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Potsdam: „Wichtiger Schritt zur Einübung von Freiheit“

„Aufruf von Potsdam“ zum Wiederaufbau der Garnisonkirche in der Villa Arnim offiziell verabschiedet

„Aufruf von Potsdam“ zum Wiederaufbau der Garnisonkirche in der Villa Arnim offiziell verabschiedet Von Michael Erbach Das war der wohl bewegendste Moment des Abends: Ein kleiner, schmächtiger Mann geht zum Pult und verliest den „Ruf aus Potsdam“ zum Wiederaufbau der Garnisonkirche. Gebhard Falk war 40 Jahre alt, als am 26. April 1968 die Potsdamer Stadtverordnetenversammlung der Sprengung der Garnisonkirche zustimmte. Falk war einer der vier Stadtverordneten, die dagegen stimmten. Mehr noch: Der LDPD-Abgeordnete nutzte das Rederecht, das ihm als Vorsitzender der Kulturkommission nicht verwehrt werden konnte, und sprach sich vor allen im Saal gegen diesen „Akt der Barbarei“ aus. Minutenlanger Beifall am Donnerstag Abend, als Falk – der mit leister, fester und auch bewegter Stimme spricht – den Aufruf verlesen hat. Die Villa Arnim, Sitz des Industrieclubs Potsdam, der die Initiative für die weltweite Spendenaktion zugunsten des Wiederaufbaus der Garnisonkirche übernommen hat, ist überfüllt. Hans P. Rheinheimer, Vorstandsvorsitzender des Industrieclubs, konstatiert, „dass mehr Leute gekommen sind, als wir eingeladen haben“. Er habe sogar einige Persönlichkeiten bitten müssen, nicht zu kommen. So groß ist der Andrang, so groß die Euphorie. Die Schirmherren der „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“, Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und Landesbischof Wolfgang Huber, finden beinahe mühelos die richtigen Worte. Platzeck versteht die Spendenaktion als wichtigen Beitrag dafür, „dass die Stadt sich wieder findet – baulich und geistig“. Schönbohm lobt die Traditionsgemeinschaft Potsdamer Glockenspiel, die „bereit war, das Geschenk der Einheit anzunehmen und der Stadt das Herz wiederzugeben“, weist aber auch auf die Schwere der Aufgabe hin: „Die Idee ist gut. Wenn die Aufgabe leichter wäre, könnten es andere machen.“ Huber begrüßt den Tag als „wichtigen Schritt zur Einübung von Freiheit“, denn „nur eine Stadt mit einer tief begründeten Identität und einer wachen kritischen Öffentlichkeit vermag sich gegen Fremdbestimmungen und Wahnvorstellungen zur Wehr zu setzen“. Stadthistoriker Hartmut Knitter war der Einzige, der sich an diesem Abend nicht an das Reglement hielt. Statt der vereinbarten fünf Minuten erzählte er eine Viertelstunde über die Garnisonkirche, zeigte historische Aufnahmen, die auch den 21. März 1933, jenen verhängnisvollen „Tag von Potsdam“, und den Juni 1968 nicht ausschließen, als die Ruine der Kirche dem SED-Sprengkommando zum Opfer fiel. Dann der Weg in den Nebenraum, wo die Anwesenden den „Ruf von Potsdam“ unterzeichnen. Mit dabei auch der frühere Justizminister Hans Otto Bräutigam, die Intendantin des RBB, Dagmar Reim, die Minister Ulrich Junghanns und Dagmar Ziegler, der frühere Generaldirektor der Schlösserstiftung, Hans-Joachim Giersberg, Oberbürgermeister Jann Jakobs, Günther Jauch, Stadtverordnete, viele Potsdamer Persönlichkeiten und manch Potsdam-Bewunderer aus anderen Gegenden. Rheinheimer bleibt es vorbehalten, bei aller Freude den Blick auf die Arbeit zu lenken. Denn am 14. April 2005 soll bereits der Grundstein für die neue Garnisonkirche gelegt werden. Oberbürgermeister Jann Jakobs: „Wir wollen nicht warten, bis die 50 Millionen Euro auf unserem Konto sind“. Wie der Industrieclub-Chef erläutert, wird die „Stiftung Garnisonkirche Potsdam“ Leitlinien und die Nutzung der Kirche festlegen, zugleich Bauherr und Eigentümer der Kirche sein. Die Stiftung wird von einer in Gründung befindlichen Fördergesellschaft unterstützt. Diese wird zum operativen Arm des Wiederaufbaus, Hauptaufgabe wird das Einwerben von Spendenmitteln sein. Eine noch zu gründende Baugesellschaft, an der Stiftung und Fördergesellschaft paritätisch beteiligt sein sollen, wird die technische Ausführung übernehmen. Diese nüchtern vorgetragenen Fakten wurden von Rheinheimer bereits mit konkreten Namen von Personen und Unternehmen untersetzt, die sich zum Mitmachen bereit erklärt haben. Der Industrieclub-Chef schaute auch immer wieder mal einem Anwesenden ganz direkt in die Augen, wenn er bestimmte Aufgaben benannte, Wünsche äußerte Sicher war der Abend auch gezielt organisiert, um möglichst viele der Prominenten sofort in die große Aufgabe einzubinden. Günther Jauch, der schon viele Millionen für Potsdam spendete und bewegte, konnte aber gegen 22 Uhr im Gewühl des Saals sagen, dass er bis dahin noch nicht direkt angesprochen worden war. Aber ist er denn bereit zu helfen? „Na klar, ich bin doch ein braver Junge.“ Spendenkonten: Kontoinhaber: Stadt Potsdam, Mittelbrandenburgische Sparkasse, Kontonummer: 350 2221 536, Bankleitzahl: 160 500 00, Verwendungszweck: Garnisonkirche HHSt. 36101.36700; Kontoinhaber: Evangelischer Kirchenkreis Potsdam, Mittelbrandenburgische Sparkasse, Kontonummer: 350 3011 888, Bankleitzahl: 160 500 00, Verwendungszweck: Wiederaufbau Garnisonkirche

Michael Erbach

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