Bürgerstiftung hat Großes vor in Potsdam: Vom Mehrwegbecher bis zur Freiluftbühne
Die Bürgerstiftung macht sich für die Freiluftbühne auf der Freundschaftsinsel stark. Aber nicht nur das: Ein erstes "Bürgermobil" ist angeschafft und fährt durch Potsdam.
Potsdam - Sie ist klein, hat schon einiges geschafft – und noch Großes vor: Zu den wichtigsten aktuellen Vorhaben der 2011 gegründeten Potsdamer Bürgerstiftung zählt die Erhaltung der Freiluftbühne auf der Freundschaftsinsel. Das „Inselkino“ soll ein Veranstaltungsort nach dem Open-Stage-Konzept werden – ausschließlich für nicht-kommerzielle Auftritte von Schülertheatern, Laienchören oder Integrationstheatern, sagten Vertreter der Bürgerstiftung am Samstag den PNN.
Es sei sinnvoll, die 1973 eröffnete Bühne zu erhalten, meint der Potsdamer Theaterregisseur Kaspar von Erffa, der sich in der Stiftung engagiert. Viele Bewohner hätten Erinnerungen an diesen Ort. Zuletzt war die 500 Zuschauer fassende Bühne im Sommer 2012 für Kinoabende genutzt worden, seither liegt sie brach. Im vergangenen September wurde bekannt, dass die Stadt das Gebäude abreißen lassen wollte, sofort meldete die Bürgerstiftung Widerspruch an.
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„Um die Bühne zu modernisieren, sollten wir zu einem ,Subbotnik’ aufrufen”, so der Regisseur. Im Sprachgebrauch der DDR bedeutete Subbotnik einen unbezahlten Arbeitseinsatz, von Erffa will mit einem neuen Subbotnik zu einer Spendensammlung aufrufen. Er ist optimistisch. Es gebe „so viel Rückenwind für die Erhaltung der Bühne”: aus der Stadtpolitik, von Potsdamer Kulturschaffenden und der brandenburgischen Kulturministerin Manja Schüle (SPD).
Treffen mit der Verwaltung im Herbst geplant
Im Herbst sei ein Treffen mit Vertretern aller Ämter der Verwaltung vorgesehen, in deren Zuständigkeit das Projekt falle. Die PNN erreichten die Stiftungsvorsitzende und Juristin Marie-Luise Glahr während ihres Urlaubs in Südfrankreich. Sie weiß um die Hürden, die noch zu überwinden sind: „Die Bühne auf der Freundschaftsinsel ist ein sehr dickes Brett, das wir beharrlich bohren.”
Einige der aktiven Unterstützer, der Regisseur von Erffa, der Mitarbeiter im brandenburgischen Sozialministerium Mirko Seffzig sowie Projektmanagerin Ingrid Klingenstein, berichteten im „Klosterkeller” an der Friedrich-Ebert-Straße, der ältesten Potsdamer Gaststätte, von ihrer Arbeit. Christopher Weiß, Geschäftsführer der Berliner Architekten- und Projektentwicklungsgesellschaft Glockenweiß und neuer Eigentümer der Immobilie, will in dem Gebäude Wohnungen einrichten. Er zeigte sich großzügig und überließ der Bürgerstiftung die 275 Jahre alte Traditionsgaststätte mit dem Kreuzkappengewölbe kostenlos. Wo einst der Legende nach der spätere Preußenkönig Friedrich II. als Kronprinz dinierte, ganz sicher aber Ufa-Stars wie Hans Albers, Heinz Rühmann und Marlene Dietrich einkehrten, hat die Stiftung bis Ende Januar kommenden Jahres ein Zuhause. Dann beginnen die Bauarbeiten.
Crowdfunding für Fahrrad-Rikschas
Vor dem „Klosterkeller” stehen zwei Fahrrad-Rikschas. Eine hat die Stiftung im Rahmen ihres Projekts „Bürgermobil” für 9000 Euro angeschafft und über Crowdfunding Spenden dafür zusammengetrieben. Für eine zweite wird schon gesammelt. Mit den in Asien weit verbreiteten zweirädrigen Gefährten sollen aber keinesfalls Touristen kutschiert werden. Ministeriums-Mann Seffzig hat schon viel geübt, um „Potsdamer mit eingeschränkter Mobilität” sicher zu transportieren. So strampelte er kürzlich, unterstützt von einem Elektromotor, mit einer 78 Jahre alten Frau vom Emmaus-Seniorenwohnheim zu Stauden-Foerster und zurück, die alte Dame kaufte dort Pflanzen für den Gemeinschaftsgarten und verstaute sie im Gepäckabteil. „Sie war sehr glücklich”, erzählte Seffzig, „man kann sich ja vorstellen, wie schön es ist, nach langer Zeit mal wieder etwas Fahrtwind zu spüren”.
In Deutschlands Kommunen sind knapp 300 Bürgerstiftungen eingetragen, sie verpflichten sich zur Gemeinnützigkeit, sind wirtschaftlich und politisch unabhängig und konfessionell ungebunden. Sie sammeln für Projekte, die ihre Mitglieder oder die Bürger vorschlagen – und wollen so gesellschaftliches Engagement fördern.
Die Potsdamer Stiftung, die mit einem Kapital von 15.000 Euro begann, zählt zu den kleineren. „Wir machen nach außen einen guten Eindruck”, sagt die Vorsitzende Glahr, „aber kaum jemand kommt auf die Idee, dass wir für das, was wir vorhaben, Geld brauchen, weil eine Stiftung ja keine beitragszahlenden Mitglieder hat”. Sie selbst arbeite „seit sechs Jahren hauptberuflich ehrenamtlich”. Die finanzielle Lage sei oft schwierig: „Wenn wir mit einem Flyer werben wollen, kostet das rund 500 Euro, und wir wissen oft nicht, woher wir das Geld nehmen sollen. Bald müssen wir uns ja auch die Miete für neue Räume leisten können.” Sie hoffe, künftig von Erbschaften zu profitieren, wie es der Bürgerstiftung in Dresden gelungen sei. Einmal allerdings bedachte eine Potsdamer Familie die Stiftung schon. Nach dem Tod einer Angehörigen hatte sie bei der Beerdigung um eine Geldspende für die Stiftung statt Blumen gebeten. Rund 800 Euro kamen zusammen – und flossen in den Kauf der Rikscha.
Ihren Optimismus hat die Frontfrau nicht verloren. „Wir sind die Rumpelstilzchen-Stiftung”, sagt Glahr, „wir machen aus Stroh Gold.” Tatsächlich gelingt das oft: Von den wiederverwendbaren Ökobechern der stiftungseigenen Marke „PotsPresso” sind rund 6000 zum Pfandpreis von zwei Euro im Umlauf, sie werden in etwa 60 Potsdamer Bäckereien, Cafés und Kantinen angeboten. Vergriffen sind 500 Exemplare der ersten Auflage des Buchs „Angekommen in Potsdam”, in dem Migranten ihre persönliche Geschichte der Flucht aus ihrem Heimatland erzählen.
„Die Toleranz ist Teil der Potsdamer DNA”, sagt der Regisseur von Erffa im „Klosterkeller”. Das drückt sich vor Weihnachten an den Herden der Suppenküche der Volkssolidarität aus. Bereits zum fünften Mal, berichtet die Vorsitzende Glahr, kochten 15 Geflüchtete voriges Jahr für die Gäste der Suppenküche und die Potsdamer Tafel. Es gab vornehmlich arabische Gerichte wie Kibbeh, mit Hackfleisch gefüllte Bulgurklöschen und Bakhlawa, eine orientalische Süßspeisen-Köstlichkeit. „Es war so viel, dass sich die Tische bogen, und es hat allen unglaublich Spaß gemacht”, sagt Glahr.
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