Sport: 275 Millionen Euro umsonst investiert – keiner will schuld sein
Nach dem Scheitern der Chipfabrik streiten sich die Politiker über die Verantwortung
Potsdam. So viel ist sicher: Die Fehlinvestition in die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) kommt die Brandenburger teuer zu stehen: Das Land ist mit 38 Millionen Euro an der Communicant AG beteiligt. Insgesamt wurden 275 Millionen Euro verbaut. An der Pleite will nun niemand schuld sein.
Die Infrastruktur haben der Bund, das Land und die Stadt Frankfurt mit 48 Millionen Euro gefördert. Somit beläuft sich der Verlust an öffentlichen Geldern auf rund 90 Millionen Euro. Dubai hat mit 145 Millionen Euro den größten Beitrag geleistet. Der US-Konzern Intel ist mit rund 40 Millionen Euro beteiligt, wovon er aber 16 Millionen Euro in Form von Lizenzgebühren zurückbekommen hat.
Zu den 275 Millionen Euro kommen jetzt die Gelder hinzu, die Dubai und Intel aufbringen müssen, um die Insolvenz der Firma Communicant zu vermeiden. Sie wollen den Weg der „stillen Liquidation“ gehen. Er gilt als schwieriger, er lässt den Investoren aber noch gewisse Spielräume und bedeutet einen geringeren Ansehensverlust.
So soll die im Rohbau stehende Produktionshalle bis Jahresende fertig gestellt werden. Was dann mit ihr wird, ist offen. Politiker aller Parteien befürchten, dass der Imageschaden für das Land schwerer wiegen wird als der materielle Verlust: Brandenburg gilt inzwischen wegen seiner fehlgeschlagenen Großprojekte wie Cargolifter oder Lausitzring als „Pleitenland“. Ein Untersuchungsausschuss des Landtages klärt gerade, wie es zur Pleite der landeseigenen Entwicklungsgesellschaft (LEG) mit einem geschätzten Verlust von 400 Millionen Euro kommen konnte.
Fest steht bisher, dass hier wie auch bei der Chipfabrik das politische Management völlig versagt hat. Politiker der großen Koalition befürchten, dass es künftig noch schwieriger werden wird, Investoren nach Brandenburg zu holen.
Vor diesem Hintergrund häufen sich die gegenseitigen Schuldzuweisungen, wer das Scheitern der Chipfabrik zu verantworten hat: Der frühere Brandenburger Ministerpräsident und Aufbau-Ost-Minister Manfred Stolpe gibt der EU die Schuld, weil sie auf ein neues zeitaufwendiges Verfahren zur Bewilligung der öffentlichen Zuschüsse für die Chipfabrik bestanden habe. Vor einigen Wochen hatte Stolpe auch indirekt die Landesregierung verantwortlich gemacht, indem er erklärte, dass Brandenburg seine Aufgaben erledigen müsse. In der Staatskanzlei war man sehr verärgert darüber, denn Stolpe selbst hatte die Chipfabrik als damaliger Regierungschef zusammen mit Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) eingefädelt.
Stolpes Nachfolger Platzeck, seit einem guten Jahr im Amt, schob beiden jetzt indirekt die Schuld zu: Es sei nicht hilfreich gewesen und habe zu den Problemen geführt, dass der Bau der Chipfabrik im Februar 2001 verkündet worden war, ohne dass die Finanzierung sichergestellt war. Allerdings fragen sich viele, warum Platzeck nicht früher den Schlussstrich gezogen hat: Der SPD-Wirtschaftsexperte Heiko Müller hatte das schon vor einem Jahr gefordert. Es musste alles versucht werden, um das Projekt zu retten, sagt Platzeck, wie aussichtslos das ist, habe sich erst in den vergangenen Tagen herausgestellt. Dennoch häufen sich Forderungen nach einem Untersuchungsausschuss.
Michael Mara
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