1:3 bei Eintracht Braunschweig: 1. FC Union verpasst den Aufstieg
In Braunschweig sind die Köpenicker letztlich chancenlos. Zwei Spieltage vor Schluss sind die Aufstiegschancen des 1. FC Union nur noch theoretischer Natur.
Immer wieder griff der Mann mit den grauen Haaren in seine Jackentasche, wo er eine silberne Metallschatulle mit Zigaretten darin aufbewahrte. Der Mann rauchte und rauchte, Qualm umwehte seine Nase und jene der Menschen um ihn herum. Und wenn der Mann nicht rauchte, kaute er sehr eifrig auf seinem Kaugummi. Der Mann war Dirk Zingler, Präsident des 1. FC Union Berlin. Gemütszustand: schrecklich nervös. Dumm nur, dass Zingler an diesem kühlen Maiabend in Braunschweig nicht der einzige Berliner in dieser Verfassung war.
Mindestens genauso nervös wie ihr Vorgesetzter waren auch Unions Fußballer und das war aus Berliner Sicht das weitaus größere Übel. Denn für den 1. FC Union ging es bei diesem Auswärtsspiel um nicht weniger als den Verbleib im Aufstiegsrennen zur Bundesliga. Nach der 1:3 (0:1)-Niederlage gegen den direkten Konkurrenten sind die Chancen, dass es der Klub aus dem Berliner Südosten doch noch schafft, lediglich theoretischer Natur. Bei sechs Punkten Rückstand und nur noch zwei verbleibenden Spielen muss Union seine beiden Begegnungen gewinnen und hoffen, dass entweder Braunschweig oder Hannover zwei Mal verliert. Ein sehr unrealistisches Szenario.
Wie nervös Union in diesem entscheidenden Spiel war, zeigte sich in den ersten Minuten. Stephan Fürstner verlor nach einem eigenen Eckstoß den Ball leichtfertig an der Mittellinie. Sofort stürmten vier Braunschweiger los und weil weder Toni Leistner noch der zurückgeeilte Simon Hedlund richtig klären konnten, kam Mirko Boland zu einer guten Schussmöglichkeit von der Strafraumgrenze. Kurz darauf führte eine ähnliche Situation zur Braunschweiger Führung. Wieder konnten die Berliner nicht richtig klären, der Ball landete vor den Füßen von Ken Reichel und einen wuchtigen Schuss später stand es 1:0. Reichel ist in Berlin geboren, hat als Kind für Rudow und Tasmania Gropiusstadt gespielt, gar nicht so weit entfernt von Köpenick. Ist dann weg als junger Mann und sorgte nun dafür, dass zumindest in einem Teil der Stadt die Träume von der Bundesliga zerplatzten.
Union war mental nicht bereit
Union war an diesem Abend nicht in der Lage, ein entscheidendes Spiel zu bestreiten, vor allem nicht mental. Einmal wollte Simon Hedlund seinen Kapitän Felix Kroos anspielen. Die beiden standen einen Meter von einander entfernt und der Ball verfehlte sein Ziel um die gleiche Entfernung. So etwas hat nichts mit Können zu tun, sondern ausschließlich mit den Nerven. Der Druck, auf keinen Fall verlieren zu dürfen, lähmte die Spieler so sehr, dass selbst einfachste Dinge misslangen. Zur Pause hatte Union nicht ein einziges Mal auf das gegnerische Tor geschossen, Präsident Zingler dafür aber mindestens die Hälfte des Inhalts seiner Metallschatulle verqualmt. Unweit von Zingler saß Torsten Mattuschka, Unions langjähriger Kapitän. Der hatte die Fahrt nach Braunschweig im Fanbus angetreten und blickte nun traurig drein mit seinem Union-Schal um den Hals. Mattuschkas Miene verfinsterte sich kurz nach Beginn der zweiten Halbzeit noch weiter.
Auf Höhe der Mittellinie kam Roberto Puncec gegen Christoffer Nymann zu spät und weil Puncec in der ersten Hälfte schon für ein taktisches Foul verwarnt worden war, wurde er nun von Schiedsrichter Tobias Stieler des Feldes verwiesen. Mit einem Mann weniger sanken Unions Chancen von Minute zu Minute, erst Recht als Ken Reichel, der Berliner ohne Herz für Berliner, das 2:0 erzielte. Im Gegenzug verkürzte der eingewechselte Maximilian Thiel zwar auf 1:2, aber ehe so richtig Hoffnung aufkommen konnte, stellte Domi Kumbela nach einem Konter den alten Abstand wieder her. Im Braunschweiger Fanblock sangen sie von der Bundesliga, durch den Sieg mit zwei Toren Unterschied zog die Eintracht am Erzrivalen Hannover 96 vorbei auf Platz zwei. Union versuchte trotz Unterzahl trotzdem nach vorn zu spielen und bot den Gastgebern noch größere Räume als vorher schon. Angriff um Angriff rollte auf das Berliner Tor zu. Dirk Zingler mochte da schon gar nicht mehr hinschauen, immer wieder schüttelte er sein Haupt. Was auch immer dem Präsidenten in diesem Moment durch den Kopf ging, allzu viel Positives dürfte es nicht gewesen sein. Nicht einmal mehr Rauchen mochte Zingler am Ende dieses Abends, der für seinen Verein auch das Ende der Saison bedeutete.