Flüchtlingshilfe in Potsdam: Stadt will Krisenmanagement verbessern
Mehr als 1000 Ukraine-Flüchtlinge haben sich in Potsdam angemeldet. Die Awo soll nun eine Struktur für Ehrenamtler und private Aufnahme schaffen.
Potsdam - Der Zustrom an Geflüchteten aus der Ukraine nach Potsdam reißt nicht ab. Bis Mittwoch (16.3.) haben sich 1042 Personen angemeldet, sagte Potsdams Sozialbeigeordnete und Leiterin des Ukraine-Krisenstabs Brigitte Meier (SPD) bei einer Pressekonferenz. Aktuell seien knapp 800 Menschen in Pensionen und Hotels untergebracht, etwa 40 hätten in der Tropenhalle Biosphäre übernachtet.
Ab Donnerstag (17.3.) werde über den Königsteiner Schlüssel – den bundesweiten Verteilungsquotienten – an andere Bundesländer weiterverteilt. „Wir haben bereits jetzt doppelt so viele Geflüchtete in Potsdam versorgt wie 2015“, sagte Meier. Denn anders als damals sei Potsdam nun eine Erstaufnahmestelle, nur ein Teil der Flüchtlinge reise weiter.
Noch immer holprig läuft die private Unterbringung von Menschen aus der Ukraine – obwohl die Aufnahmebereitschaft in Potsdam hoch ist. 300 Familien haben sich bei der Stadt gemeldet, 50 weitere bei der Arbeiterwohlfahrt (Awo). Viele bekamen auf ihre Angebote keine Antwort. Damit das in Zukunft besser läuft, hat die Awo die Ehrenamtskoordination übernommen. Hier sollen künftig Hilfsangebote und -anfragen gebündelt und zusammengebracht werden. Über die zentrale Mailadresse ukraine@awo-potsdam.de können sich freiwillige Helfer melden – Übersetzer, aber auch Menschen, die Wohnraum zur Verfügung stellen oder Sachspenden abgeben wollen. „Wir werden uns bei allen zurückmelden“, versicherte Angela Schweers, Chefin des Awo-Bezirksverbandes Potsdam.
Schon jetzt habe die Awo fünf Personen zusätzlich für die neuen Aufgaben eingestellt, weitere Stellen würden geschaffen, Bewerbungen seien willkommen. Zudem laufe ein Antrag bei der Förderorganisation Aktion Mensch, so Schweers. Ziel sei es, für die Ehrenamtlichen eine passende Tätigkeit zu vermitteln, aber auch rechtliche Fragen wie den Versicherungsschutz zu klären. Auch habe der Schutz von Frauen und Kindern einen hohen Stellenwert, weshalb ein polizeiliches Führungszeugnis der Helfer eingeholt werde.
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Dass eine zentrale Koordination dringend nötig ist, zeigen Schilderungen mehrerer Potsdamer, die die PNN auf verschiedenen Wegen erreicht haben. Der Tenor: Auf eine Mail an die zentrale Ukraine-Hilfe-Adresse der Stadt passierte außer einer automatischen Antwort gar nichts. Auch der CDU-Landtagsabgeordnete und Parlamentarische Geschäftsführer Steeven Bretz meldete sich bei den PNN. Mehrere Hilfswillige hätten ihm berichtet, dass sie gern Flüchtlinge aufnehmen würden, bei den Ämtern der Potsdamer Stadtverwaltung aber niemanden erreichten. Ihn selbst habe in der Ausländerbehörde nur ein Anrufbeantworter auf Service- und Sprechzeiten verwiesen. „Unverständlich“ und ein Schlag ins Gesicht der Hilfswilligen sei dies, obwohl man „in Sonntagsreden stets Menschlichkeit bekunde“. Er erwarte, dass sich hier schnellstens etwas ändere, so Bretz. „Das ist einer Landeshauptstadt unwürdig.“
Krieg und Pandemie
Sozialbeigeordnete Meier versucht, die Wogen zu glätten, und bittet um Verständnis. Zum einen sei den teils traumatisierten Geflüchteten, die nach oft tagelangen Fahrten in Potsdam einträfen, mit einer Unterkunft für nur wenige Tage nur wenig geholfen. Wichtiger seien langfristige Angebote. Zum anderen dürfe der Infektionsschutz nicht vergessen werden, auch wenn der Ukraine-Krieg die Corona-Pandemie gerade etwas aus den Schlagzeilen verdränge. „Die Infektionszahlen sind hoch und 60 Prozent der Ukrainer ungeimpft“, gibt sie zu bedenken. Bevor man Geflüchtete beispielsweise an Potsdamer Senioren vermittle, die einer Risikogruppe angehörten, sei Vorsicht geboten. „Wir tragen auch eine gewisse Verantwortung gegenüber den aufnehmenden Familien“, so Meier.
Es gelte nun, so formulierte es Feuerwehrchef Ralf Krawinkel, aus der Chaosphase in eine organisierte Phase zu kommen. Es sei vollkommen normal, verständlich und auch wichtig, in einer besonderen Lage erst einmal loszulegen. Aber nun müsse die Hilfe besser koordiniert werden, damit auch die Spontanhelfer gezielter unterstützen könnten. Als Wohlfahrtsverband, so erläuterte Meier, sei die Awo dafür der geeignete Partner. Deshalb habe man die Ehrenamtskoordination delegiert.
Andere Aufgaben sind und bleiben in der Hand des Rathauses. Zentral ist dabei eine klassische Verwaltungsaufgabe: die Bearbeitung von Anträgen. Bislang wurden nach Angaben der Beigeordneten Meier 657 Anträge nach dem Asylbewerberleistungsgesetz bei der Stadt registriert. 105 davon seien bereits ausgezahlt worden. (mit HK)
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