutschland unbekannt“, sagt Ojeda. „Das ist aber ein Verein mit einem soliden Projekt und ein sehr schwieriger Gegner.“
Während die Bilanz in der ACB mit elf Siegen und zwölf Niederlagen bisher schlechter ist als in der Vorsaison, hat sich Andorra im Eurocup enorm gesteigert. Nach dem Vorrundenaus 2017/18 spielt das Team aktuell teilweise furios auf. Von 19 Spielen hat Andorra 13 gewonnen und damit nur eines weniger als Alba. „Sie haben im Eurocup dieses Jahr noch kein Heimspiel verloren“, sagt Ojeda. Doch auch auswärts ist Andorra nicht zu unterschätzen. In der Zwischenrunde siegte die Mannschaft von Trainer Ibon Navarro in St. Petersburg und Zagreb. Vor einer Woche gelang dann die Qualifikation fürs Halbfinale mit einem knappen 82:80 im entscheidenden dritten Spiel beim französischen Tabellenführer Villeurbanne.
Andorra hat Verletzungsprobleme
In der dritten Europapokalsaison seiner Vereinsgeschichte hat Andorra alle Erwartungen übertroffen – oder um es mit Ennis’ Wettervorhersage zu sagen: „Dieser Sturm ist rekordträchtig und niemand ist sicher vor ihm.“ Das macht auch Alba gewisse Sorgen. Denn Andorra hat nichts zu verlieren. „Sie haben schon Geschichte geschrieben und überhaupt keinen Druck“, sagt Ojeda. „Das kann für uns eine gefährliche Situation sein.“
Die Gäste müssen für die gesamte Serie – Spiel zwei in Andorra findet am Freitag statt; das mögliche Entscheidungsspiel am Mittwoch kommender Woche in der Max-Schmeling-Halle – auf zwei wichtige Spieler verzichten. Für Center Oliver Stevic (gebrochenes Handgelenk) und Forward David Walker (Schulterverletzung) ist die Eurocup-Saison bereits beendet, dadurch bleiben Navarro im kleinen Kader nur wenige Alternativen. Dennoch rechnet sich Andorra auch gegen Alba durchaus Chancen aus. „Wir wissen, wofür wir kämpfen, wollen uns für das Finale qualifizieren und den Traum fortsetzen“, sagt Jelinek.