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Sportler aus Potsdam bei der Kanu-WM in Mailand: Titel, Medaillen und Wut

Turbulente Gefühlswelt in Mailand: Bei der Kanu-WM brilliert der Potsdamer Sebastian Brendel und gewinnt wie im Vorjahr zweimal Gold. Franziska Weber und Conny Waßmuth jubeln über Bronze, während sich Ronald Rauhe nach Platz 6 abreagieren muss.

Mailand/Potsdam - Es war hauchdünn, mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Bei der Weltmeisterschaft in Mailand entschieden am Samstag nur 17 Tausendstel – also 0,017 Sekunden – über Gold und Silber im Canadier-Einer auf der olympischen 1000-Meter-Strecke. Zugunsten von Sebastian Brendel, dem Titelverteidiger vom Kanu Club Potsdam. „Das Glück der letzten Schläge war auf meiner Seite“, sagte ein erleichterter Brendel, der den über weite Strecken des Rennens führenden Tschechen Martin Fuksa noch mit einem sensationellen Endspurt vor der Ziellinie abfing. Sein fünfter Triumph in Serie über diese Distanz bei internationalen Meisterschaften. Am Sonntag feierte er obendrein WM-Gold Nummer fünf (5000 Meter) und wurde zudem noch Achter (500 Meter).

Potsdamer Brendel fühlte sich vor dem Start "relativ unsicher"

Das Hauptaugenmerk des Potsdamers lag aber einzig auf seiner Paradestrecke tags zuvor, wo er den hohen Erwartungen gerecht wurde. Allerdings musste sich der 27-Jährige für den Titelgewinn nahezu ins Delirium paddeln. „Ich bin völlig am Ende“, meinte er im Anschluss. Dass es so eng zuging, hatte vor allem auch mit den Windbedingungen auf dem Idroscalo-See zu tun. Von der rechten Seite kommend blies es über das Gewässer – und damit sehr ungünstig für einen Linkspaddler wie Brendel. Er musste nämlich wegen der Witterungsverhältnisse weitaus mehr Aufwand für das Steuern betreiben – was auf Kosten des eigentlichen Vortriebs geht – als jemand wie Fuksa, der das Stechpaddel rechts vom Boot durch das Wasser zieht. Daher habe sich der Champion aus Brandenburg vor dem Start auch „relativ unsicher“ gefühlt. Dieses Gefühl wich spätestens bei der emotionalen Siegerehrung der puren Freude und dem Stolz.

Neben Brendel heimsten die Athleten aus der schwarz-rot-goldenen Flotte drei weitere Medaillen in den zwölf olympischen Bootsklassen ein. Zwar wurde das Ziel von sechs Plaketten verfehlt, aber grundsätzlich sei ein „Aufwärtstrend“ im Vergleich zum Vorjahr zu erkennen, wie Verbandspräsident Thomas Konietzko befand. Bei den Welttitelkämpfen 2014, den schwächsten eines deutschen Teams seit der Wiedervereinigung, hatte es nur je einmal Gold, Silber und Bronze gegeben.

Hoffnung für die Zukunft

In Mailand fuhren auch Max Rendschmidt/Marcus Groß (Berlin/Essen) im Kajak-Zweier über einen Kilometer zum Sieg – an den anderen beiden Podestplätzen waren Potsdamer Kajakspezialistinnen beteiligt. Franziska Weber holte mit Tina Dietze aus Leipzig – die Olympiasieg-Kombo von 2012 – Bronze im 500-Meter-Zweier. Auf derselben Distanz landeten die beiden gemeinsam mit der Potsdamerin Conny Waßmuth und Verena Hantl (Karlsruhe) auch im Vierer auf Rang drei. Danach strahlte Weber im TV-Interview in der ARD. „Endlich“, sagte sie, „haben wir wieder gezeigt, wo wir hingehören und was wir draufhaben. Das war ein super Rennen und macht für die Zukunft Hoffnung.“

Ganz anders war derweil ihrem Vereinskollegen Ronald Rauhe und dessen Bootspartner Tom Liebscher aus Dresden zumute. Die Doppel-Europameister und Vize-Weltmeister des Vorjahres wurden im Finale des Kajak-Zweiers über 200 Meter zunächst als Dritte gelistet, doch das Rennen musste nach einem Fehlstart wiederholt werden. Bei der Neuauflage, etwa eine Stunde später, reichte es nur zu Platz sechs, weshalb sich Rauhe abreagieren musste und wütend eine Flasche wegtrat. Bei aller Enttäuschung: Immerhin sicherten die beiden noch zwei wichtige Quotenplätze für Deutschland bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio.

Kleineres Aufgebot bei Olympischen Spielen in Brasilien

Das Ergattern solcher Olympia-Teilnehmerplätze genoss bei der WM oberste Priorität, in mehreren Disziplinen gelang dies allerdings nicht. Einer, der jenes Ziel verpasste, war Potsdams Canadiersprinter Stefan Kiraj. Er kam über 200 Meter nur ins B-Finale und wurde dort Sechster. Außerdem patzten die Männer im Kajak-Vierer und Canadier-Zweier, sodass Deutschlands Kanuten nach jetzigem Stand in Rio mit einem kleineren Aufgebot an den Start gehen werden, als man es von vergangenen Spielen gewohnt ist. Im Mai besteht jedoch die Möglichkeit, nachträglich Startplätze zu erkämpfen.

Chef-Bundestrainer Reiner Kießler, der sich in den nicht-olympischen Disziplinen über sechs Medaillen freuen durfte, bilanzierte: „Wir sind nicht vollends glücklich.“ In einem Jahr wollen sie es aber wieder sein, bei Olympia am Zuckerhut. Um sich dafür schon einmal in Stimmung zu bringen, reisen Brendel & Co. Anfang September an die Copacabana. Aber nicht etwa für einen sonnigen Urlaub am Strand, sondern für eine Test-Regatta auf den olympischen Gewässern. mit dpa/sid

Weitere Potsdamer Ergebnisse: Ronald Verch (Platz 9/Canadier-Zweier 500 Meter), Ophelia Preller/Annika Loske (Platz 13/Canadier-Zweier 500)

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