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Johannes Gräbner in der Dorfkirche Golm.
© Erik Wenk

In Golm oder Groß Glienicke?: Suche nach dem ältesten Bauwerk der Stadt Potsdam

Der Kirchbauverein Golm widerspricht der Ansicht von Andreas Kalesse, die Groß Glienicker Dorfkirche sei älter als die in Golm. Der Vorsitzende des Vereins hat dafür ein gutes Argument.

Potsdam - Grober Steinboden, schmuckloses Mauerwerk, viele schadhafte Ecken: Das Innere der Alten Dorfkirche Golm bietet einen trostlosen Anblick. Dennoch gehört sie zu den spannendsten Bauwerken der Landeshauptstadt: „Willkommen in der ältesten Kirche Potsdams – egal, was andere behaupten, ohne es nachzuweisen“, sagte der Vorsitzende des Kirchbauvereins Golm, Johannes Gräbner, am Montag bei einem Vor-Ort-Termin. Gräbner spielte auf Potsdams früheren Stadtkonservator Andreas Kalesse an, der im Juli verkündet hatte, dass sich die Groß Glienicker Dorfkirche auf die Zeit um 1250 datieren lässt. Damit wäre sie rund 200 Jahre älter als das 1458 errichtete Gotteshaus in Golm, das bis dahin als ältestes Gebäude Potsdams galt. Als Beleg dafür hatte Kalesse drei sogenannte Schachbrettsteine angeführt, die in der Kirche verbaut sind: Diese gemusterten Steine finden sich fast ausschließlich in Feldsteinkirchen aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts.

Doch Gräbner widerspricht dem renommierten Denkmalschützer. Dass ältere Steine in neueren Bauwerken verwendet wurden, sei früher durchaus üblich gewesen: „Wenn Herr Kalesse nachweisen kann, dass die Mörtelfuge unter dem Stein auch aus dieser Zeit stammt, dann ist das etwas anderes. Aber solange das nicht geschehen ist, handelt es sich um Mutmaßungen, die jeder nachweislichen Realität entbehren.“

Gräbner brennt für „seine“ Kirche: „Es ist mir ein persönliches Anliegen, dass es dieser Kirche gut geht“, sagt der 66-jährige Bauingenieur aus Golm. Und derzeit geht es ihr gar nicht gut: Ob sie nun die älteste Kirche Potsdams ist oder nicht – auf jeden Fall ist sie die baufälligste.

An der Außenwand bröckeln die Ziegel wie eine offene Wunde im Mauerwerk, das Fachwerk im Turm ist morsch, der Turm einsturzgefährdet, die Holzdecke an vielen Stellen durchgefault.

Seit dem Neubau der benachbarten Kaiser-Friedrich-Kirche im Jahr 1883 war die Dorfkirche nur noch als Begräbniskapelle verwendet worden, seit mehr als zehn Jahren ist sie gänzlich ungenutzt. Aufgrund des sich stetig verschlechternden Zustandes hatte das Landesdenkmalamt die Alte Dorfkirche 2011 in die Liste der „besonders gefährdeten Denkmale“ aufgenommen. Viele Restaurierungsarbeiten konzentrierten sich allerdings zunächst auf die Kaiser-Friedrich-Kirche, die heute wieder im alten Glanz erstrahlt.

Nun rückt die Alte Kirche wieder in den Fokus: Auf Antrag der Linken hatten die Stadtverordneten im Mai beschlossen, das Bauwerk in den nächsten Jahren zu sanieren. Erste Schritte wurden bereits getan: Die untere Denkmalschutzbehörde hatte 10.000 Euro für Untersuchungen des Holzes im Turm bewilligt, weitere 5000 Euro für statische Analysen wolle man aus eigenen Mitteln aufbringen, erzählte Gräbner.

Für die gesamte Voruntersuchung des Gebäudes veranschlagt er rund 100.000 Euro. Wann und wie schnell diese vonstattengeht, hängt davon ab, ob künftig entsprechende Mittel in den Haushalt eingestellt werden oder ob es Förderungen vom Land oder der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gibt.

Wenn die Voruntersuchungen abgeschlossen sind, ist erst mal die Sicherung des Gebäudes dran: Die Gründung muss befestigt, Risse im Mauerwerk geflickt, der Dachstuhl saniert und das morsche Fachwerk aus dem Turm entfernt werden. Sind diese Baustellen geschafft, könne man sich mit der Gestaltung und der Ausstattung der Kirche beschäftigen, so Gräbner. Er schätzt, dass 650.000 bis 750.000 Euro für die gesamte Restaurierung aufgewendet werden müssen – inklusive der Voruntersuchungen. „Ziel ist, den Zustand vor dem Zweiten Weltkrieg wiederherzustellen“, so Gräbner. Innen solle die Kirche dabei ihren einfachen, mittelalterlichen Charakter behalten.

Dann kann auch der barocke Altaraufsatz wieder in die Kirche einziehen, der bereits 2013 restauriert worden war und heute im Potsdam Museum steht. Leider fehlt das zentrale Altargemälde, das Jesus am Kreuz zeigt – seit 1990 gilt es als verschollen. Das einzige existierende Foto des Altars reicht leider nicht für eine Rekonstruktion, Aufrufe nach privaten Fotos blieben bislang erfolglos.

Wenn das Bauwerk wieder instand gesetzt wurde, soll es als öffentliche Begegnungsstätte genutzt werden, zum Beispiel für Konzerte, Diskussionen, Seminare oder Lesungen. „Golm wächst und ein Ort für Kultur fehlt im Ort völlig“, sagte Gräbner. Interessenten gebe es viele, unter anderem die Bundeswehr, die vom benachbarten Geltow aus all ihre Auslandseinsätze koordiniert. Die Bundeswehr interessiere die Kirche als Raum, um psychologische Beratung für traumatisierte Soldaten anzubieten, so Gräbner.

Am 7. und 8. September können sich Interessierte selbst ein Bild vom Zustand der Kirche machen. Am Tag des offenen Denkmals kann sie besichtigt werden.

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