Wintereinbruch in Brandenburg: Wie Potsdam Schnee und Kälte trotzt
250 Einsatzkräfte beim Winterdienst, mehr als 100 Notbetten für Obdachlose – und Rodelberg-Kontrollen: Das erste heftige Winterwetter seit Jahren stellt die Stadt Potsdam vor Herausforderungen
Potsdam - Nach einigen Wintern fast ohne Eis und Schnee erleben die Potsdamer diese Woche das Gegenteil: Temperaturen weit unter dem Gefrierpunkt, allein am Montag mehr als zehn Zentimeter Neuschnee – und in den nächsten Tagen die Aussicht auf Nachtwerte unter zehn Grad minus. Die PNN geben einen Überblick, was das Winterwetter für die Stadt bedeutet.
Wie ist die Lage auf den Straßen?
Winterlich – und auch mal rutschig. Doch der „überwiegende Teil der Autofahrer ist auf die Straßenverhältnisse eingestellt und fährt entsprechend vorsichtig“, sagte ein Sprecher der Potsdamer Polizei. Einzelne Unfälle gab es aber: Am Montagmorgen stießen zwei Autos am Nauener Tor zusammen, es entstand 11.000 Euro Sachschaden. Insgesamt sind laut Step 250 Einsatzkräfte im Winterdienst, pro Einsatz sind dabei bis zu 130 Fahrzeuge unterwegs. Durch die eisigen Temperaturen könnten Salz und Sole ihre Wirkung allerdings nicht vollends entfalten, dies sei nur bis etwa acht Grad minus möglich. „Daher sind die Straßen momentan – trotz Beräumung – nicht immer komplett bis auf den Asphalt frei“, teilte die Stadtentsorgung (Step) mit. Auch die windbedingten Schneeverwehungen erschwerten die Arbeit. Kritik übte die Potsdamer Landtagsabgeordnete Marie Schäffer (Grüne): Sie fragte via Twitter, warum etwa vor der Post in der Straße Am Kanal der Schnee von der Autofahrbahn auf den dortigen Radstreifen geschoben werde. Das mache das Radfahren gefährlich und entspreche nicht der Winterdienstsatzung, die freie Radwege vorsehe. Das Rathaus twitterte, man werde das mit der anteilig kommunalen Step klären.
Gibt es wetterbedingte Einschränkungen im öffentlichen Nahverkehr?
Ja. So sorgte am Montag eine vor dem Bildungsforum am Platz der Einheit entgleiste Straßenbahn für Behinderungen, in Richtung Babelsberg und Glienicker Brücke wurde laut Verkehrsbetrieb (ViP) zeitweise ein Schienenersatzverkehr eingerichtet. Ursache war laut ViP eine durch Eisstücke blockierte Weiche. Bereits am Sonntag hatte der ViP Störungen bei der Fähre Hermannswerder und den Tramlinien 92 und 96 gemeldet.
Welche Probleme hat die Müllabfuhr?
Diverse. Bereits um 11 Uhr meldete die Step via Twitter: „Aufgrund der Wetterlage kommt es aktuell zu Einschränkungen und Teilausfällen bei der Müllabfuhr, besonders in Straßen mit einem Gefälle. Die Abfuhr wird schnellstmöglich nachgeholt, soweit es die Witterungsverhältnisse zulassen.“ Die Stadtverwaltung teilte mit, dass nun die Gefahr bestehe, dass feuchte Küchen- und Gartenabfälle in der Biotonne festfrieren. Passiert das, muss die Müllabfuhr die Tonne ungeleert stehen lassen. Als Gegenmaßnahme empfiehlt das Rathaus, den Biomüll auf dem Balkon oder im Garten vorzufrosten und möglichst in Zeitungspapier einzuwickeln. Auch Eierkartons oder Äste könnten ein Festfrieren des Mülls verhindern.
Sind vermehrt Rohrbrüche zu erwarten?
Zunächst nicht, sagte ein Sprecher der Stadtwerke: „Das ist in der Regel ein Problem, das erst in Tauphasen auftritt.“ Investitionen hätten aber dafür gesorgt, dass Rohrbrüche „heute deutlich seltener als zu früheren Zeiten auftreten“. Unterbrochen wurden am Montag Straßenbauarbeiten, etwa am Leipziger Dreieck.
Wie geht man im Obdachlosenheim mit der Kälte und Corona um?
Für obdachlose Potsdamer ist die Kälte lebensbedrohlich, vor allem nachts. Bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo) gilt daher nach Vereinbarung mit der Stadtverwaltung die Devise: „Keiner wird abgewiesen, wir nehmen jeden auf.“ Awo-Chefin Angela Schweers sagt: „Wichtig ist, dass niemand auf der Straße erfriert.“ Die Awo betreibt in der Landeshauptstadt drei Unterkünfte für Obdachlose, die größte davon ist das Wohnheim am Lerchensteig mit insgesamt 131 Plätzen, alles Einzelzimmer. Man sei „gut belegt“, sagt Schweers, aber Platz sei dennoch: Zur Not würden Aufenthaltsräume, die Cafeteria oder andere Zimmer so hergerichtet, dass hier weitere Hilfesuchende übernachten können. Alle Neuankömmlinge würden auf Corona getestet, außerhalb der Zimmer gilt Maskenpflicht. Zu Corona-Fällen sei es bislang in keiner der Awo-Einrichtungen gekommen.
Dass es zu so einem langen und extremen Kälteeinbruch kommt, habe viele überrascht, sagte Schweers: „Viele Wohnungslose müssen sich jetzt umstellen, das löst natürlich viel Stress aus.“ Um die Unterkünfte zu entlasten, vermittelt die Potsdamer Stadtverwaltung zusätzliche Plätze. „ Aktuell haben wir an verschiedenen Standorten mehr als 100 zusätzliche Betten in Pensionen und Gästehäusern angemietet“, sagte eine Rathaussprecherin. Darüber hinaus seien rund zehn bis 15 Personen bekannt, die aktuell täglich das Angebot eines Schlafplatzes bekommen, dieses aber ablehnten. „Sie werden mit warmen Getränken, Decken und Schlafsäcken versorgt.“
Machen Frost und strenge Kälte in den Schlossparks Probleme?
Nein, sagt der Sprecher der für die Welterbeparks zuständigen Schlösserstiftung, Frank Kallensee. Denn die hier gepflanzten Gehölze seien ja gerade für kontinentales Klima mit Wintern gerüstet – die Besonderheit der vergangenen Jahre sei eher gewesen, dass das Winterwetter weitgehend ausfiel. Tatsächlich ist in Potsdam zuletzt Ende 2014 eine Schneedecke mit mehr als zehn Zentimetern Höhe registriert worden, wie Zahlen des Deutschen Wetterdienstes zeigen. Seit dem Winter 2017, wo noch einmal Mitte Januar bis zu neun Zentimeter Neuschnee fielen, hatte es dann keine größeren Schneefälle über der Stadt gegeben – bis zu diesem Februar. Der meiste Schnee der vergangenen 20 Jahre fiel im Dezember 2010 mit bis zu 41 Zentimetern Schneehöhe, im März 1970 wurden sogar einmal 70 Zentimeter gemessen.
Besucher der Parks sollten laut Sprecher Kallensee darauf achten, dass nur auf den Hauptwegen Eis und Schnee geräumt werde. Ferner verwies der Sprecher auf das im Park Sanssouci, im Neuen Garten und im Babelsberger Park geltende Rodelverbot hin, was man mit den eigenen Sicherheitskräften auch durchzusetzen versuche. Durch das Rodeln würden Böden erodiert, was auch vor Ort die Biotope schädige. Zudem bestehe bei zu schnellen Fahrten Verletzungsgefahr.
Wann friert der Heilige See zu?
Ein paar Tage dürfte das noch dauern. Derzeit ist das Gewässer, das im gefrorenen Zustand in der Vergangenheit stets viele Besucher anzog, nur leicht überfroren, es gibt keine geschlossene Eisdecke. Das könnte sich ändern: Bis mindestens zum Wochenende werden in den Nächten Temperaturen bis zu minus 13 Grad erwartet, auch tagsüber bleiben die Werte deutlich unter dem Gefrierpunkt. Sollte der See zufrieren, wird auch dort wegen der Pandemie das Ordnungsamt kontrollieren. Bei Kontrollen an den Rodelbergen hätten sich Besucher überwiegend an die Corona-Regeln gehalten, Bußgeldverfahren seien nicht eingeleitet worden, so das Rathaus auf PNN-Anfrage.
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