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Foto: McNaughton/Reuters
© Reuters

Curling: 17 Kilogramm Sinnlichkeit

Anfangs wurde Curling belächelt, inzwischen ist es bei Olympia etabliert - das beweisen auch die Besucherzahlen.

Es könnte ja etwas Sinnliches, Beruhigendes haben, wenn nur die Steine sprechen würden. Diese runden Brocken, die mehr als 17 Kilogramm wiegen und von den Athleten immer wieder Richtung Haus, also mit Schwung in den Zielkreis auf dem Eis geschubst werden. Aber da sind das Geschrubbe und die Schreie der Spielerinnen und das aufbrausende Publikum. In den strengen Durchführungsbestimmungen der Spiele von Pyeongchang steht zwar, dass Fahnen und Banner nicht mit ins Stadion genommen werden dürfen. Aber das ist natürlich so ein Unfug, an den sich in der Realität niemand hält. Beim olympischen Curling ist dieser Tage immer etwas los.

Die Spiele im Gangneung Curling Center haben sogar schon am Tag vor der Eröffnungsfeier begonnen. Das Finale der Frauen ist am Tag der Abschlussfeier am kommenden Sonntag. Die Arena ist fast immer mit 3000 Zuschauern voll, vorrangig sind sie aus Kanada, der Schweiz, den USA, Großbritannien und Korea. In diesen Ländern ist Curling populär, mitunter sogar mehr als das. Eine Kanadierin, Dresscode rot-weiße-Landesfarben, sagt: „Zwei Goldmedaillen sind für uns wichtig in Kanada: die im Eishockey und die im Curling.“ Das Gold im Mixed haben sie schon mal gewonnen, weit mehr dürfte außerhalb Kanadas der Rest der Welt allerdings mitbekommen haben, dass der Mann des drittplatzierten Teams, der Russe Alexander Kruschelnizk, für einen Dopingskandal gut war.

Olympia ohne deutsche Curler

Es ist eine interessante Mischung an Nationen, die sich da auf dem Eis des Gangneung Centers tummelt. Deutsche Curler sind diesmal allerdings weder bei den Frauen noch bei den Männern am Start, auch weil der Sport in Deutschland nur am Rande stattfindet. In Berlin etwa verschwanden mit der Halle an der Jafféstraße und dann der Deutschlandhalle auch die Curlingflächen, heute lässt sich der Sport nur in der Halle „P9“ am Glockenturm unweit des Olympiastadions ausüben.

Andreas Kapp, einst erfolgreicher Curler aus Füssen und Olympiateilnehmer 2006 in Turin, hat erzählt: „Als Curling 1988 in Calgary Demonstrationswettbewerb bei Olympia war, hat das keinen interessiert.“ Kapp war damals schon dabei, genauso wie in Nagano 1998, als Curling olympisch wurde. „Curling ist kein Altherrensport, sondern hochinteressant“, sagte er dem Tagesspiegel vor einigen Jahren.

Curling wurde bereits im 15. Jahrhundert in Schottland entwickelt und wanderte dann mit aus nach Kanada, wo es viele Briten hinzog. In der Curling-Hochburg Kanada gibt es eine Million Aktive, in Deutschland gerade einmal 17 Vereine mit 750 Mitgliedern und nicht einmal zehn Hallen – beim Curling muss das Eis ganz speziell aufbereitet werden, auf einer normalen Eislaufbahn lässt sich der Sport nicht spielen.

In Kanada, aktuell Weltmeister bei den Männern und Frauen, schauen auch schon mal 10 000 Fans beim Curling zu. Aber die Frauenmannschaft Kanadas um Skip Rachel Homan ist am Dienstag im Gangneung Curling Center nicht gut in Form, sie unterliegt China und verliert schon ihr drittes Spiel im Turnier. Südkoreas Frauen gelingt derweil ein Erfolg gegen die USA. Die Arena tobt. Und anders als viele andere olympische Stätten wird das Curling Center die Spiele überleben.

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