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Das Studio Babelsberg ist das größte und älteste Großfilmatelier in Europa.
© Thilo Rückeis

Potsdamer Traditionsunternehmen verkauft: Studio Babelsberg jetzt in US-Besitz

Der US-amerikanische Finanzinvestmentfonds TREP hat das Babelsberger Filmstudio mit rund 100 festen Mitarbeitenden übernommen. Es gehört jetzt zu "Cinespace". Die Reaktionen sind gemischt. 

Potsdam - Die Übernahme der Studio Babelsberg AG durch den US-amerikanischen Finanzinvestmentfonds TPG Real Estate Partners (TREP) ist abgeschlossen. Das gab die AG am Montag bekannt. „Wir freuen uns, den erfolgreichen Abschluss der Transaktion bekanntzugeben und TREP als unseren neuen Partner willkommen zu heißen“, sagten die Vorstände Carl Woebcken und Christoph Fisser, die den bisherigen Hauptanteilseigner führen, die Filmbetriebe Berlin Brandenburg GmbH (FBB). „Das Team von TREP schätzt unsere traditionsreiche Geschichte und bringt große Expertise und Erfahrung im Aufbau von Unternehmen mit, die Studio Babelsberg helfen, das nächste Kapitel erfolgreich zu schreiben“, hieß es in der Mitteilung weiter.

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Woebcken und Fisser bleiben mit einer Minderheitsbeteiligung an der Studio Babelsberg AG beteiligt. Anfang November hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass mindestens 75 Prozent der Aktionäre das Angebot angenommen haben, ihre Anteile zum Stückpreis von 4,10 Euro zu verkaufen. Das Angebot hatten die Filmbetriebe Berlin Brandenburg GmbH (FBB) als Hauptaktionärin der AG gemacht, um eine Übernahme zu ermöglichen. Am 16. September hatte TREP den Abschluss einer Vereinbarung zum Erwerb einer Beteiligung an Studio Babelsberg bekanntgegeben. Wie viel Prozent der Aktionäre das Angebot annahmen, gaben TREP und FBB nicht bekannt.

Christoph Fisser, Vorstand Studio Babelsberg AG.
Christoph Fisser, Vorstand Studio Babelsberg AG.
© Studio Babelsberg

Das Filmstudio soll als eigenständige Marke bestehen bleiben

Mit dem Abschluss der Transaktion wird Studio Babelsberg Teil der globalen Studioplattform Cinespace Studios („Cinespace“) von TREP. Cinespace ist laut Pressemitteilung der zweitgrößte Studiobetreiber in Nordamerika: „Mit dem Erwerb von Studio Babelsberg betreibt Cinespace nun 90 Studios und bringt damit seine Strategie des Aufbaus einer erstklassigen Studioplattform für die führenden Content-Produzenten auf der ganzen Welt voran.“ Das Studio Babelsberg soll weiterhin als eigenständige Marke agieren und zugleich von den Ressourcen und dem Netzwerk der globalen Plattform profitieren.

Studio Babelsberg wurde 1912 gegründet. Es gilt als ältestes Großatelier-Filmstudio der Welt und Wiege des deutschen Films. Woebcken und Fisser hatten das traditionsreiche Unternehmen vor gut 17 Jahren für den symbolischen Preis von einem Euro übernommen. Sie holten Hollywood nach Babelsberg, zahlreiche bekannte Filme entstanden im Studio, zuletzt „Matrix Resurrections“. Stars wie Matt Damon oder Kate Winslet drehten dort. „Studio Babelsberg ist weltweit für seine Qualität sowie als Symbol für die kreative Kultur Berlins und Brandenburgs bekannt“, wird Michael Abel, Partner bei TREP, zitiert. Der Finanzinvestmentfonds habe die Gelegenheit gesehen, in einen führenden Studiobetrieb zu investieren, der gut positioniert sei, um von den langfristigen Wachstumstrends im Medien- und Content-Konsum zu profitieren. „Wir unterstützen die Strategie und Ausrichtung des Unternehmens und freuen uns darauf, das Geschäft weiter auszubauen“, so Abel.

Carl Woebcken, Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG
Carl Woebcken, Vorstandsvorsitzender der Studio Babelsberg AG
© dpa

Viele neue Projekte am Standort erwartet

TREP ist die spezialisierte Plattform für Immobilieninvestments des weltweit tätigen alternativen Asset-Managers TPG mit Sitz im texanischen Fort Worth. TREP verfügt eigenen Angaben nach über ein verwaltetes Vermögen von 5,5 Milliarden US-Dollar, das vor allem aus Immobilien besteht. TREP hatte erst im vergangenen Jahr mehrere Filmstudios in Chicago and Toronto für sein „Cinespace“-Portfolio gekauft, wie das Online-Portal Deadline.com vermeldet. Dafür sollen schätzungsweise 1,1 Milliarden US-Dollar geflossen sein.

Zur Übernahme-Summe für Babelsberg machte Vize-Vorstand Christoph Fisser am Montag auf Nachfrage der PNN keine Angabe. Auf die Inanspruchnahme von Fördergeldern hat die Übernahme laut Fisser keinen Einfluss. „Unser tägliches Geschäft wird sich nicht verändern – wir werden weiterhin deutsche und internationale Filme und Serien in unseren Studios und Außenkulissen produzieren.“ Er erwarte viele neue und spannende Projekte am Standort. „Zum jetzigen Zeitpunkt können wir allerdings keine Titel nennen“, so Fisser.

Wirtschaftsministerium fordert wirtschaftliche Absicherung des Standortes

Sicher sei jedoch: Alle Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. Laut Fisser beschäftigt das Studio derzeit circa 100 Festangestellte. Auch Woebcken und Fisser selbst sollen weitermachen: „Dr. Woebcken und ich bleiben in unseren Funktionen noch mehrere Jahre im Unternehmen“, sagt Fisser. Welche konkreten Pläne TREP mit Babelsberg hat, bleibt vorerst unklar: „Wir bitten um Verständnis, dass sich TREP aktuell über die heute veröffentlichte Pressemitteilung hinaus nicht äußert“, sagt Peter Steiner, einer der deutschen TREP-Sprecher, auf Nachfrage der PNN.

Michael Kunert, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger
Michael Kunert, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger
© Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger SdK

Die Wirtschaftsförderung Potsdam bewertet die Übernahme als großen Standorterfolg: „Wir betrachten die neue Partnerschaft als eine starke Investition in den Film- und Medienstandort Potsdam-Babelsberg“, sagt Stefan Frerichs, Leiter der Wirtschaftsförderung. Vorsichtiger äußert sich das brandenburgische Wirtschaftsministerium: „Das Ministerium erwartet von dem neuen Hauptgesellschafter, dass es in den nächsten Jahren zu keinerlei Entlassungen von Beschäftigten der Studio Babelsberg AG kommt und wie angekündigt im größeren Umfang Investitionen insbesondere in neue Technologien und Produktionsmethoden getätigt werden“, sagt Sprecherin Irene Beringer. 

Es sei wichtig, dass Babelsberg als einer der führenden Produktionsstandorte in Europa nachhaltig abgesichert und ausgebaut werde. „Diese Erwartungshaltung wird das Ministerium auch in den weiteren Gesprächen mit TPG Real Estate Partners deutlich adressieren“, so Beringer. Sowohl Frerichs als auch das Ministerium zeigten sich erfreut darüber, dass das Filmstudio als eigenständige Marke erhalten bleiben soll und der bisherige Vorstand fortbesteht.

Kritik an intransparentem Deal

Kritisch äußert sich Michael Kunert, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger: „Der ganze Deal wurde sehr intransparent gegenüber den Aktionären und der Öffentlichkeit abgewickelt.“ Er habe die Vermutung, dass Woebcken und Fisser die Aktien für wesentlich mehr Geld als den Stückpreis von 4,10 Euro an TREP verkauft hätten. Unklar sei auch, ob die Vorstände ihre Minderheitsbeteiligung privat oder durch die FBB hielten.

Kunert kritisierte, dass TREP nicht bekannt gegeben habe, was die konkreten Pläne für Babelsberg seien: „Wie wollen sie Studio Babelsberg in den amerikanischen Markt einbinden?“ Er rechne damit, dass der komplette Aufsichtsrat, in dem auch Brandenburgs Ex-Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sitzt, ausgetauscht werde und fordert, dass zumindest für die restlichen Anteilseigner ein Sitz im Aufsichtsrat bestehen bleibe.

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