Was aus dem Hotel Mercure in Potsdam wird: Zukunft im Nebel
Die Stadtspitze unternimmt einen neuen Anlauf zum Abriss des Mercure-Hotels – an dessen Stelle könnte langfristig eine „Wiese des Volkes“ entstehen. Doch es gibt noch viele offene Fragen.
Potsdam - Das Mercure-Hotel soll einer Rasenfläche weichen, der sogenannten „Wiese des Volkes“. So sieht es der vor einem halben Jahr favorisierte Entwurf aus der Planungswerkstatt für die Neugestaltung des Lustgartens vor. „Ob zum Sonnen, Entspannen oder für Demonstrationen und Aktionen wird das Rasenparterre zu einer ,Wiese des Volkes’ – Betreten ausdrücklich erlaubt!“, heißt es in dem Planspiel des Berliner Architektenteams „Machleidt und Loidl“ für Alternativen zum 60 Meter hohen Hotel.
Diese Vision soll nun Wirklichkeit werden: Die Stadtspitze nimmt einen neuen Anlauf, um das Hotel an der Breiten Straße kaufen und abreißen zu können. Dafür sollen jetzt erstmals Sanierungsziele für das Areal beschlossen werden. So soll verhindert werden, dass die Eigentümer das Bettenhochhaus ausbauen oder renovieren können. Entsprechende Planungen will die Stadtverwaltung nach PNN-Recherchen bei einer Pressekonferenz am Donnerstag erläutern. Am späten Montagnachmittag hatte bereits die Rathauskooperation aus SPD, CDU/ANW und Grünen das Thema auf dem Tisch, Reaktionen wurden zunächst nicht bekannt.
Potsdams Stadtentwicklung: "Mercure" eines der Hauptstreitpunkte
Doch klar ist schon jetzt: Die Vorschläge dürften für heftige Debatten sorgen, das „Mercure“ ist eines der Kernthemen bei der Diskussion um die Potsdamer Stadtentwicklung. Schon einmal hatte sich die Stadtspitze Chancen ausgerechnet, das Gebäude loszuwerden: Als Software-Milliardär Hasso Plattner das Mercure im Jahr 2012 kaufen, abreißen und stattdessen eine Kunsthalle errichten lassen wollte. Daraus wurde allerdings nichts, auch wegen heftiger Proteste von Potsdamern, die im Abriss des Hauses den Verlust eines Stückes DDR-Geschichte sehen. Auch die linke Opposition im Stadthaus ist vehement gegen einen Abriss.
Hintergrund des neuerlichen Vorstoßes sind die Ergebnisse der umstrittenen und rund eine halbe Million Euro teuren Lustgarten-Planungswerkstatt im vergangenen Jahr. Damals hatte keines der beteiligten sieben Architektenteams einen Entwurf unter Berücksichtigung des Ende der 1960er-Jahre errichteten Hotels erarbeitet. Favorisiert wurde schließlich das Konzept einer Berlin-Dortmunder Planungsgruppe – inklusive der darin vorgeschlagenen „Wiese des Volkes“ (PNN berichteten). Auf dessen Basis sind nun innerhalb der vergangenen Monate die Sanierungsziele für das Hotel-Areal erarbeitet worden. Das Hotel taucht dabei am Ende von insgesamt drei Realisierungsphasen nicht mehr auf.
Fernziel: "Kein Mercure mehr"
Werden diese Sanierungsziele von den Stadtverordneten bestätigt, gilt für das Mercure eine Art Veränderungssperre. Denn während das städtische Bauamt möglichen Anträgen auf Sanierung oder Umbauten derzeit stattgeben müsste, könnten solche Planungen mit dem festgeschriebenen Fernziel „kein Mercure mehr“ untersagt werden. „Falls das Hotel saniert werden soll und dafür Anträge gestellt werden, müssen wir handlungsfähig sein“, sagte ein Verfahrensbetrauter im Rathaus.
Das Kalkül: Das ohnehin seit Jahren nicht mehr erneuerte Hotel würde mit den Jahren zunehmend auf Verschleiß fahren, dadurch unrentabler und auch bei einem möglichen Verkauf an die Stadt preiswerter werden. Das Hotel war im Paket mit anderen Häusern im vergangenen Jahr offenbar an US-Investoren der Firma Starwood Capital veräußert worden.
Abrisskosten von vier Millionen Euro
Werden die Sanierungsziele beschlossen, könnte die Stadt Potsdam nach einigen Jahren dann die Übernahme anbieten, ein hoher einstelliger Millionenbetrag müsste dafür nach Einschätzung von Verfahrensbeteiligten kalkuliert werden. Hinzu kämen geschätzte Abrisskosten von vier Millionen Euro. Die Kosten müssen finanziert werden – hier käme der kommunale Sanierungsträger für die Mitte und dessen Einnahmen aus bisherigen Grundstücksverkäufen rund um den Alten Markt ins Spiel.
Die Krux: Diese Mittel können – wie auch die vom Land ausgereichten Fördermittel für die Mitte – nur zweckgebunden für bestimmte Sanierungszwecke verwendet werden. Die Aufsicht darüber hat das brandenburgische Infrastrukturministerium. Und das ist derzeit eher skeptisch, wie Sprecher Steffen Streu auf Anfrage deutlich machte: „Wir haben für Potsdam Mittel aus dem Programm ,Städtebaulicher Denkmalschutz’ zur Entwicklung der Alten Mitte bereitgestellt. Das Hotel spielt dabei aber keine Rolle.“
Weitere Entwicklung von Potsdams historischer Mitte
Der Fokus liege auf der Entwicklung der Plantage, den Restarbeiten rund um den Landtag, der Neugestaltung des Steubenplatzes und dem geplanten Abriss der Fachhochschule. Ein Gegenargument von Verfahrensverantwortlichen: Das Land habe weiland auch den Ankauf des Rechenzentrums finanziell unterstützt, warum sollte das beim Hotel nicht gehen?
Ebenso gebe es noch im südlichen und westlichen Teil des Lustgartens, also etwa am Bahndamm, noch Grundstücke im Besitz der Stadt Potsdam, die veräußert werden könnten. Auf diesen Arealen sieht der aus der Lustgarten-Werkstatt resultierende Plan eine Bebauung mit zum Beispiel preisgünstigen Hotels vor. Ebenso will sich die Stadt Potsdam, sollten die Sanierungsziele beschlossen werden, um weitere Fördermittel zur Neugestaltung des Areals bemühen – und um Spenden bei den Potsdamern werben. Vorstellbar wäre laut den Verantwortlichen sogar ein Förderverein für die „Wiese des Volkes“, die anstelle des Hotels entstehen soll.
Insgesamt sollen laut den Ergebnissen der Planungswerkstatt auf dieser zentralen Schneise vom Landtagsschloss bis zum Neptunbecken und auch daneben etliche Freizeitangebote integriert werden, unter anderem eine Skater-Anlage, eine Uferpromenade mit Sitzbänken sowie Cafés. Deutlich grüner soll auch das Areal ausfallen, auf dem jetzt die Stadtwerke-Feste stattfinden. Solche Veranstaltungen sollen auch nach der Neugestaltung noch möglich sein.
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