Bundesliga-Saisonvorschau (7): 1. FC Köln: Unterhaltung statt Folterfußball?
Am 14. August startet die Fußball-Bundesliga in ihre 53. Saison. In unserer Serie testen wir Stärken, Schwächen und Vorlieben der Vereine.Folge 7: 1. FC Köln.
Was hat sich verbessert?
Der 1.FC Köln scheint nach dem souveränen und manchmal freudlos wirkenden Klassenerhalt mit neun (!) torlosen Remis den Unterhaltungswert ein wenig über den Folterfußball stellen zu wollen. Gleich sechs neue Spieler haben die Rheinländer verpflichtet, davon in Außenbahnspieler Leonardo Bittencourt, Anthony Modeste (Angriff), Philipp Hosiner (Angriff) und Milos Jojic im zentralen Mittelfeld vier Akteure, die sich vor allem der Offensive verschrieben haben. Die Hoffnung, dass das Team am Ende mehr als die 34 Tore erzielen wird, die es in der abgelaufenen Saison waren, ist berechtigt. Wer allerdings glaubt, dass Trainer Peter Stöger von seiner stabilen Defensivtaktik abrücken wird, dürfte sich täuschen. Es wird weiterhin munter, vor allem im 4-2-3-1-System, gekontert.
Wer sind die Stars?
Der Trainer und der Sportdirektor: Peter Stöger und Jörg Schmadtke managen die einstige „Diva FC“ derart eloquent und unaufgeregt, dass sich rund um den Klub schon fast Langeweile eingestellt hat. Selbst der früher in Köln so berüchtigte Boulevard muss sich mit mehrteiligen Portraits der Trainerfreundin, der österreichischen Schauspielerin Ulrike Kriegler, über die Sommerpause helfen. Die Zeiten, in der mögliche Transfers in der Öffentlichkeit abgewickelt wurden und nichts, aber auch gar nichts geheim blieb, sind vorbei. Für Nostalgiker ein schlimmer Zustand, für den modernen Fußballklub eher eine Wohltat. Ach: Vielleicht hat Anthony Modeste noch das Zeug zum neuen FC-Star – und das, obwohl er ein Offensivspieler ist.
Wer hat das Sagen?
Neben Stöger und Schmadtke nimmt Präsident Werner Spinner eine wichtige Position nicht nur qua Amt ein. Spinner ist bemüht, die vielfach schwierigen Ultra-Gruppierungen des FC mit ins Boot zu holen und mit diesen im ständigen Dialog zu bleiben. Sportlich sind Stöger und Schmadtke ein eingespieltes Team. Als Vorbild einer nachhaltigen Verbesserung dürfte den beiden ausgerechnet das Beispiel des ungeliebten rheinischen Rivalen Borussia Mönchengladbach dienen, der unter ähnlichen Umständen den Turnaround geschafft hat.
Was erwarten die Fans?
Der zum Überschwang neigende Rheinländer gibt sich in dieser Frage untypisch: Eine Tabellenplatz zwischen 8 und 13 würde keinerlei Schnappatmung bei den Anhängern auslösen, auch wenn wieder kein internationaler Startplatz herausspringt – im Gegenteil: Die Verantwortlichen haben es in den vergangenen zwei Jahren hinbekommen, das in Jahrhunderten entstandene rheinische Wesen zu manipulieren. Es reicht den Fans derzeit noch, wenn der von einer ganzen Stadt geliebte Klub keine Fahrstuhlmannschaft zwischen Bundesliga und Zweiter Liga mehr ist. Ausschläge in obere Tabellenregionen werden schon noch kommen.
Was ist in dieser Saison möglich?
Auch nach den überraschenden Testspielerfolgen am Wochenende gegen Stoke City und den FC Valencia werden die Verantwortlichen seriös daran arbeiten, das Team weiter zu entwickeln. Im zweiten Jahr nach dem Aufstieg also erneut im Niemandsland der Tabelle landen – das wäre ein Erfolg.
Und sonst?
So zurückhaltend Peter Stöger mit seinen Erfolgen in Köln umgegangen ist, so unaufgeregt gibt er sich, wenn er Fehler eingestehen soll. „Ich habe ihm nach seinem Wechsel eine SMS geschrieben nach dem Motto: Irgendwie habe ich nicht alles aus Dir rausgeholt“, sagte Stöger und meinte damit Daniel Halfar. In der Aufstiegssaison war der 27-Jährige noch Leistungsträger, danach spielte er kaum noch eine Rolle und wechselte nach Kaiserslautern. „Das tut mir leid“, richtete Stöger aus, weil der Trainer offenbar zu spät zu der Auffassung gelangte, dass es sich bei Halfar um mehr als um einen Zweitligakicker handelt. Diese Fehleinschätzung offen einzuräumen zeugt von rar gewordener Größe.
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