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Er konnte seinen Torhunger stillen. Ende August hatte Andis Shala seinen letzten Pflichtspieltreffer erzielt. Im Pokalfight gegen den Brandenburger SC Süd 05 traf der Torjäger innerhalb von 15 Minuten dreimal und hatte maßgeblichen Anteil, dass der SV Babelsberg 03 die Partie nach 0:2-Rückstand noch drehte.
© Marcus Keiper

SV Babelsberg 03: Und wieder diese Comeback-Qualität

Einen packenden Fight im brandenburgischen Fußball-Landespokal lieferten sich Oberligist Brandenburger SC Süd 05 und Regionalliga-Vertreter SV Babelsberg 03. Nach 0:2-Rückstand zog das SVB-Team ins Viertelfinale ein und feierte anschließend vor allem seinen Cheftrainer.

Am guten Ende wusste die Mannschaft, bei wem sie sich zu bedanken hatte. Ihr Trainer Almedin Civa stand nahe dem Mittelkreis des Brandenburger Werner-Seelenbinder-Sportplatzes, als die Spieler des SV Babelsberg 03 auf ihn zustürmten, ihn einkreisten und feierten. Kurz zuvor hatte der Fußball-Regionalligist durch einen 4:2 (0:1)-Sieg gegen den Oberligisten Brandenburger SC Süd 05 das Viertelfinalticket des AOK-Landespokals gebucht – wobei ihr Trainer nicht nur ein taktisches Händchen bewiesen hatte, sondern auch seine Motivationskünste.

Ob das ihr Ernst sei, hatte Civa seine Spieler in der Halbzeitpause gefragt, nachdem sie in den ersten 45 Minuten Fußball weit unter ihrem Niveau gezeigt hatten und zu Recht mit 0:1 zurücklagen. Der Appell zeigte Wirkung und hielt auch dem 0:2 stand, das der SVB kurz nach Wiederanpfiff kassierte. Andis Shala – als Fußballer gemacht für solche Spiele – sorgte mit einem Dreierpack für die Wende, die Kubilay Büyükdemir in der dritten Minute der Nachspielzeit mit dem 4:2 veredelte.

Zunächst "eine Menge falsch gemacht"

Wer immer die Idee für den Pokalwettbewerb hatte – er muss K.o.-Spiele wie dieses am vergangenen Samstagnachmittag in der Brielower Straße im Sinn gehabt haben: Regen, eine aufgeweichte Fußballwiese, auf der ein tieferklassiger Gegner und dessen enthusiastisches Publikum gegen einen vermeintlichen Favoriten fighten – alles ideale Zutaten für eine deftige Pokalschlacht. Und eine solche lieferte der BSC Süd ab, gewürzt mit einer guten fußballerischen Note. Äußerst zielstrebig und erfolgreich verfolgten die Gastgeber den Aspekt der Balleroberung – allen voran Tom-Melvin Schmidt. Der überragende Akteur in den Brandenburg-Süd-Reihen – kurz vor Schluss mit Krämpfen ausgewechselt – machte auf der Seite von SVB-Verteidiger Lukas Wilton so viel Druck, dass Civa nach 28 Minuten sich zur Schadensbegrenzung veranlasst sah: Er brachte Büyükdemir für Wilton, stellte die Abwehr von Vierer- auf Dreierkette um und vitalisierte so das Offensivspiel des SVB.

Der lag zu diesem Zeitpunkt bereits seit der neunten Minute mit 0:1 im Rückstand: Drei Stationen über Tom-Melvin Schmidt, Süd-Kapitän Lukas Kohlmann und Torschütze Bartosz Szymanski hatten gereicht, um den SVB auszukontern. „In der ersten halben Stunde haben wir eine Menge falsch gemacht“, resümierte Civa später. Deshalb wollte er auch nicht von Pech reden, als Shala (32.) und Lukas Knechtel (40.) zweimal am Pfosten scheiterten. „Wenn es einen Fußballgott gibt, war der ganz sicher der Meinung, dass wir zu diesem Zeitpunkt kein Tor verdient hatten“, bemühte sich Civa seiner Fußball-Religion. „Für die ersten 15 Minuten konnten wir nicht belohnt werden.“

Hattrick durch SVB-Torjäger Andis Shala

Doch das sollte sich ändern. Die Dramaturgie dieses Pokalspiels sah zunächst das 2:0 für Süd vor, das Schmidt nach einem Abwehrschnitzer des SVB besorgte, und einen Lattenknaller von Gojko Karupovic. Ein 0:3 wäre wohl der K.o.-Schlag für den Regionalligisten gewesen, so aber blieb dessen Wille und Glaube ungebrochen. Civa hatte mit Nadar El-Jindaoui für Manuel Hoffmann und Abdulkadir Beyazit für Leonard Koch längst auf totale Offensive umgestellt – ganz nach dem Geschmack und Bedarf von Torjäger Shala. Denn der bekam zunehmend Bälle serviert. Eine Flanke von Tino Schmidt köpfte er in der 66. Minute ins Süd-Tor. Vier Minuten später verwertete er einen Freistoß von Büyükdemir per Drehschuss zum 2:2-Ausgleich. Und nach exzellenter Vorarbeit von Masami Okada war Shala binnen 15 Minuten wiederum per Kopf zur Stelle – in einer Art und Weise, „die nicht zu verteidigen ist“, wie Brandenburgs Trainer Özkan Gümüs anerkennen musste. Als dessen Mannschaft in der Schlussminute bei einem Eckball samt Torhüter Toni Neubauer aufgerückt war, trieb Büyükdemir den abgefangenen Ball über den halben Platz und platzierte ihn zum 4:2 in den oberen Torwinkel.

„So was hab ich noch nicht erlebt“, atmete Masami Okada nach Abpfiff durch, während Matchwinner Shala meinte: „Für solche Spiele liebe ich Fußball. Dafür bin ich da.“ Wie in den vergangenen Spielen in der Regionalliga zeigte der SVB einen Willen, sich nicht geschlagen zu geben, den auch Trainer Civa letztlich loben musste: „Die Art und Weise, wie wir zurückgekommen sind, mit Leidenschaft und dennoch kühlem Kopf, das schaffen nur wenige Mannschaften“, meinte der 45-Jährige. Und er bekomme immer mehr ein Gefühl, was sein Kollege Ante Covic, Trainer von Hertha BSC II, ihm beim ersten Saisonspiel prophezeit hatte: „Ich weiß so langsam, wie sich Trainer von U21-Mannschaften fühlen.“ Wie ein Mechaniker, der täglich an Stellschrauben drehen muss. „Da habe ich noch viel Arbeit“, ahnt Civa. Für das Nach- und Feinjustieren am vergangenen Samstag hat er den Lohn gleich nach Abpfiff noch auf dem Platz bekommen.

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