Enttäuschung bei der Potsdamer Wirtschaft: Viel Kritik am Kompromiss zu Schulen
Die rot-grün-rote Rathauskooperation in Potsdam hat ihren Schulstreit beigelegt. Der Preis: Vor allem die geplante Verlegung des Oberstufenzentrums für Technik sorgt für Kritik, gerade aus der Wirtschaft.
Potsdam - Nach dem gefundenen Kompromiss im Dauerstreit um neue Schulen für Potsdams Norden gibt es viel Kritik. So erklärte der CDU-Bildungsexperte Clemens Viehrig, er freue sich, dass nun alle in der rot-grün-roten Rathauskooperation den Wert eines Gymnasiums erkannt hätten. „Als CDU können wir nun einen weiteren Haken an unserem Kommunalwahlprogramm machen.“ Seit Jahren habe die Union schon ein Gymnasium im Norden gefordert. Allerdings führe der Kompromiss dazu, dass das Oberstufenzentrum (OSZ) 1 zugunsten der Gesamtschule „Am Schloss“ filetiert werden. „Unter der verkündeten Stärkung der beruflichen Bildung stelle ich mir etwas anderes vor“, monierte Viehrig.
Wie berichtet hatte sich die Kooperation nach langem Hin und Her darauf verständigt, dass am Standort Pappelallee ein Gymnasium errichtet wird – und die schon bestehende Gesamtschule „Am Schloss“ statt im umstrittenen Entwicklungsgebiet Krampnitz einen neuen Platz im OSZ 1 findet, schon ab Mitte 2022. Dessen Bildungsgänge sollen in umliegende OSZ verteilt werden.
Ärger bei der Handwerkskammer
Dies komme einer Auflösung des auf Technik spezialisierten OSZ gleich, kritisierte der Landeslehrerverband beruflicher Schulen. Dessen Vorsitzender Thomas Pehle sagte, ihm sei es unverständlich, warum das OSZ nicht wenigstens an einen neuen zukunftssicheren Standort verlagert werde. Auch der Präsident der Handwerkskammer, Ralph Büring, zeigte sich enttäuscht – schon weil nun teure Fachkabinette vor Ort abgewickelt werden müssten. Die anderen OSZ in Potsdam seien selbst sanierungsbedürftig und räumlich nicht der Lage, die erforderlichen Kapazitäten abzudecken. Damit verabschiede sich Potsdam aus einem wichtigen Zweig der beruflichen Bildung – und das in Zeiten des Fachkräftemangels, kritisierte Büring. Von der Industrie- und Handelskammer hieß es, man nehme die Stadt nun beim Wort: „Der theoretische Teil der Berufsausbildung muss schließlich nach dem Gesetz von der zuständigen Kommune abgesichert werden.“ Diese müsse für die Kapazitäten, die Erreichbarkeit und die technische Ausstattung sorgen.
Die Rathauskooperation warb hingegen in einer Mitteilung auch bei der Opposition im Stadthaus um Zustimmung – am nächsten Mittwoch ist die entscheidende Sitzung im Stadtparlament geplant. So betonte Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg, man wolle den Verbleib der beruflichen Bildungsgänge in Potsdam sichern.
Gerade Linke und Grüne hatten sich lange gegen das Gymnasium an der Pappelallee gesperrt, auch mit Verweis auf den gemeinsamen Kooperationsvertrag, in dem sich das Bündnis eigentlich verpflichtet hatte, einzig noch neue Gesamtschulen zu bauen. Davon war jetzt keine Rede mehr. Und SPD-Fraktionschef Daniel Keller merkte in Richtung seiner Partner an: Schüler:innen hätten nun die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie den Weg ab der 7. Klasse auf einer Gesamtschule oder einem Gymnasium fortsetzen werden. „Diese ganz persönliche Entscheidung sollte niemand in der Stadtverordnetenversammlung per Verknappung von Gymnasialplätzen am Willen der Potsdamer Eltern sowie der Schülerinnen und Schüler vorbei beschließen.“ Solche politische Bevormundung lehne die SPD ab, sagte Keller auch mit Verweis auf das Landesschulgesetz.
Wiebke Bartelt von den Grünen meinte hingegen: "Ich begrüße es sehr, dass mit der nun gefundenen Variante die bestehende Gesamtschule und der Gymnasialbedarf nicht länger gegeneinander ausgespielt werden." Gerade die Grünen hatte auch vehement gegen ein Gymnasium an der Pappelallee argumentiert.
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