zum Hauptinhalt
Der B-Plan sieht rund um die irgendwann wieder aufgebaute Garnisonkirche einen Stadtplatz vor - auch dort, wo heute das Studentenwohnheim in der Breiten Straße steht.
© A. Klaer

Studentenwohnheim in Potsdam: Studenten laufen Sturm gegen Bebauungsplan

Der Bebauungsplan sieht langfristig den Rückbau von Studentenwohnungen vor. Potsdams Studenten und das Studentenwerk kritisieren den Entwurf, die Stadt will die Wogen glätten.

Potsdam - Der Bebauungsplan mit der Nummer eins sorgt erneut für Irritation: Nach Eltern und Lehrern der Dortuschule, die sich um die Schulsportmöglichkeiten auf der Plantage sorgten, melden sich nun Studierende und das Studentenwerk mit Kritik zu Wort. Anlass ist die Tatsache, dass Teile des Studentenwohnheims in der Breiten Straße laut dem B-Plan-Entwurf, der in der kommenden Woche im Bauausschuss beraten werden soll, einem Stadtplatz rund um die wiederaufzubauende Garnisonkirche im Weg stehen. Die vorgesehene Wiederherstellung des Stadtplatzes setze neben dem geplanten Abriss des Rechenzentrums „auch einen Rückbau des westlichen Teils des Gebäudes Breite Straße Nr. 1 – 5 voraus“, heißt es dazu in der Begründung der Stadt. Im Klartext hieße das: Teilabriss. Gleichzeitig schränkt die Stadt aber ein: Das Studentenwohnheim sei jüngst umfassend modernisiert worden und „genießt insofern Bestandsschutz“. Eine Umsetzung des B-Plans könne daher „erst langfristig“ erfolgen, heißt es.

Beim Studentenwerk Potsdam, dem Eigentümer des Wohnheims, reagierte man dennoch irritiert. „Wir vertreten den Standpunkt, dass es um die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende gehen muss – und nicht um die Vernichtung“, sagte Sprecherin Gudrun Wewetzer auf PNN-Anfrage. Das Wohnheim mit den 149 Plätzen sei bei den Studierenden wegen der zentralen Lage und der bezahlbaren Miete – die möblierten Ein- bis Zweizimmerappartements kosten warm zwischen 220 und 320 Euro im Monat – sehr beliebt: „Es ist immer zu 100 Prozent vermietet.“ Zudem befinde sich im von dem Plan betroffenen Teil des 2006 sanierten Gebäudes ein Fitnessstudio für den Hochschulsport. In Potsdam fehlten derzeit rund 500 Wohnheimplätze für Studierende, so Wewetzer. Das Studentenwerk gehe auch nicht davon aus, dass dieser Bedarf in den kommenden Jahren zurückgeht. Das Wohnheim werde „für mindestens 25 bis 30 Jahre“ dort stehen bleiben. Man sei auch erstaunt darüber, dass die Stadt ohne Rücksprache mit dem Studentenwerk als Eigentümer plane.

Linke: Abriss sei völlig indiskutabel

Der Allgemeine Studierendenausschuss der Universität Potsdam (AStA) reagierte empört auf den B-Plan-Entwurf und sieht sich in der Skepsis gegenüber dem Projekt Garnisonkirche bestätigt. „Wer plant, Wohnraum für junge Menschen zu vernichten, um dem eigenen Historismus zu frönen, spielt mit dem Risiko einer kulturellen Verarmung“, sagte AStA-Referent Jan Glogau. Schon jetzt gebe es zu wenig bezahlbaren Wohnraum für Studierende in Potsdam, sodass viele Studenten zum Pendeln gezwungen seien. „Wie sehr der Wiederaufbau der Garnisonkirche studentische Interessen berührt, zeigt einmal mehr dieser Bebauungsplan“, sagte AStA-Referentin Sandra-Diana Heidbrecht. Stadt und Land müssten in mehr Wohnraum für Studierende investieren, forderte AStA-Referent Jürgen Engert.

Ähnlich äußerte sich auch Isabelle Vandre, die hochschulpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Brandenburger Landtag. Der Abriss von Studentenwohnheimen sei „völlig indiskutabel“, so Vandre. Stadt und Land müssten ihre Energie in die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für Studierende und Einkommensschwächere stecken, „statt Potsdam in das 19. Jahrhundert zurückzubefördern“.

Stadtparlament entscheidet im März

Stadtplanungschef Andreas Goetzmann bemühte sich auf einer am Donnerstag einberufenen Pressekonferenz, die Wogen zu glätten. Das Studentenwohnheim genieße vollen Bestandsschutz, betonte er. Nur für den Fall, dass der Eigentümer, das Studentenwerk, das Gebäude irgendwann einmal für einen Neubau abreißen möchte, träten die im B-Plan vorgesehenen Regelungen in Kraft – der neue Stadtplatz müsste dann frei gelassen werden. Ein möglicher Neubau müsse außerdem eine glatte Front in Richtung Breite Straße bekommen, dürfe aber deutlich tiefer gebaut werden als bisher. Die Stadt müsse die freie Stadtplatz-Fläche zudem kaufen, sollte der Eigentümer das wünschen. Goetzmann verteidigte auch das Planungsprozedere: „Die Stadt kann nicht mit allen Eigentümern vorab die individuellen Bedürfnisse erörtern – dazu gibt es das öffentliche Beteiligungsverfahren.“ Der Beschluss der Stadtverordneten für die Aufstellung des besagten B-Plans fiel vor fast 25 Jahren, im Dezember 1990. Im März nun wird der mehrfach überarbeitete Entwurf dem Stadtparlament zur Abstimmung vorgelegt.

Lesen Sie hier den Hintergrund: Was steht im Bebauungsplan mit der Nummer eins?

Zur Startseite