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Geschlaucht und geschlagen. John Brooks, Rune Jarstein und Sebastian Langkamp (v. l.) konnten Hoffenheims Gegentore nicht mehr verhindern.
© Odd Andersen/AFP

Hertha nach dem 1:3 gegen Hoffenheim: Abhaken und nach vorn schauen

Hertha BSC profitiert vor allem von einer guten Teamleistung – doch damit lässt sich nicht alles kompensieren. Das wurde am Freitag gegen Hoffenheim deutlich.

Am Ende der üblichen Unterredung am Nachspieltag mit den Journalisten war Pal Dardai fast ein wenig enttäuscht. „Was, und keine Frage zum 1. April?“, sagte Herthas Trainer. Und weil wirklich nichts kam, verstellte Dardai ein wenig seine Stimme und ulkte los: Der Mchitarjan sei bei seinem Klub derzeit so unglücklich, dass er am liebsten sofort zu Hertha käme.

So richtig nach Scherzen war am Tag nach der 1:3-Niederlage gegen die TSG Hoffenheim aber niemanden beim Berliner Fußball-Bundesligisten zumute. Für Hertha riss eine starke wie relevante Heimserie, das einzige Mal verlor der Klub Anfang Dezember im Olympiastadion. „Wir haben stark angefangen, sind in Führung gegangen, haben aber nicht das 2:0 gemacht. Nach dem Platzverweis hatten wir keine Chance mehr. Wir sind ein bisschen unglücklich heute“, hatte Dardai gleich nach dem Spiel gesagt. Eine Nacht lang später wirkte Herthas Trainer emotional schon wieder ausbalanciert.

Abhaken und nach vorn schauen, lautete die Devise des 40-Jährigen. Schon am Mittwoch muss seine Mannschaft bei Borussia Mönchengladbach antreten. Und die hat in dieser Spielzeit nicht wirklich viel gerissen in fremden Stadien. Wenn man auf die Statistik schaue, bräuchte man erst gar nicht hinzufahren, sagte der Ungar, aber man wolle mit frischem Mute zu Werke gehen: „Ein kleiner Punkt wäre ein Fortschritt für uns.“

Die Sache ist nämlich die: Für Hertha ist jedes Bundesligaspiel ein Kraftakt. Erwischen Dardais Mannen einen guten Tag, können sie im eigenen Stadion fast jeden Gegner schlagen, wie Bayern München in 95 Minuten, oder Borussia Dortmund vor drei Wochen. Dardai beschreibt seine Mannschaft gern mit dem Attribut fleißig. Fleiß hält sie zusammen und auf Kurs. Als funktionierendes Kollektiv ist seine Mannschaft oft mehr als die Summe der einzelnen Spieler. „Aber wir können als Mannschaft nicht alles kompensieren“, sagte er am Samstagvormittag. Schon gar nicht, wenn ein Spieler das Feld verlassen und sein Team eine gute halbe Stunde lang in Unterzahl spielen muss wie nach der Ampelkarte gegen Maximilian Mittelstädt. Wenn also auch nur einer fehlt, funktioniert das große Ganze bei Hertha nicht mehr.

Hertha mit dem 1:3 am Ende noch gut bedient

Genau genommen war Hertha mit dem 1:3 am Ende noch gut bedient, drei Mal klatschten Hoffenheimer Schüsse gegen Latte oder Pfosten, „der liebe Gott“ war lange auf Seiten der Berliner, wie sich Dardai ausdrückte. Es ist müßig darüber zu diskutieren, ob Hertha an diesem Abend zu elft mindestens einen Punkt mitgenommen hätte. „Man darf von uns keine Wunderdinge erwarten“, sagte Dardai, „uns fehlt ein Stück.“ Weiter ausführen mochte der Trainer diesen Punkt nicht, aber es ist offensichtlich, dass es seiner Mannschaft an Geschwindigkeit in den Beinen und an Schnelligkeit im Handeln mangelt. Gerade Letzteres setzt hohe Ballfertigkeit und Spielintelligenz voraus. Spätestens hier kommt der kleine, dardaische April-Scherz wieder ins Spiel.

Henrich Mchitarjan ist genau so ein Spieler, wie er Hertha fehlt. Handlungsschnell und abschlussstark, kreativ und intuitiv. Nicht umsonst hat Manchester United im Sommer 42 Millionen Euro für den Armenier an Borussia Dortmund überwiesen. Spieler dieser Kategorie wird Hertha BSC sich alsbald nicht leisten können. Die Berliner müssen andere Spieler finden und sie entwickeln, soweit es geht. Spieler wie Maximilian Mittelstädt. Der 20-Jährige war die tragische Figur am Freitag. Erst verursachte er den Strafstoß, der zum Ausgleich führte; und dann musster er nach einem übermütigen Einsteigen an der Seitenauslinie das Feld verlassen. „Er ist immer noch mein Freund“, sagte Dardai anderntags. Junge Spieler wie er dürften auch mal Fehler machen, der Spieler werde daraus lernen. „Er hat noch zwei, drei Jahre, dann ist er 23 und muss glänzen“, sagte Dardai.

Nun wird aus Mittelstädt auch in zehn Jahren kein Mchitarjan mehr werden. Trotzdem kann er noch ganz wertvoll für Hertha werden. Derweil rechnete Dardai schon mal hoch: „24 Punkte sind noch möglich, wenn wir zwölf holen, bleiben wir oben.“ Es sollte kein Scherz sein.

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