Streit zwischen SVB und NOFV: Unklarheiten am See
Der Nordostdeutsche Fußballverband räumt Fehler beim Urteil gegen den SV Babelsberg 03 wegen des Skandalspiels gegen Energie Cottbus ein. Nach monatelangem Streit will man nun das Gespräch suchen. Doch es bleiben Fragen - und die Zeit drängt.
Rangsdorf - Das unrühmliche Spiel lief im April des vergangenen Jahres. Der Streit zwischen dem SV Babelsberg 03 und dem Nordostdeutschen Fußballverband (NOFV) läuft seitdem. Dem Verein droht eine Sperre. Ein Gespräch zwischen den Beteiligten scheint aber in Sicht. Die PNN geben einen Überblick.
Was passierte am Donnerstag?
Der NOFV lud zu seiner Pressekonferenz ein, um seine Sicht der Dinge zu erklären. Neben Verbandspräsident Rainer Milkoreit und Geschäftsführer Holger Fuchs war auch Stephan Oberholz, der Vorsitzende des NOFV-Sportgerichts, vor Ort. Das hatte die Strafe gegen den SV Babelsberg in der ersten Instanz im Juni 2017 verhängt. Außerdem stand der Vorsitzende des Verbandsgerichts, Jürgen Lischewski, Rede und Antwort. Das Verbandsgericht hatte den Berufungsantrag der Babelsberger im Juli abgelehnt. Das Medienecho war groß: Journalisten von 15 verschiedenen Zeitungen, Zeitschriften und Rundfunksendern waren gekommen. Sogar die internationale Presse hat den Fall aufgegriffen: Sowohl New York Times, Washington Post (beide USA), als auch Medien in Neuseeland und Israel berichten über den Kampf des SVB gegen Antisemitismus im deutschen Fußball.
Pikantes Detail an der gestrigen Pressekonferenz: Der Verband hatte nicht etwa in seinen Verbandssitz nach Berlin eingeladen, sondern das Seehotel Rangsdorf ausgewählt. Dort fand im vergangenen Jahr der Landesparteitag der Brandenburger AfD statt.
Wie will der Verband weiter vorgehen?
Nachdem man monatelang nur übereinander geredet hat, will man nun miteinander sprechen: Der Fußball-Verband und Babelsberg 03 würden aufeinander zugehen, kündigte NOFV-Geschäftsführer Holger Fuchs an. „Wir befinden uns in der Endphase der Vorbereitung für ein gemeinsames Gespräch“, sagte er. Man wolle gemeinsam nach einer einvernehmlichen Lösung suchen. Deshalb gebe es auch keine Vorbedingungen. Ein Termin stehe aber noch nicht fest. Wahrscheinlich ist ein Treffen Anfang nächster Woche. Denn am Dienstag hatte der NOFV beim Verbandsgericht beantragt, den SVB vom Spielbetrieb auszusperren, solange die geforderte Strafzahlung nicht beglichen ist. Der Verein bekam dafür eine Frist bis Mittwoch, den 14. Februar.
Wie reagiert der Verein?
Beim SV Babelsberg ist man über das Gesprächsangebot hocherfreut: „Das haben wir uns die ganze Zeit gewünscht“, sagte Vorstandschef Archibald Horlitz den PNN. „Wir gehen ergebnisoffen in das Gespräch.“ Es werde Zeit für eine konstruktive Lösung. „Schließlich sind wir ja Mitglied dieses Verbands und wollen weiterhin zusammenarbeiten.“ Wichtig sei dabei, dass es für dieses Gespräch keine Vorbedingungen gebe. Ein früheres Gesprächsangebot hatte der SVB nämlich abgelehnt, weil der Verband vorher die Zahlung der Strafe gefordert hatte.
Soll Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs vermitteln?
Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) hatte seine Hilfe bei der Konfliktlösung angeboten. Der NOFV bestätigte den Eingang eines entsprechenden Schreibens. Man werde das im Präsidium besprechen, sagte Verbandschef Milkoreit den PNN. „Es wäre ja töricht, wenn wir uns nicht damit beschäftigen.“ Jakobs bekomme auf jeden Fall eine Antwort. Ein gemeinsames Gespräch mit dem SVB sei denkbar. Mit Jakobs hätte der SVB einen Fürsprecher. Er hatte sich wie berichtet am vergangenen Wochenende deutlich geäußert: „Was der Verband fordert, ist revisionsbedürftig.“ Es sei ein fatales Zeichen, so Jakobs: „Wir werden den Neonazismus und Rechtsradikalismus nicht in den Griff kriegen, wenn sich Organisationen wie der NOFV so verhalten, wie sie sich gegenwärtig verhalten.“
Steht eine Sperre des SVB weiterhin im Raum?
Trotz der neuen Gesprächsbereitschaft, hat der NOFV ein formales Problem: nämlich ein rechtskräftiges Urteil. Das kann er nicht einfach in Luft auflösen. Geschäftsführer Holger Fuchs bestätigte dies auf Nachfrage am Donnerstag noch einmal. Hintergrund ist, dass der verbandsinterne Rechtsweg abgeschlossen ist. Der SVB hat deshalb den Deutschen Fußball-Bund um Hilfe gebeten.
Wie kam das umstrittene Urteil des Sportgerichts zustande?
Der NOFV hatte im Juni die Strafe gegen den SVB im schriftlichen Verfahren verhängt. Grundlage seien Berichte des Schiedsrichters und eines Sicherheitsbeobachters sowie Fernsehaufzeichnungen des RBB gewesen, so Oberholz. Außerdem hatten beide Vereine Stellungnahmen eingeschickt. Dass bei dem Spiel aus dem Babelsberger Fanblock Pyrotechnik gezündet wurde, sei unstrittig. Nur dafür sei der Verein bestraft worden. Von den antisemitischen Sprechchören aus dem Cottbuser Fanblock will man nichts gewusst haben. „Wir hatten keine konkreten Hinweise“, so Oberholz. Allerdings hatte der SVB 2017 in seiner Stellungnahme im Rahmen der schriftlichen Anhörung an den NOFV von einer „unermesslich hohen Anzahl von verfassungsfeindlichen und volksverhetzenden Entgleisungen im Gästeblock“ geschrieben. Auch der FC Energie hatte in seiner geforderten Stellungnahme mehrfach Beweise angeführt, dass es rechtsextreme Fangruppen wie „Inferno Cottbus“ und „Unbequeme Jugend“ waren, die im Karl-Liebknecht-Stadion randalierten. Laut Oberholz war das aber nicht konkret genug: „Die Angabe war sehr pauschal.“ Sie habe in dem neunseitigen Schreiben auf der vorletzten Seite ganz unten gestanden. „Das hat uns nicht veranlasst, weiter zu forschen.“ Es hätte sich um eine Schutzbehauptung handeln können.
Warum gab es keine Berufung?
Hier bemüht der Verband ein formales Argument. Der Berufungsantrag des SVB sei nicht unterschrieben gewesen. Das räumt auch der Verein ein. Es sei aber gängige Praxis. Eine Unterschrift sei jedoch zwingend erforderlich, so Verbandsgerichtschef Lischewski. Das Verbandsgericht habe noch nie einen Antrag akzeptiert, der nicht unterschrieben gewesen sei, sagte er auf Nachfrage. Das Verbandsgericht ist die zweite und letzte Instanz innerhalb des Verbandes.
Warum gab es keine Entscheidung des Schiedsgerichts?
Nach dem Ende des Rechtsweg beim Verbandsgericht hätte sich noch das unabhängige Schiedsgericht der Causa annehmen können. Dort entscheiden Juristen, die nicht Teil des NOFV sind. Doch dazu kam es nicht. Das Schiedsgericht verlangte, dass Babelsberg bis zum 19. Januar einen Kostenvorschuss in Höhe von 3100 Euro zahlt. Das tat der Verein jedoch nicht. Das Schiedsgericht stellte das Verfahren ein. Damit wurde das ursprüngliche Urteil rechtskräftig.
Warum wurde im Fall Cottbus anders entschieden?
In einem ersten Verfahren war Energie Cottbus nicht wegen der rechtsextremistischen Vorfälle belangt worden. Erst nach einem öffentlichen Aufschrei und eine Intervention des DFB gab es ein härteres Urteil – dabei wurden auch Videobeweise genutzt, die Hitlergrüße im Cottbuser Block zeigten. Dagegen ging Energie erfolgreich in Berufung. Allerdings sei das Urteil – anders als Energie im Januar mitgeteilt hatte – nicht vollständig aufgehoben worden, so Lischewski. Die Strafe gegen den Verein sei erheblich. Details nannte er nicht.
Wann wird der SVB wieder spielen?
Nicht so bald. Das Auswärtsspiel in Fürstenwalde am Wochenende wurde witterungsbedingt abgesagt. Grund sei die Unbespielbarkeit des Platzes.
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