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Potsdam: Zusammen arbeitet man weniger allein

In einer ehemaligen Bäckerei bietet der Potsdamer Sebastian Miethe künftig Arbeitsplätze auf Zeit an

1936 Euro monatlich für ein Büro in der Nördlichen Innenstadt, 1010 Euro für ein Büro in der Brandenburger Vorstadt – ein Blick auf die einschlägigen Immobilienplattformen im Internet zeigt, dass derzeit nicht nur die Mieten für Wohnraum in Potsdam explodieren. Auch günstige Flächen zum Arbeiten werden immer teurer, vor allem in der Innenstadt. Dies stellte auch der freiberufliche Bauingenieur Sebastian Miethe fest, als er in Potsdam ein neues Büro suchte. Schließlich entschied er sich für einen anderen Weg: In der Carl-von-Ossietzky-Straße in Potsdam-West mietete er ein größeres Büro an und will dort nun die Arbeitsplätze monats- oder auch nur tageweise vermieten. „Shared office“ wird dieses Modell auch genannt, was in etwa „geteiltes Büro“ bedeutet.

„In Berlin gibt es so etwas ja schon lange und oft. Und dort funktioniert es“, sagt der 36-Jährige. Für viele Freiberufliche, die sich kein eigenes Büro leisten können oder wollen und aber auch nicht von zu Hause aus arbeiten wollen, ist dies eine Alternative. In Potsdam hingegen sei sein Projekt bislang das einzige dieser Art, sagt Miethe. Ein größeres Gemeinschaftsbüro, das schon länger im Gebäude der Fachhochschule geplant war, liegt derzeit auf Eis (siehe Kasten). 160 Euro im Monat will Miethe für einen der sieben Arbeitsplätze verlangen, ausgestattet mit einem Schreibtisch, einem Bürostuhl und einem eigenen Regal. „Die Leute müssen nur ihren Laptop mitbringen, möblierte Arbeitsplätze, schnelles Internet und alle Nebenkosten sowie Wasser, Strom und Heizung stelle ich“, sagt er. Auch die kleine Küche können die Mieter mitbenutzen, genauso wie den großen Tisch in der Mitte. Und die Brotbackmaschine.

Die Brotbackmaschine hat eine besondere Bedeutung für Miethe, denn durch die Wahl der Räumlichkeiten kehrt er quasi zu den beruflichen Wurzeln seiner Familie zurück: Sein Urgroßvater hatte einst eine Bäckerei in der Brandenburger Straße, auch seine Großmutter arbeitete noch dort. Und auch in dem Büro in der Carl-von-Ossietzky-Straße war früher einmal eine Bäckerei. Die Raumaufteilung lässt dies noch erahnen: vorne der Verkaufsraum und hinten die Backstube.

„Schon öfter haben mir ältere Nachbarn von der Feinbäckerei vorgeschwärmt, die hier vor Jahren drin war“, sagt Miethe. Wann genau der Bäcker zugemacht hat, weiß er nicht. Schon vor der Wende, vermutet er. In dem Moment steckt wie bestellt ein älteres Ehepaar den Kopf durch die Tür: „Wir wollten mal fragen, was hier jetzt reinkommt“, sagt die Dame und erzählt, dass sie und ihr Mann schon seit 35 Jahren um die Ecke wohnen. Bäcker Bowitz sei schon in den 1980er-Jahren ausgezogen, meinen sie. Sie hatten gehofft, dass wieder einer einzieht. Ein Büro brauchen sie nicht. „Wir sind doch schon in Rente“, sagte die Frau und winkt lachend ab.

Miethe ist Bauingenieur und hat mit Backen im Gegensatz zu seinen Vorfahren nichts mehr zu tun. „Ich bin froh, wenn ich einen Fertigkuchen hinbekomme“, sagt er. Aber trotzdem will er an die ursprüngliche Bestimmung der Räume erinnern - nicht zuletzt mit dem Namen für das Büro: „Alte Feinbäckerei“. An den Wänden hängen außerdem alte Schwarz-weiß-Fotos aus der Bäckerei seines Urgroßvaters und im Schaufenster stehen zwei Schüsseln mit Brötchen.

Als künftige Mieter hätte der Bauingeneur am liebsten Architekten, Designer, Programmierer oder ähnliches. Möglicherweise könnten sich dadurch gemeinsame Projekte entwickeln, hofft er. Außerdem solle es nicht allzu laut sein, eine Nähmaschine zum Beispiel würde stören. Ansonsten gibt es keine festen Regeln, genauso wenig wie Öffnungszeiten. „Wer hier einen Arbeitsplatz mietet, bekommt seinen eigenen Schlüssel und kann kommen und gehen, wann er will.“

An diesem Wochenende soll es offiziell losgehen mit dem Gemeinschaftsbüro. Sebastian Miethe ist davon überzeugt, dass es Bedarf in der Stadt gibt. Schon jetzt hätten sich Interessenten angemeldet, sagt er. Von den sieben Arbeitsplätzen seien noch drei frei.

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