DAS SPIEL MEINES LEBENS: 28. 05. 1997, Borussia Dortmund – Juventus Turin 3:1 Lars Ricken (35, Ex-Nationalspieler)
Aufgezeichnet von Daniel Wehner. Immer wieder werde ich gefragt, wie oft ich mir das Tor zum 3:1 im Champions-League-Finale 1997 angeschaut habe.
Aufgezeichnet von Daniel Wehner.
Immer wieder werde ich gefragt, wie oft ich mir das Tor zum 3:1 im Champions-League-Finale 1997 angeschaut habe. Anscheinend sind manche Menschen der Meinung, dass ich mir das Tor nachts ansehe, damit ich besser schlafen kann. Dabei ist es meist genau umgekehrt: Ich muss nicht meine Geschichte erzählen, sondern die Leute erzählen mir, wie sie das Tor erlebt haben. Ein Fan hat mir mal gesagt, wie sehr er mich für meinen Schuss verflucht hat: „So ein Idiot, wie kann der aus dieser Situation aufs Tor schießen!“ Wenige Sekunden später brach der Jubel los, und seine Freunde und er lagen quer übereinander. Das ist für mich die größtmögliche Bestätigung: Mit einem Tor habe ich den Menschen einen unvergesslichen Augenblick beschert. Mein Ruf, ein Mann für die wichtigen Tore zu sein, kam ja nicht von ungefähr. Ich habe mir diesen Ruf erarbeitet und war in bedeutenden Spielen immer da. Da es damals noch das Golden Goal gab, hat Jürgen Kohler vor dem Spiel gesagt: „Wenn jemand das Tor schießt, ist es Lars.“ Vor der Halbzeit gab es eine Situation, in der sich Turins Torhüter Peruzzi rund 30 Meter von seinem Gehäuse entfernt hatte. Als ich das von der Bank aus sah, habe ich gesagt, dass ich den Ball bei meinem ersten Ballkontakt blind draufhaue. Andreas Möller hat mich dann ein paar Sekunden nach meiner Einwechslung so frei gespielt, dass in dieser Situation der Distanzschuss auch die beste Variante war. Juventus Turin war als Titelverteidiger klarer Favorit. Aber man konnte dem Spiel der Italiener ansehen, dass sie sich schon als sicherer Sieger fühlten, was wir dann mit unserem Führungstreffer konterkarierten. Wir haben uns auf der Bank ungläubig angeschaut und erstmals gehofft, das Spiel tatsächlich gewinnen zu können. Am nächsten Tag sind sind wir in einem offenen Bus durch Dortmund gefahren. Es war ein Meer in schwarz-gelb. Mir haben am Borsigplatz sogar Fans ihre Kinder entgegenhalten, damit ich sie kurz berühre.
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