Neuer Streit um Krampnitz: Wie viel eine Gift-Entfernung kosten darf
Stadt und Land streiten über Sanierung eines Umweltschadens im künftigen Wohnviertel Krampnitz
Krampnitz - Es geht um hochgiftige Lösungsmittel unter dem geplanten und ohnehin umstrittenen Stadtviertel in Krampnitz – und die pikante Frage, wie viel die Entfernung dieser krebserregenden Schadstoffe in Grundwassernähe denn kosten darf. Darüber sind die Stadt Potsdam und das Land Brandenburg nach PNN-Recherchen in Streit geraten. Das zuständige Land will für die Sanierung jedenfalls deutlich weniger Geld aufwenden als die Stadt das verlangt. Sogar juristische Auseinandersetzungen drohen.
Konkret geht es um die in den 1980ern errichtete Wäscherei im Nordwesten des damals von den Sowjetsoldaten genutzten Kasernengeländes. Dort wurde laut der Voruntersuchung der Stadt zum geplanten Stadtviertel für bis zu 3800 Menschen auch das chemische Reinigungsmittel Trichlorethen verwendet, dass Nierenkrebs auslösen und zu Hirnschäden führen kann. Rund 500 Liter dieses Stoffes sickerten zwischen 1987 und 1991, offenbar nach einer Havarie, in den Boden von Krampnitz, „was heute den größten Umweltschaden des Geländes darstellt“, heißt es in der Voruntersuchung. Demnach habe bereits 1996 ein Gutachter im Auftrag des Bundesvermögensamtes die Sanierung dieses Bereiches für zwingend gehalten, auch wegen des Grundwassers in der Nähe. In der Voruntersuchung heißt es zudem, ein weiteres Gutachten von 2011 – inzwischen hatte das Land das Areal vom Bund übernommen – geht von rund 3,5 Millionen Euro Bruttokosten für die Sanierung aus.
Und hier beginnt der Streit. In ihrem Quartalsbericht zur Krampnitz-Entwicklung schreibt die Potsdamer Bauverwaltung, im Hinblick auf die bestehende Belastung des Grundwasserabstroms in dem Gebiet der Wäscherei sei eine Sanierungsanordnung erlassen worden, die „das Land Brandenburg als derzeitigen Eigentümer trifft“. Gegen die Anordnung sei ein Widerspruchsverfahren anhängig, mit einer „weiteren rechtlichen Auseinandersetzung“ zu Art und Umfang der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen sei zu rechnen, so die Bauverwaltung. Nach PNN-Informationen will das Land konkret nur für die Bedrohung des Grundwassers langfristige Sanierungsmaßnahmen ergreifen, nicht aber die sogenannten Schadstoffkerne im Boden. Demnach wolle das Land nur rund 1,8 Millionen Euro aufwenden, die Stadt und der über die städtische Bauholding Pro Potsdam zuständige kommunale Entwicklungsträger gehen dagegen von 4,5 Millionen Euro Kosten aus, hieß es von Rathausseite hinter vorgehaltener Hand. Weiter hieß es, dass die Stadt ihre Anordnung zur sofortigen Vorlage eines Sanierungsplans bereits im März erlassen habe und das Land fristgerecht Widerspruch eingelegt habe. Ein Sprecher des von Christian Görke (Linke) geführten Finanzministeriums sagte auf Anfrage, „das Land geht davon aus, ein gleiches Sanierungsziel zu erreichen, dies allerdings zu einem geringeren wirtschaftlichen Aufwand“. Details nannten beide Seiten aufgrund des laufenden Verfahrens nicht.
Auch bei einem anderen Streit im Tauziehen um den geplanten Stadtteil wird auf eine Entscheidung gewartet. Am 30. Juni ist ein nächster Gerichtstermin am Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) angesetzt. Dabei geht es um die Klage von Anliegern aus Krampnitz gegen die von der Stadt Potsdam erlassene Entwicklungssatzung, die die Rahmenbedingungen für das künftige Wohngebiet vorgeben soll. Die Kläger, unter ihnen Bauern, sehen ihre Existenz bedroht, weil sie auf Flächen verzichten müssen und aus ihrer Sicht nur eine unzureichende Entschädigung dafür erhalten. Ebenso geht die private TG Potsdam-Gesellschaft gegen die Satzung vor – also jenes Firmengeflecht, das die frühere Kaserne vor Jahren unter dubiosen Umständen wiederum vom Land Brandenburg gekauft hatte (PNN berichteten). Die parallel laufenden Vergleichsverhandlungen zwischen der TG sowie der Stadt und ihrem kommunalen Entwicklungsträger für Krampnitz, einer Tochter der Bauholding Pro Potsdam, seien derzeit ausgesetzt worden, teilte die Bauverwaltung mit. Hinter vorgehaltener Hand hieß es, im Prinzip seien die Verhandlungen mit der TG gescheitert.
Die Bauverwaltung erklärte weiter, zugleich habe die TG die Sicherung eines der wertvollsten Gebäude auf dem Gelände, das Fähnrichsheim, inzwischen weitgehend abgeschlossen. Auch zu diesen Arbeiten sei aber noch kein Vertrag mit der Stadt Potsdam zustandegekommen, wie es hieß.
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