Hitze im Park Sanssouci: Stress im Park
Im Park Sanssouci wird vor der Schlössernacht Laub gefegt. Die Hitze macht dem Park zu schaffen. Auch die einzige Zeder kämpft ums Überleben
Sanssouci - Dürre in Sanssouci: Parkrevierleiter Sven Hannemann ist am Freitagvormittag in Eile. Die Potsdamer Schlössernacht beginnt am Samstagabend und es ist noch viel vorzubereiten. Hannemann ist besorgt, denn diesmal ist der Arbeitsaufwand größer als in den Jahren zuvor. Der Grund ist die Hitze, die Potsdam nun seit mehreren Wochen heimsucht. Ein Regenguss blieb bisher aus. So kommt es, dass Hannemann und seine Mitarbeiter bereits um fünf Uhr in der Früh ihre Arbeit aufnehmen. Die Blumen, Bäume und Sträucher brauchen möglichst direkt nach Sonnenaufgang ihre Wasserrationen. „So schlimm wie dieses Jahr war es seit dem Rekordsommer 2006 nicht mehr“, sagt der Landschaftsarchitekt.
Sogar die einzige Zeder des Parks kämpft ums Überleben. Zwischen Orangerie und Drachenhaus steht der etwa 29 Meter hohe Nadelbaum. Er kam als Präsent des Osmanischen Reiches an Kaiser Wilhelm II. nach Potsdam. Seine Schwesterzeder, die auf der Pfaueninsel stand, fiel einst einem starken Gewitter zum Opfer. Die Schlösserstiftung kämpft nun um jede Nadel – nicht nur bei ihr.
Die Zeder ist eines von vielen Sorgenkindern im Welterbepark. Die Sprinkleranlagen laufen derzeit auf Hochtouren. In diesem Jahr wird mit vier Millionen Litern am Tag doppelt soviel Wasser benötigt wie üblich. Blumen, Sträucher und Jungbäume werden bevorzugt. Doch all die Hilfsmaßnahmen begrenzen nur größeren Schaden. Einige Pflanzen werden die Hitze wohl nicht überstehen.
Hannemanns Handy klingelt. Ein Mitarbeiter teilt ihm mit, dass mehrere der zur Schlössernacht aufgestellten Scheinwerfer umgefallen sind. „Das ist wirklich gefährlich“, erklärt er. „Wenn so ein Strahler auf ein Rasenstück oder einen Busch gerichtet ist, kann das bei dieser extremen Trockenheit zu einem Brand führen.“ Auch das Feuerwerk der Schlössernacht bereitet ihm Sorgen. „Doch die Feuerwehr weiß schon was sie macht. Sie werden aufpassen.“
Hannemann setzt seinen Rundgang durch den Park fort und sucht nach weiteren Hitzeschäden. Im 300 Hektar großen Schlosspark gibt es 24 000 Bäume und 130 000 Blumen, die versorgt werden wollen. Die 65 Gärtner der Schlösserstiftung werden von einem 70 Kilometer langen Bewässerungssystem unterstützt, das Wasser aus der Havel zu den Hilfsbedürftigen Pflanzen pumpt.
Immer wieder bleibt Hannemann stehen und begutachtet seine Schützlinge. „Die Eiben verlieren schon frische Triebe. Ihre Nadeln werfen sie ab, um die Verdunstungsfläche zu verkleinern“, sagt er. Ähnlich geht es auch den Linden nahe der Orangerie. In manchen Alleen ist bereits der Herbst eingeläutet. „Gestern erst haben wir hier das Laub weggefegt“, sagt Hannemann und weist auf den von gelb-orangenen Lindenblättern übersäten Weg.
Der extrem heiße Sommer ist keine Ausnahme, sondern markiert nur den Höhepunkt eines sich fortsetzenden Trends. Darunter leiden vor allem traditionsreiche, heimische Baumarten, die die warmen Temperaturen nicht gewöhnt sind. „Die Denkmalschutzbehörden verhindern, dass nach Ableben einer Traubeneiche eine robustere und dem warmen Klima besser angepasste Ungarische Eiche nachgepflanzt wird“, sagt Hannemann.
Wie es auf lange Sicht mit den Potsdamer Bäumen im Klimawandel weitergeht, wird zur Zeit untersucht. In einer gemeinsamen Langzeitstudie will die Schlösserstiftung in Potsdam mit Wissenschaftlern der Freien Universität Berlin herausfinden, welche Auswirkungen die Klimaerwärmung auf die unterschiedlichen Pflanzen im Park hat. Die Ergebnisse werden in zwei bis drei Jahren erwartet.
„Manche haben das heiße Wetter auch richtig gern“, scherzt Hannemann und verweist auf die Feigen und Weinstöcke, die reiche Früchte tragen. „Für unsere jüngsten Bäume hingegen haben wir noch eine Geheimwaffe, mit der wir sie durch den Sommer bringen.“ Der Landschaftsarchitekt führt seine Wunderwaffe vor – sie wird „Treebag“ genannt. Die Säcke lassen durch eine spezielle Membran über zehn Stunden hinweg, 75 bis 100 Liter Wasser zum Wurzelwerk der jungen Bäume sickern. So soll weniger Wasser verdunsten. Ob das etwas hilft, sieht man nicht sofort. „Das Schadensausmaß dieses heißen Sommers wird man erst in einigen Jahren bemerken“, sagt Hannemann. „Doch unsere größten Schätze bringen wir durch.“ Julian Hampe und Torben Lehning
Julian Hampe, Torben Lehning
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