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Dass die Schüler wegbleiben, ist seltener, als dass die Lehrer fehlen. Doch dagegen ist Oberbürgermeister Jann Jakobs - hier beim Schulbesuch während eines Baustellenrundgangs - machtlos. Die Stadt ist nur für die Gebäude zuständig.
© Andreas Klaer

Mehr Lehrer für Brandenburg: Unterrichtsausfall an Schulen in Potsdam

An den 42 Potsdamer Schulen sind wie im gesamten Land Brandenburg im vergangenen Schuljahr zahlreiche Unterrichtsstunden ersatzlos ausgefallen. Wie aus Statistiken des Landesbildungsministeriums hervorgeht, liegt die Ausfallquote in der Stadt knapp unter den landesweiten Werten.

Potsdam - Anfang Februar war bekannt geworden, dass an Brandenburgs Schulen im Schnitt etwa zwei Prozent des Unterrichts (rund 6000 Stunden pro Woche) ersatzlos ausfallen. Bei rund acht Prozent der insgesamt etwa 300 000 Stunden pro Woche müssen Vertretungslehrer einspringen. Dies ist laut Ministerium insbesondere in ländlichen Regionen oft schwierig: Geeignete Fachlehrer oder Referendare seien rar. Zahlen für Potsdam lagen laut Sprecher nicht vor.

Allerdings sind Ausfallstatistiken für Potsdamer Schulen in den Schulporträts des Landes enthalten. Zum Beispiel die Ausfallquote am Bertha-von-Suttner-Gymnasium in Babelsberg: Im zweiten Halbjahr 2013/14 mussten laut Statistik in Potsdam genau 9,9 Prozent der rund 6000 Schulstunden wegen einer Erkrankung des Lehrers oder aus "schulorganisatorischen Gründen" anderweitig besetzt werden. In den meisten Fällen (5,9 Prozent) konnte ein Vertretungslehrer den Unterricht übernehmen. 2,2 Prozent des Unterrichts mussten ersatzlos ausfallen.

An der Käthe-Kollwitz-Oberschule konnten 9,7 Prozent der Stunden nicht regulär besetzt werden, 3,2 Prozent des Unterrichts fielen ersatzlos aus. Besser sah es hingegen an der Peter-Joseph-Lenné-Gesamtschule aus. Dort mussten nur 5,7 Prozent der 8316 Unterrichtsstunden im zweiten Halbjahr neu besetzt werden. Knapp ein Prozent, immerhin 80 Stunden, mussten ersatzlos gestrichen werden.

1500 Schüler fehlten Noten auf dem Halbjahreszeugnis

Brandenburgweit führte der Unterrichtsausfall dazu, dass etwa 1500 der insgesamt etwa 243 000 Schüler an öffentlichen Schulen in diesem Jahr keine kompletten Halbjahreszeugnisse bekommen haben. Im Vergleich zum Vorjahr sei die Zahl der Betroffenen jedoch um die Hälfte gesunken, betonte Bildungsminister Günter Baaske (SPD).

Aktuelle Zahlen zum Unterrichtsausfall im ersten Halbjahr 2014/2015 erwartet der Minister in Kürze. Diese sollen am 5. März im Bildungsausschuss des Landtages vorgestellt werden, teilte sein Sprecher Florian Engels mit. "Wir gehen von einer leichten Verbesserung aus", fügte er hinzu. Brandenburg sei insgesamt auf einem guten Weg. "Jede ausgefallene Stunde ist eine zu viel", betonte Engels.

Brandenburg steht nicht allein mit dem Unterrichtsausfall da

Mit dem Problem ist das Land jedoch nicht allein. Auch das benachbarte Sachsen-Anhalt nennt Lehrermangel als wesentlichen Grund für den Ausfall von Unterricht. Statistisch betrachtet ist dort im Schuljahr 2013/2014 mehr als jede 50. Unterrichtsstunde ausgefallen. Die Ausfallquote an den allgemeinbildenden Schulen habe 2,3 Prozent betragen, teilte das Kultusministerium mit. Im Schuljahr 2009/2010 betrug die Quote noch 1,5 Prozent. An den Berliner Schulen fielen 2013/2014 laut Schulverwaltung 2,1 Prozent der wöchentlichen Stunden aus - etwa so viel wie im Jahr zuvor. In Sachsen konnte der Unterrichtsausfall an den Schulen nach eigenen Angaben gesenkt werden: Während 2012/2013 über alle Schularten hinweg 4,8 Prozent der Stunden ausfielen, waren es im Schuljahr 2013/2014 noch 3,3 Prozent.

Finanzielle Engpässe sind zumindest in Brandenburg nicht dafür verantwortlich, dass weiterhin Unterrichtsstunden in nennenswertem Umfang ausfallen. So gibt es ein Vertretungsbudget von zehn Millionen Euro für befristete Einstellungen. "Das Geld ist da, aber oft fehlen uns dafür trotz intensiver Suche die fachspezifischen Lehrkräfte oder Seiteneinsteiger", sagte Baaske.

Gewerkschaft spricht vom "Super-Gau"

Aus Sicht der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW)  sind die Durchschnittszahlen für alle Brandenburger Schulen wenig aussagekräftig. So sei die Situation an manchen Schulen deutlich schlimmer. Grundsätzlich ist aber auch die Reserve für Vertretungsfälle zu niedrig angesetzt. Außerdem müsste es mehr Neueinstellungen von Lehrern geben. Dass Schüler keine Noten in den Zwischenzeugnissen bekommen könnten, "ist doch der Super-Gau", sagte GEW-Landeschef Günther Fuchs den PNN. Neben Neueinstellungen forderte er, den Lehrerberuf attraktiver zu machen und die Arbeitsbelastung zu senken. Hier gebe es Schritte in die richtige Richtung. " Die reichen aber nicht aus", sagte Fuchs. "Wir werden auch um Seiten- und Quereinsteiger nicht herumkommen".

Nach Angaben von Ministeriumssprecher Engels sollen im kommenden Schuljahr rund 900 neue Lehrer landesweit eingestellt werden. Knapp 600 davon sollen frei werdende Stellen neu besetzen. Dazu soll im Frühjahr eine Werbekampagne gestartet werden.

Stefan Engelbrecht

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