Auswärtsspiel bei Bayer Leverkusen: 1. FC Union setzt auf das BVB-Rezept
Der Marktwert von Leverkusens Ausnahmetalent Kai Havertz ist allein fast drei Mal so hoch wie der von Unions gesamtem Team. Dennoch fordert Urs Fischer Mut.
Der Arbeitstag eines Fußballtrainers endet nur selten direkt nach dem Nachmittagstraining. Urs Fischer saß schon zu Zweitliga-Zeiten noch lange vor und nach den Einheiten in seinem Büro und tüftelte mit seinen Kollegen an der Aufstellung oder analysierte die Gegner. In dieser Saison kommen auch noch ein paar Spätschichten dazu – wie am Mittwochabend.
Das Champions-League-Spiel von Bayer Leverkusen gegen Lokomotive Moskau ließ sich der Trainer des 1. FC Union nicht entgehen, Sorgen machen müsse man sich um ihn aber nicht. „Es ist nicht so, dass ich 23 Stunden am Stück Video schaue“, sagte Fischer und lachte.
Für das Auswärtsspiel am Samstag in Leverkusen (15.30 Uhr, Sky) könnte Union aus den Analysen der jüngsten zwei Bayer-Niederlagen durchaus Optimismus ziehen, Fischer warnt jedoch: „Ich schätze Leverkusen als Top vier in der Bundesliga ein, auch wenn die letzten beiden Auftritte vom Resultat her nicht so positiv waren.“ Das Team von Peter Bosz habe eine „Wahnsinnsschnelligkeit“, viel Ballbesitz – beim 1:2 gegen Moskau waren es 80 Prozent – und eine große individuelle Qualität.
Das gilt besonders für Kai Havertz, den Unions Abwehrspieler Keven Schlotterbeck unter der Woche als „Jahrhunderttalent“ bezeichnete. Der 20 Jahre alte offensive Mittelfeldspieler absolviert aktuell vermutlich seine letzte Saison in Leverkusen, bevor er zu einem der ganz großen europäischen Klubs wechseln wird. Das Portal „transfermarkt.de“ beziffert den Marktwert des Nationalspielers auf 90 Millionen Euro – das ist fast drei Mal so viel wie der des gesamten Berliner Kaders.
Wie gegen die Dortmunder Ausnahmekönner will Fischer auch Havertz kollektiv verteidigen. „Das musst du als Mannschaft machen, aber nicht erst, wenn er den Ball hat. Du musst verhindern, dass er sich aufdreht, dass er überhaupt in die Situationen kommt, um gefährlich zu sein“, sagt Fischer. Auch sonst könne Union einige Dinge aus dem Sieg gegen den BVB übernehmen. Beide Teams seien von der Spielweise „ein bisschen vergleichbar“. Die Eindrücke müsse man im Hinterkopf haben, und „das sollte uns ein gewisses Selbstvertrauen geben“.
Bei Union fehlen Prömel und Subotic
Bei aller Qualität des Gegners fordert Fischer von seiner Mannschaft, in der Neven Subotic (gesperrt) und Grischa Prömel (verletzt) fehlen, vor allem Mut. „Natürlich ist die Qualität bei einem Champions-League-Teilnehmer noch mal höher als sonst, aber wichtig ist für mich, dass wir uns etwas zutrauen, unseren Weg weitergehen und auch mal mit Rückschlägen fertigwerden“, sagt Unions Trainer. Den Prozess der Anpassung an die deutlich höhere Qualität in der Bundesliga hält Fischer noch lange nicht für abgeschlossen: „Du lernst aus jedem Spiel.“
Die beiden Leverkusener Niederlagen sieht Fischer nicht als Vorteil für sein Team. „Ich gehe nicht davon aus, dass sie mit gesenktem Kopf auf den Platz kommen“, sagt er. Nicht viele würden Union in diesem Spiel etwas zutrauen, und „da liegt unsere Chance“, sagt Fischer. Das gilt dann vermutlich ebenso für die kommenden Wochen. Denn die nächsten Gegner Frankfurt und Wolfsburg sind auch im Europapokal vertreten. Auf Fischer warten dann noch ein paar Spätschichten.