Vom VfB Stuttgart bis zu Hertha BSC: Abstieg aus der Bundesliga: Warum eigentlich nicht?
Sechs Bundesliga-Klubs kämpfen verzweifelt um den Klassenerhalt. Warum eigentlich? Wir erklären, weshalb ein Abstieg dem ein oder anderen Verein durchaus mal ganz gut tun könnte.
VFB STUTTGART: Wie Stuttgart 21 - Unterirdisch
Der VfB Stuttgart war mal ’ne ziemliche Nummer im deutschen Fußball. Platz vier in der ewigen Bundesliga-Tabelle, hinter Bayern, Bremen und Hamburg, aber noch vor Dortmund, Mönchengladbach und Schalke. Und so haben sie sich auch gesehen, bei den Großen der Liga.
Dabei ist ihre Tendenz stark fallend. 2013 Tabellenzwölfer, im Vorjahr 15., und in der aktuellen Spielzeit krebsen sie schon so lange am unteren Rand entlang, dass es einfach auch mal gut ist. Es wird mal Zeit für das Gründungsmitglied der Bundesliga. Es wäre das erste Mal seit 1975. 38 Jahre ist auch eine lange Zeit.
Der VfB muss absteigen, um sich neu erfinden zu können. Und er fiele ja weich. Für diesen Fall gibt es reichlich Zusagen der Sponsoren (30 Millionen Euro Einnahmen derzeit), dass sie ein Reparaturjahr mitgingen. Und außerdem, einen Trainer, der sich in der Zweiten Liga auskennt, Alexander Zorniger, haben sie auch, wie geschwätzige VfB- Funktionäre verrieten, aber niemand offiziell sagt.
Und überhaupt: Wer seine Zukunft unter der Erde sieht – „Stuttgart 21“ –, sollte auch mal diese Perspektive einnehmen. Ab ins Untergeschoss. (miro)
SC Paderborn: Ein Dorfklub ist genug
SC PADERBORN: Ein Dorfklub ist genug
Genau zweimal bin ich in meinem Leben in Paderborn gewesen. Einmal bei den Eltern eines guten Freundes, das zweite Mal zu einem Zweitligaspiel des SC Paderborn gegen Hertha BSC. Seitdem die Eltern meines Freundes aus der Stadt weggezogen sind, gibt es definitiv keinen Grund mehr, Paderborn zu besuchen. Fußball in Paderborn kann man sich, aus Gründen der Vollständigkeit, einmal ansehen, dann ist aber auch gut.
Dieser Klub mit seinem Mini-Stadion (leicht zu verwechseln mit dem benachbarten Möbelhaus) und dem Mini-Etat versprüht zwar in Zeiten der Hochkommerzialisierung einen Hauch von Exotik, aber für Exotik geht man nicht zum Fußball.
An exotischen Orten (Sinsheim, Leverkusen, Wolfsburg) wird es der Bundesliga auch ohne Paderborn nicht mangeln. Die offizielle Vertretung der benachteiligten Provinz übernimmt fortan der FC Ingolstadt (Mini-Stadion und Mini-Etat). Damit ist die Quote für Dorfklubs in der Bundesliga dann aber leider auch erfüllt.
Außerdem will ich mir nicht noch ein Jahr anhören, dass all die vermeintlichen Experten, die dem SCP den sofortigen Abstieg prophezeit haben, ja so was von gar keine Ahnung haben. (sth)
Hannover 96: Lasst Platz zehn los!
HANNOVER 96: Lasst Platz zehn los!
Bei der Aufzählung der Plastikklubs Leverkusen, Wolfsburg und Hoffenheim wird ein Verein immer vergessen: Hannover 96. Und das nicht, weil der Klub jetzt direkt und indirekt Martin Kind gehört. Nein, Hannover ist der Werksklub der Langeweile.
Seit 2002 spielen die Niedersachsen wieder in der Bundesliga, der Durchschnittstabellenplatz ist seitdem exakt Rang zehn. Zu wenig für Bewunderung, zu viel für Mitleid, ergibt: Gleichgültigkeit.
Früher haben noch spaßige Spieler wie die tschechischen Schluckspechte Jiri Stajner und Jan Simak, wirre Exoten wie Abel Xavier und Mo Idrissou und tretende Terrier wie Altin Lala und Sergio Pinto etwas Farbe ins Grau gebracht. Geblieben ist: das griesgrämige Gesicht von Michael Frontzeck. Und: Oliver Pocher... Die Stadt Hannover ist weniger langweilig als ihr Ruf, vielleicht färbt nur das Image des größten Vereins ab.
Es ist Zeit, Platz zehn loszulassen. Das Image neu zu erfinden. Oder überhaupt mal eines zu finden. Unterklassig ist die 50+1-Regel für Kind auch nicht mehr so streng. Die Ultras müssten nicht mehr zur zweiten Mannschaft gehen. Und vielleicht finden sich auch ein paar tschechische Thekenfußballer. Prost! (dob)
SC Freiburg: Die Sonne ist eine Frechheit!
SC FREIBURG: Die Sonne ist eine Frechheit!
Früher war der SC Freiburg wenigstens noch originell. Der Klub verpflichtete ausschließlich Spieler aus Ländern wie Georgien, Tunesien oder Mali, aufs Stadiondach pflanzte er sich Solarzellen, Volker Finke ließ dazu bedeutungsschwer die Augenbrauen wuchern. Das alles war angenehm exotisch und intellektuell angehaucht, ohne das angestrengte Weltverbessertum und altlinke Aus-Prinzip-dagegen-Sein des FC St. Pauli. Heute ist davon nichts mehr übrig.
2014/15 heißt Freiburgs erfolgreichster Torschütze Nils Petersen und kommt aus Wernigerode. Kein Boubacar mehr im Kader, kein Zoubaier, nicht einmal ein Lewan. Wozu aber braucht die Bundesliga dann noch den SC Freiburg? Damit Joachim Löw nicht jedes Wochenende fahren muss, um seine Nationalspieler zu begutachten? Nein.
Die größte Frechheit am SC Freiburg ist natürlich das Wetter. Jede Woche in der Sportschau dasselbe Bild: Wolken bei Werder, Sprühregen auf Schalke, Graupelschauer in Gladbach, Schneesturm in Stuttgart. Und in Freiburg? Immer 26 Grad und wolkenlos. Schluss damit. Sollen die sich doch in der Zweiten Liga weitersonnen. (lsp)
Hamburger SV: Stoppt die Uhr!
HAMBURGER SV: Stoppt die Uhr!
Die Uhr in der Arena des Hamburger SV tickt und tickt. Es ist die Bundesligauhr, die anzeigt, wie lange sich der Verein bereits, ohne einmal abzusteigen, in der höchsten deutschen Spielklasse befindet. Seit 51 Jahren und 263 Tagen.
In dieser Zeit hat der HSV große Erfolge gefeiert und große Persönlichkeiten hervorgebracht. Uwe Seeler, Manni Kaltz oder Felix Magath. Das ist eine ganze Weile her. Inzwischen ist die bekannteste Persönlichkeit Hermann, das Maskottchen. Hermann ist ein Dinosaurier. Im richtigen Leben gibt es Dinosaurier schon lange nicht mehr. Sie sind im Laufe der Evolution auf der Strecke geblieben. Das ist gewissermaßen auch mit dem HSV passiert.
Der Verein befindet sich strukturell und strategisch irgendwo in den 80ern. Beim HSV lebt das Mäzenatentum weiter, da quatscht jeder rein, es werden Stars geholt und keine funktionierenden Teams gebildet; und eine Idee, wie Ressourcen effizient eingesetzt werden, gibt es nicht. Man kann das Oldschoolige am HSV schon wieder drollig finden. Aber das tun wohl die wenigsten.
Es ist nur gut, wenn die Bundesligauhr am 23. Mai aufhört zu schlagen. Wenn eine Zeit zu Ende geht, beginnt ja immer eine neue. (mei)
Hertha: BSC muss wie BER werden
HERTHA: BSC muss wie BER werden
Ey, ist das Berlin, Alter? So blassblauweiß unten in der Tabelle rumzumurkeln, sich mit Paderborn um die letzten Zentimeter rettendes Ufer zu balgen? Nicht so exzellent zu spielen wie die Philharmoniker und ohne Hipsterbart aufzulaufen? Wann haben wir zum letzten Mal einen Hertha-Spieler im Berghain gesehen? Nee, Berlin ist: als einzige Hauptstadt der Welt nur in der Zweiten Liga spielen. BSC muss wie BER werden, nie fertig.
Dann kommen auch nicht immer dieselben Gegner, es sollen mal wieder andere her, das ließe sich bestimmt steuersparend mit dem Bundestagsbesuchsprogramm verbinden.
Und wenn Union zum Stadtderby nicht nach oben will, muss Hertha eben runter. Dafür könnte Hertha dann alle zwei Jahre Aufstieg feiern. Siegerlächeln wäre eine super Entspannung für all die verkniffenen Gesichtsmuskeln.
Also an alle anderen im Land: Ihr könnt weiter den Länderfinanzausgleich zahlen, wir nehmen Euch dafür beim Fußball nix weg – anders als Paris, das ganz Frankreich unterjocht. Hertha ist Berlins Symbol für einen neuen Föderalismus. Jeder macht das, was er am besten kann. Wir gehen runter, aber wir kommen auch immer wieder hoch. (teu)