Muslime in Potsdam: Vergebliche Suche nach neuer Moschee in Potsdam
Die Suche nach einem Platz für ein islamisches Gemeindezentrum in Potsdam bleibt schwierig. Noch ist deshalb unklar, wie lange die Orangerie in der Biosphäre für die Freitagsgebete genutzt wird. Die AfD versucht, von der Lage zu profitieren.
Bornstedter Feld - Bei der Suche nach einem Standort für ein islamisches Gemeindezentrum in Potsdam zeichnet sich keine Lösung ab. „Es gibt leider noch nichts Neues“, sagte am Freitag der Imam des Vereins der Muslime in Potsdam, Kamal Abdallah, den PNN. Rathaussprecher Jan Brunzlow sagte, es sei daher noch nicht klar, wie lange die Stadtverwaltung die kommunale Biosphäre als Standort für die Freitagsgebete des Vereins zur Verfügung stellt. „Ein Ende ist derzeit nicht absehbar“, sagte Brunzlow.
Viele Muslime mussten im Herbst auf dem Gehweg beten
Neu ist seit Freitag: Es gibt wieder Protest gegen das Gebet. Die rechtspopulistische AfD hatte einen Infostand auf dem Fußweg gegenüber der Biosphäre platziert. Das Motto: „Der Islam gehört nicht zu Deutschland.“ Der Referent für Wirtschaft in der AfD-Landtagsfraktion, Steffen Kotré, sagte, Anlass für den Stand sei die Tatsache, dass der Stadt pro Gebet 1500 Euro Kosten entstehen. „Das will ich als Steuerzahlerin nicht ausgeben“, sagte Mathilda Huss, Besitzerin der bekannten Villa Adlon in Neu Fahrland, die den AfD-Stand unterstützte. Kotré ergänzte, der Islam-Verein habe selbst für Räumlichkeiten zu sorgen.
Die Gemeinde betreibt die Al Farouk-Moschee in der Ladenzeile Am Kanal. Weil die Zahl der Gemeindemitglieder mit der Flüchtlingskrise stark gestiegen ist, mussten im vergangenen Jahr viele Muslime vor der kleinen Moschee auf dem Gehweg beten. Auch dagegen hatte die AfD damals protestiert – als Notlösung hatte die Stadt ab Herbst den unregelmäßig genutzten Veranstaltungssaal der Biosphäre angeboten.
Für die Stadt Potsdam fehlt Rechtsgrundlage
Doch seitdem steckt die Rathausspitze in einem Dilemma. Nicht nur, dass die Zahl der für eine Moschee geeigneten Gebäude in der schnell wachsenden Landeshauptstadt klein ist. Es gibt auch prinzipielle Bedenken gegen eine Förderung des Vereins der Muslime – weil eine Rechtsgrundlage fehlt. Demnach würde die Stadt gegen das Neutralitätsgebot im Grundgesetz verstoßen, wenn sie einen einzelnen Moschee-Verein finanziell unterstützen würde – so zumindest die Einschätzung im Rathaus. Auch das Land fällt derzeit als Förderer aus. Um vom Land Geld zu erhalten, müssten die Muslime erst nach dem Vorbild der Kirchen einen Landesverband gründen und könnten dann mit Brandenburg einen Staatsvertrag abschließen und daraus Vergünstigungen ableiten. Zugleich hatte das Rathaus zuletzt – auch auf AfD-Anfrage – erklärt, für die Gebete in der Biosphäre seien jeweils 1500 Euro angefallen, etwa für die Miete des kommunalen Hauses, aber auch für die Reinigung danach. 2016 seien 13 Gebete mit jeweils rund 400 Teilnehmern veranstaltet worden. Das entspricht einer Summe von 19 500 Euro. Diese Kosten seien „zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie zum Schutz der Gesundheit der Betenden“ nötig gewesen, hatte das Sozialdezernat mitgeteilt – also ausdrücklich keine religiösen Zwecke benannt.
Gleichwohl ist im Rathaus Konsens, dass dies keine dauerhafte Lösung sein kann. Inzwischen werden nach PNN-Informationen auch Lösungsmodelle anderer Städte untersucht, die ähnliche Probleme hatten. Klar ist dabei: Ohne Debatten geht es kaum. In der thüringischen Landeshauptstadt Erfurt beispielsweise laufen Islam-Gegner seit Monaten Sturm gegen eine Moschee, die die islamische und deutschlandweit aktive Ahmadiyya-Gemeinde bauen will – samt einem Minarett.
Auch am Stand der AfD zeigte sich am Freitag, wie sehr das Thema polarisieren kann. Die AfD hatte von Sorgen gesprochen, die wegen „des massierten Auftretens der Muslime im Umfeld der Biosphäre“ geäußert worden seien, etwa von „besorgten Eltern“. Eine davon ist auch Mathilda Huss, wie sie sagte. Ihre Kinder sollen in die neue Grundschule gegenüber der Biosphäre eingeschult werden. Inzwischen gäbe es Eltern, die an Freitagen in den Trams, mit denen die Muslime zum Gebet fahren, nach dem Rechten sehen würden. Passiert sei freilich nichts. Doch sei die Sorge berechtigt, meint Huss: „Angst ist ein guter Berater.“ AfD-Sprecher Herbert Heider sagte: „Wir wissen von Konferenzen, in denen diese Sorgen thematisiert wurden“, und warnte sogar vor einer Eskalation.
Kaum Beschwerden im Bornstedter Feld
Doch im Bornstedter Feld sind die vermeintlichen Sorgen über die Freitagsgebete nicht bekannt. „Es hat keinerlei Beschwerden gegeben“, sagte Matthias Finken, Chef der gewählten Interessenvertretung für das Bornstedter Feld und CDU-Fraktionschef im Stadtparlament. Anfangs habe es einzelne Bedenken gegeben, inzwischen sei das kein Thema mehr. „An der Biosphäre gibt es auch noch kaum Wohnungen“, so Finken. Daher würden die Gebete im Viertel kaum bemerkt. Auch Nachfragen der PNN bei der besagten Schule, der kommunalen Wohnungsgesellschaft Gewoba, beim Management des Volksparks und bei der Biosphäre ergaben: Es seien keine Beschwerden oder Sorgen wegen der Gebete bekannt.
Das Interesse am AfD-Stand hielt sich derweil in Grenzen. Ob er noch einmal dort aufgebaut wird, ist offen. Die zehn Parteivertreter standen rund 50 Gegnern gegenüber, mussten sich kritische Fragen zu ihrer islam- und flüchtlingsfeindlichen Politik gefallen lassen. Unter Aufsicht von Polizisten blieb es friedlich. Zu Gesprächen zwischen Muslimen und AfD-Vertretern kam es nicht – obwohl kurz vor dem Freitagsgebet mit knapp 400 Gläubigen ein Teilnehmer explizit Korté einlud, sich selbst ein Bild zu machen. Das schlug er aus. Die AfD habe in der Vergangenheit das Gespräch mit dem Verein gesucht. Mathilda Huss sagte hingegen, sie habe noch nicht mit dem Potsdamer Imam gesprochen: „Da hätte ich schon Interesse.“
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