Potsdam: Wo Ärzte aus Kunstfehlern lernen
Das Klinikum „Ernst von Bergmann“ richtet im Wohnhaus seines Namensgebers ein Kongress- und Trainingszentrum ein. Ärzte üben ab April 2014 an Hightech-Puppen das Operieren
Berliner Vorstadt - „Suchen Sie sich einen schönen Traum aus – in einer halben Minute schlafen Sie.“ Der Anästhesist und Simulator-Trainer Holger Köth spricht mit der Puppe vor sich auf dem Operationstisch, als wäre es ein echter Patient, der unmittelbar vor einer Operation steht. Doch es ist kein Mensch, sondern eine 250 000 Euro teure Homo-Sapiens-Attrappe aus Plastik und Technik, die mit den Augen klappert und atmet, die antworten, auf die Gabe von Medikamenten regieren und spontan einen Herzstillstand erleiden kann, wenn es der medizinischen Weiterbildung dient.
Das Potsdamer Klinikum „Ernst von Bergmann“ richtet derzeit im ehemaligen Wohnhaus ihres berühmten Namensgebers eine Tagungs- und Weiterbildungsstätte ein. Am Montag präsentierten Klinikums-Geschäftsführer Steffen Grebner, der medizinische Geschäftsführer Hubertus Wenisch sowie die ärztliche Direktorin Ortrud Vargas Hein vor Journalisten die Pläne für die repräsentative Turmvilla mit der Adresse Berliner Straße 62. Operationsübungen an Hightech-Puppen wie die von Holger Köth sollen künftig der Weiterbildung des eigenen Personals, aber auch der Ärzte anderer Krankenhäuser dienen – schließlich wird es das erste medizinische Simulationszentrum im Land Brandenburg sein, erklärte die ärztliche Direktorin. Eröffnet werden soll es im April 2014. Insgesamt wird das Klinikum 1,8 Millionen Euro in die Tagungsstätte und das Simulationszentrum investieren, erklärte Grebner den PNN.
Vor allem kann in dem Simulationszentrum laut Ortrud Vargas Hein das Zwischenfall-Management bei Operationen, die Arbeit im Schockraum, wo ein ganzes Ärzteteam mehrfachverletzte Patienten behandelt, sowie lebensrettende Sofortmaßnahmen trainiert werden. Nach jeder „Operation“ an der lebensechten Puppe ist eine Feedback-Runde zur Auswertung vorgesehen.
Das Klinikum hat das ehemalige Wohnhaus des Charité-Chirurgen Ernst von Bergmann in diesem Jahr erworben, „für einen fairen Preis“, wie Grebner erklärte. Grundsteinlegung war im Jahr 1890; der in Riga geborene Sohn eines baltischen Pastors lebte in dem mit einer Grundfläche von 1350 Quadratmetern „relativ properen Einfamilienhaus“, wie Wenisch sagte, bis zu seinem Tod am 25. März 1907. Das Haus sei wegen seiner Größe, aber auch wegen des Bezuges zu dem Namensgeber des Klinikums interessant. Bergmann, Begründer der Asepsis – das keimfreie Operieren –, „war eine ganz große Nummer in der Chirurgie“, so Wenisch, der, wie er erklärte, derzeit an einer neuen Biografie über Bergmann schreibt. „Bergmann“, sagt Wenisch, „war zu seiner Zeit weltberühmt.“
Im Erdgeschoss plant das Klinikum einen Empfangsbereich mit Kaffeebar, einen Saal mit bis zu 50 Plätzen, zwei Seminarräume sowie ein Bergmann-Zimmer mit einer Büste des Chirurgen „und einem Bild in Öl überm Kamin“, so Wenisch. Im ersten Stock ist ein großer Konferenzsaal mit 190 Plätzen vorgesehen, dessen Einweihung im Frühsommer 2014 erfolgen soll. Dank einer Standleitung soll es dann möglich sein, direkte Livebilder aus den Operationssälen des Klinikums-Hauptgebäudes in die Säle zu übertragen. Grebner zufolge werde auch die Allgemeinheit Zugang zur Bergmann-Villa haben, da dort künftig auch die Montagsvorlesungen zu Gesundheitsthemen stattfinden sollen. Das Bergmann-Klinikum verbindet mit einer attraktiven Weiterbildungsstätte auch Vorteile bei der Anstellung von hochqualifiziertem, stark umworbenem Fachpersonal. Grebner: „Das Investment macht Sinn.“
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