Wiederaufbau: Turm der Garnisonkirche wird schnell an Höhe gewinnen
Das Wetter spielt mit, der Oberbauleiter ist zuversichtlich: In den nächsten zwei Wochen wird durchgehend gemauert. Bereits im Mai könnte das erste Stockwerk des Turms der Garnisonkirche stehen.
Potsdam - Fast 14 Jahre nach der Grundsteinlegung für den umstrittenen Wiederaufbau der Garnisonkirche ist am Montag mit dem tatsächlichen Aufmauern des Turmes begonnen worden. Begleitet von Gebeten setzte ein Maurer symbolisch die ersten sieben Ziegel auf dem Grundstück an der Breiten Straße. Bis Ende Mai könnte – je nach Wetterlage – das erste Stockwerk gemauert sein.
Rund 100 Gäste verfolgten den symbolischen Akt am Montagvormittag, darunter auch die Witwe des 2015 verstorbenen Alt-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, Marianne von Weizsäcker, und der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber. Öffentlich angekündigt worden war der Termin nicht, vermutlich aus Angst vor Protesten.
Die ersten Ziegel wurden im Bereich des künftigen Eingangs verbaut. Dass es genau sieben Stück waren, hängt mit dem Friedensgebet von Coventry zusammen, das parallel verlesen wurde. Es beinhaltet sieben Vergebungsbitten, die Marianne von Weizsäcker und andere Anwesende vortrugen. Die Garnisonkirche ist an die Nagelkreuzgemeinschaft angegliedert, die sich in Verbindung zu der von den Nationalsozialisten zerbombten Kathedrale im britischen Coventry für Frieden und Versöhnung einsetzt.
Richard von Weizsäcker hatte sich persönlich für den Wiederaufbau der Kirche engagiert. Er wurde1938 Mitglied des in Potsdam stationierten Infanterieregiments (IR) Nr. 9, jener Einheit, aus deren Kreis auch viele Widerständler des 20. Juli 1944 kamen. Die Garnisonkirche war die Hauskirche des IR 9. „Meinem Mann lag der Wiederaufbau sehr am Herzen, die Kirche war mit seinem Leben verbunden“, sagte Marianne von Weizsäcker auf Nachfrage. Deshalb sei es ihr wichtig, das Projekt weiter zu fördern. Sie hoffe, dass die Kirche eines Tages ein Signal des Friedens und der Versöhnung aussende. „Mein Mann hätte sich heute sicherlich sehr gefreut“, so die Witwe.
Das Wetter spielt mit
Dass ausgerechnet jetzt mit den Maurerarbeiten begonnen wird, hat mit dem frühlingshaften Wetter zu tun. „Wir brauchen tagsüber Mindesttemperaturen von fünf Grad, nachts sollte es nicht kälter als zwei Grad sein“, so Oberbauleiter Steffen Müller von der Dresdner Firma Dreßler Bau GmbH gegenüber den PNN. Wenn das Wetter halte, was die Vorhersagen versprochen haben, könnten die Arbeiter die kommenden zwei Wochen durchgehend mauern. „Dann haben wir vier bis sechs Ziegelschichten“, so Müller. Gerade in den untersten Ziegellagen sind die Wände bis zu 3,50 Meter dick, insgesamt sollen am Ende 2,3 Millionen Ziegelsteine verbaut sein. Müller rechnet damit, dass die Maurer bis Ende Mai oder Anfang Juni das Stockwerk gemauert haben. Dann wird eine Decke eingezogen und das zweite Stockwerk begonnen. Auch damit werde man „definitiv“ noch 2019 fertig, so die Prognose des Oberbauleiters.
Arbeiten sind rund ein Jahr im Verzug
Mittlerweile hat sich während des 2017 begonnenen Baus ein Rückstand von einem Jahr aufgestaut. Bei den Bohrungen für die 38 Meter tiefen Grundpfeiler hatte es einen Zeitverzug von einem halben Jahr gegeben, dann legte das Winterwetter die Baustelle lahm. Zuletzt hatte Wieland Eschenburg, Sprecher der Stiftung Garnisonkirche, von einer Fertigstellung im Sommer 2021 gesprochen. Am Montag wollte er kein Datum nennen. „Ich habe gelernt, in kleinen Schritten zu denken“, sagte er dazu lediglich. Ein nächster Schritt, den man womöglich auch wieder öffentlichkeitswirksam begehen will, könnte die Fertigstellung des Sockels sein. Dieser soll einen Satz aus dem Lukas-Evangelium eingraviert bekommen, nämlich: „Richte unsere Füße auf den Weg des Friedens“.
Dass die Stiftung den Friedens- und Versöhnungsgedanken derart betont, hat auch mit der massiven Kritik zu tun, die dem Projekt seit jeher entgegenschlägt. Gegner argumentieren hauptsächlich mit der Rolle des Gotteshauses am sogenannten „Tag von Potsdam“ am 21. März 1933, als es vor der Kirche zum Handschlag zwischen Hitler und Hindenburg kam, was von den Nationalsozialisten und später auch in der DDR als Symbol für den Schulterschluss zwischen Nazi-Regime und der preußischen Elite gewertet wurde.
Bislang stehen der Stiftung 26 Millionen Euro zur Verfügung – zwölf Millionen davon kommen vom Bund. Damit kann der Turm bis zu einer Aussichtsplattform in Höhe von 57 Metern errichtet werden – insgesamt soll er knapp 90 Meter hoch werden. Für den Rest braucht die Stiftung weitere Spenden in Millionenhöhe. Sie hofft, dass diese fließen, wenn der Turm erst in die Höhe wächst. Das tut er jetzt.
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