Wieder ein schwerer Angriff auf die Polizei: Reichsbürger fährt beinahe einen Beamten tot
In Baden-Württemberg eskaliert eine Verkehrskontrolle. Ein angetrunkener Reichsbürger rammt einen Polizisten. Der Täter gilt schon länger als aggressiv.
Die Gefährdung nimmt kein Ende. Nur eine Woche nach der Tötung zweier Polizisten durch Wilderer in Rheinland-Pfalz hat am Montagabend in Baden-Württemberg der Fahrer eines Wagens einen Polizeibeamten bei einer Verkehrskontrolle schwer verletzt.
Nun wird auch bekannt, dass der Täter bei dem Angriff im südbadischen Efringen-Kirchen aus der Szene der Reichsbürger stammt. Tatmotiv war womöglich politischer Hass auf den Staat.
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Reichsbürger lehnen die Bundesrepublik ab und sprechen ihr die staatliche Legitimation ab. Die Szene gilt als aggressiv und gefährlich. Im Oktober 2016 erschoss ein Reichsbürger im bayerischen Georgensmünd einen Beamten eines Spezialeinsatzkommandos, das dem Mann Waffen wegnehmen wollte.
In dem Ort im Landkreis Lörrach spielten sich dramatische Szenen ab. Der Polizei fiel der 61-jährige Fahrer mit überhöhter Geschwindigkeit auf, Beamte wollten den Wagen anhalten. Der Mann raste weiter, erst mehrere Streifenwagen konnten ihn stoppen.
Der Polizist erlitt Verletzungen am Kopf
Als sich ein Beamter dem Fahrzeug näherte, gab der 61-Jährige Gas. Der Polizist wurde von der Motorhaube erfasst und schwer verletzt. Mehrere Beamte schossen und nahmen den Fahrer schließlich fest. Der Mann war angetrunken, im Wagen fand die Polizei Flugblätter aus der Reichsbürgerszene.
Der Polizist erlitt nach Angaben der Staatsanwaltschaft Lörrach Kopfverletzungen, Blutverlust und multiple Prellungen. Der Beamte musste mit einem Rettungshubschrauber in eine Klinik gebracht werden. Gegen den Fahrer wird nun wegen versuchten Mordes ermittelt, er kam in Untersuchungshaft.
Der Mann habe offenbar seine Trunkenheit verbergen wollen und den Polizisten angefahren, hieß es. Geprüft wird zudem, ob er aus Hass auf staatliche Organe, speziell die Polizei, gehandelt hat. Als Polizisten bei der Wohnung des Täters zur Durchsuchung anrückten, um sie zu durchsuchen, sahen sie an der Außentür ein Schild mit Drohungen.
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Es habe sich um einen „eindeutigen Hinweis auf Gewaltbereitschaft gegen Beamte“ gehandelt, sollten sie versuchen, die Wohnung zu betreten, sagte am Mittwoch der Leiter der Staatsanwaltschaft Lörrach, Tomas Orschitt. In der Wohnung wurden eine Armbrust und Datenträger sichergestellt. Das Landeskriminalamt richtete eine 21-köpfige Sonderkommission ein.
Reichsbürgergruppe will das Kaiserreich zurück
Nach Informationen des Tagesspiegels gehörte der Täter zumindest im vergangenen Jahr der Gruppierung „Preußisches Institut“ an. Sie nennt sich auch „Bismarcks Erben“, eine Untergliederung heißt „Vaterländischer Hilfsdienst“.
Außerdem wurden „Armeekorps-Bezirke“ herbeifantasiert. Das Bundesamt für Verfassungsschutz erwähnte die Reichsbürgergruppe im Jahresbericht 2020. Demnach wurde sie im August 2018 gegründet und verfolgt die Wiederherstellung des 1918 untergangenen deutschen Kaiserreiches.
Der Täter von Efringen-Kirchen ist schon länger als gewaltbereit bekannt. Vom „Preußischen Institut“ hat er sich offenbar im Streit getrennt. Am Tag der Tat war er bei einem Gericht vorgeladen. Der Mann hatte sich mehrmals geweigert, eine Maske zum Schutz vor Corona zu tragen.
Bei Polizeikontrollen zur Einhaltung der Corona-Maßnahmen beleidigte er die Beamten und kassierte dafür bereits eine Geldstrafe. Derzeit ist noch ein zweites Verfahren anhängig. Die Staatsanwaltschaft sagte, der Mann sei auch wegen räuberischen Diebstahls aufgefallen.
Wie im Fall des Polizistenmordes in Rheinland-Pfalz gibt es auch jetzt Hasskommentare in den sozialen Medien. Der Freiburger Polizeipräsident Franz Semling zitierte am Mittwoch die Parole „schlagt ihre Buden mit Abrissbirnen ein, zermalmt ihre Dienstfahrzeuge“.
Polizei und Staatsanwaltschaft beziehen die Hetze in die Ermittlungen ein. In Rheinland-Pfalz hatte das Landeskriminalamt eine „Ermittlungsgruppe ,Hate Speech’“ eingerichtet, die innerhalb einer Woche nach dem Doppelmord fast 400 Hass-Postings bei Telegram, Twitter und weiteren Plattformen feststellte.