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Wo soll der Weg hin? Neben dem Schinkelspeicher (r.) soll ein Wohnhaus entstehen, das einem am Wasser verlaufenden Uferweg entgegenstünde. Das will die Stadt verhindern.
© Andreas Klaer

Potsdam: Wohnhaus oder Uferweg

Ein Bauprojekt in der historischen Speicherstadt beschert Potsdam den nächsten Uferwegstreit. Stadt will Veränderungssperre

Templiner Vorstadt - Nach den Querelen am Groß Glienicker See und am Griebnitzsee ist in Potsdam ein neuer Uferwegstreit ausgebrochen – diesmal in der historischen Speicherstadt. Konkret geht es um ein zweigeschossiges Wohnhaus, das ein privater Investor am südlichen Ende des Persiusplatzes neben dem historischen Schinkel-Speicher direkt an der Havel errichten will.

Weil das geplante Gebäude einen am Wasser verlaufenden Uferweg verhindern würde, hat die Stadt den Bauantrag bereits im April auf Eis gelegt und will nun von den Stadtverordneten eine Veränderungssperre beschließen lassen. Damit wäre das Bauprojekt für die Dauer von zunächst zwei Jahren eingefroren, das Kommunalparlament kann die Sperre allerdings nach deren Ablauf verlängern. Der Investor habe gegen die Zurückstellung des Bauantrags bereits geklagt, sagte Rathaussprecher Jan Brunzlow auf PNN-Anfrage. Es handelt sich nach PNN-Informationen um die Speicherstadt Potsdam Magazin 6 GmbH & Co. KG, hinter der als Gesellschafter die Speicherstadt Potsdam GmbH unter ihrem Geschäftsführer Dieter Franke steht. Franke war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Bauantrag lasse befürchten, dass die Ziele des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans durch das Projekt „wesentlich erschwert oder unmöglich“ gemacht würden, warnt die Stadtverwaltung in der Vorlage für die Stadtverordnetenversammlung. Das gelte „insbesondere“ für den Bau eines Fuß- und Radwegs in unmittelbarer Ufernähe. Denn laut Stadt plant der Investor vor dem Haus eine Terrassenanlage, „die teilweise als Steganlage in der Havel gegründet werden soll“ – daher soll die Veränderungssperre auch für die Wasserfläche im Uferbereich gelten. Doch auch in einem anderen Punkt weicht der Bauantrag von den Zielen des B-Plans ab: So wurde der Bau eines reinen Wohnhauses beantragt, obwohl die Vorgaben der Stadt zumindest für das Erdgeschoss eine öffentliche Nutzung vorsehen.

Weil sich das Baugeschehen in den letzten Jahren vor allem auf die mittlere Speicherstadt konzentriert hat und sich in absehbarer Zeit auch in der nördlichen Speicherstadt die Baukräne drehen sollen (siehe Kasten), sind die noch bestehenden Baurechte in der südlichen Speicherstadt etwas aus dem öffentlichen Blickfeld geraten. Tatsächlich gibt es noch drei: Neben dem strittigen Wohnhaus am Havelufer darf auch die Baulücke an der Leipziger Straße, zwischen dem historischen Persiusspeicher und den südlich davon gelegenen zwei Bestandsgebäuden, noch geschlossen werden. Auch dafür liege bereits ein Bauantrag vor, sagte Brunzlow. Für einen weiteren, vom Volumen her weitaus größeren Neubau, der direkt an das Gelände des Wasserwerks grenzen würde, gibt es derzeit offenbar noch keine konkreten Planungen.

Mit der geplanten Veränderungssperre wechselt die Stadt in ihrer Uferwegpolitik in der Speicherstadt wieder den Kurs. Wie berichtet hatte es aus den Reihen der Stadtverordneten massive Kritik daran gegeben, dass der Uferweg durch die mittlere Speicherstadt nicht – wie ursprünglich geplant und selbst in der damaligen städtebaulichen Rahmenvereinbarung zur Entwicklung des Areals festlegt – am Ufer entlang, sondern hinter den von der Berliner Groth-Gruppe errichteten Wohnhäusern verläuft. Die Stadt hatte dies damals unter anderem mit enormen Mehrkosten begründet, die ein direkt am Wasser verlaufender Weg nach sich zöge. Die „kritischen Diskussionen“ in der Öffentlichkeit und in der Stadtpolitik habe dazu geführt, dass die abschließende Entscheidung über den Verlauf des Uferwegs den Stadtverordneten vorbehalten bleiben soll, sagte Brunzlow.

Ohnehin hakt es mit dem Uferweg in diesem Bereich. Zwar ist der Weg durch die nördliche und mittlere Speicherstadt seit gut einem Jahr fertig und auch von Hermannswerder aus gelangt man entlang der Vorderkappe schon recht. Was noch fehlt, ist neben dem Weg vom Persiusplatz durch die historischen Speicher auch der Uferweg durch das Gelände des Wasserwerks der Stadtwerke-Tochter Energie und Wasser Potsdam GmbH. Jahrelange Querelen, nicht zuletzt wegen der Trinkwasserschutzzone in diesem Bereich, hatten den Bau des Wegs verzögert. Auch die Verhandlungen mit der EWP sind schwierig, weil der Energiekonzern EonEdis, der ein Drittel der Anteile an dem sonst kommunalen Unternehmen besitzt, sein Veto gegen einen Uferweg eingelegt und Nachverhandlungen gefordert hatte, weil das Grundstück durch den Bau des Uferwegs an Wert verliere.

Mit dem Land wird nach wie vor über eine Förderung des Projekts verhandelt, die aber nicht teurer als 600 000 Euro sein darf. Aus Sicht der Stadt ist das schwierig, weil entlang des Wegs wegen der Trinkwasserschutzzone besondere Sicherheitsmaßnahmen ergriffen werden müssen. Noch vor einem Jahr hatte die Stadt von einem Baustart frühestens im Jahr 2016 gesprochen – doch dürfte es wohl später werden: In der Liste der Radverkehrsprojekte für das kommende Jahr taucht das Vorhaben jedenfalls nicht auf.

Im Übrigen plagen die Stadt in der südlichen Speicherstadt noch andere Sorgen: Die von der Speicherstadt GmbH seit Jahren versprochene Tiefgarage unterhalb des Persiusplatzes, die von den Bewohnern der sanierten ehemaligen Kornspeicher genutzt werden soll. Eine Unternehmenssprecherin hatte zuletzt eine Eröffnung spätestens im August angekündigt – fertig ist sie noch immer nicht.

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