Potsdam: Tempo 30 für die Zeppelinstraße
Klipp kündigt weitere Einschränkungen für Bundesstraße 1 an. Das Land stellt klar: Potsdam müsste Havelspange selbst zahlen
Hunderte lärmgeplagte Anwohner der Zeppelinstraße können auf Besserung hoffen. Noch in diesem Jahr sollen Autofahrer „in weiten Teilen der Straße“ maximal noch mit Tempo 30 fahren dürfen – jetzt ist Tempo 50 erlaubt. Die Lärmbelastung vor Ort sei ganztägig zu hoch, sagte Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) am Freitagabend auf PNN-Nachfrage. Daher werde die Geschwindigkeitsreduzierung im Zuge des städtischen Aktionsplans gegen Straßenlärm durchgesetzt.
Zuvor hatte Klipp vor mehr als 200 Anwohnern und regelmäßigen Nutzern der Straße seine umstrittenen Pläne für eine Verengung der Straße für Autofahrer verteidigt, die den Verkehr und damit die über geltenden Grenzwerten liegende Luftverschmutzung in der Straße reduzieren soll (PNN berichteten). Kurz vor Ende der Veranstaltung kündigte er weitere Maßnahmen zum Lärmschutz in der Straße an. Neben dem Tempo-30-Erlass solle auch das komplette Straßenpflaster zwischen Geschwister-Scholl-Straße und Kastanienallee durch Asphalt ersetzt werden, die Bauarbeiten finden in den Sommerferien statt. Für den Austausch weiterer Pflasterabschnitte in der Straße fehle indes das Geld, sagte Potsdams Verkehrsplaner Axel Dörrie. Allerdings sei mit der geplanten Verengung der Straße auch die Einrichtung einer neuen Busspur zwischen Kastanienallee und Luftschiffhafen verbunden, die dann über den gepflasterten Teil der Fahrbahn verlaufen würde. Auch das helfe die Lärmbelastung zu senken, so Dörrie. Mit der Verengung sollen täglich 22 000 statt jetzt 27 000 Autos die Bundesstraße 1 nutzen.
Zugleich machte der Verkehrsplaner klar, dass der schon vor Jahren gescheiterte, aber wieder von einer neuen Bürgerinitiative geforderte dritte Havelübergang für Potsdam, die sogenannte Havelspange über den Templiner See, keine realistische Option sei. Teilnehmer der Bürgerversammlung hatten die Havelspange als Lösung der Verkehrs- und Schadstoffprobleme in Potsdam vorgeschlagen. Selbst wenn sich Potsdam zum Bau entschließe, so Dörrie, sei angesichts der komplexen Planung mit Fertigstellung frühestens 2029 zu rechnen – also in 14 Jahren. Im von den Stadtverordneten beschlossenen Stadtentwicklungskonzept Verkehr wird der Havelspange attestiert, diese könne zwar entlastend für Zeppelin- und Breite Straße wirken. Damit verbunden seien aber hohe Risiken „wie schwer kalkulierbare Kosten, Anziehung von Durchgangsverkehr und eine daraus resultierende Zunahme der Verkehrs- und Umweltbelastung in den zuführenden Straßen, insbesondere in der Forststraße und am Neuen Palais“. Das Raumordnungsverfahren zur Planung der Havelspange wurde 2006 eingestellt: Gegen die Brücke, die die Bundesstraßen 1 und 2 verbinden würde, gab es auch Widerstand in Umlandgemeinden, die mehr Verkehr fürchteten.
Auch der Sprecher des Infrastrukturministeriums des Landes Brandenburg, Steffen Streu, stellte auf PNN-Nachfrage klar, dass die Havelspange nach einer Prüfung nicht mehr für den Bundesverkehrswegeplan 2015 angemeldet worden sei, „da die Maßnahme vorrangig dem städtischen Verkehr dient“. Die Brücke wäre somit nicht in der „Baulast des Bundes“ realisierbar, daher müsste die Stadt den „Bau in eigener Zuständigkeit planen“ – kurz gesagt: selbst bezahlen. Vor zehn Jahren ging man für das Brückenprojekt, mit allen notwendigen Straßenanschlüssen, von Kosten in Höhe von rund 100 Millionen Euro aus. Zum Vergleich: Das Schulneubauprogramm für Potsdam kostet 160 Millionen, zur Finanzierung wurden Steuern und Abgaben erhöht.
Nach Gründung der Bürgerinitiative war die alte Debatte um die Havelspange vergangene Woche neu entflammt. Unter anderem teilte die Potsdamer CDU mit, eine dritte Havelüberquerung sei nötig, um dem wachsenden Verkehrsaufkommen in Potsdam noch Herr zu werden. „Es ist doch eine irre Annahme, die bestehenden Probleme zu lösen, indem man Straßen schmaler macht und nur auf das Fahrrad setzt“, so etwa CDU-Kreischefin und Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche. Ihr Vize, der Landtagsabgeordnete Steeven Bretz, forderte „einen großen Wurf, eine Art Gesamtlösung, zu der auch ungewöhnliche Gedanken und Vorstellungen wie Tunnellösungen ohne Strafe geäußert werden dürfen“. Dagegen erklärte Grünen-Kreischef Nils Naber: „Da wird ein totes Pferd geritten, das die Potsdamer Probleme nicht lösen kann.“
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