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Eingebaute Luftfilter wie auf dem Bild zu sehen wird es in Potsdam vorerst nicht geben. 
© dpa

Unterricht in der Pandemie: Stadt prüft mobile Luftfilter für Schulen

Trotz Bundesförderung sollen keine stationären Luftfilter in Potsdamer Klassenräume. Das sei zeitlich nicht schaffbar.

Potsdam - Potsdam hadert weiter mit den Luftfiltern: Wie berichtet hatte die Stadtverwaltung die Anschaffung von Luftfiltergeräten für Schulen aus Kostengründen abgelehnt und setzt stattdessen weiter auf Lüften und CO2-Ampeln in den Klassenzimmern. Allerdings gibt es von Seiten des Bundes ein 500 Millionen Euro starkes Förderprogramm für Raumluftfilteranlagen in Schulen und anderen öffentlichen Räumen, das genau diese Kosten abfedern soll. 

Bis vor kurzem förderte der Bund nur die Um- oder Aufrüstung bereits bestehender Luftfilter, seit dem 11. Juni auch Neuinstallationen. Dennoch hat sich die Stadt dagegen entschieden, das Programm in Anspruch zu nehmen, denn gefördert werden nur stationäre Anlagen, die fest in Räumen verbaut werden.

„Nach eingehender Prüfung der Förderbedingungen zeigt sich, dass das Programm, das der Bund im Juni aufgelegt hat, nicht geeignet erscheint, um zum Schuljahresbeginn die Klassenräume mit entsprechenden Anlagen auszurüsten“, sagte Stadtsprecher Markus Klier auf Anfrage der PNN. 

Hoher Aufwand

Der Einbau stationärer Luftfilter wäre mit erheblichen Baumaßnahmen verbunden: Der zeitliche Aufwand durch Planungen, Genehmigungsverfahren, Ausschreibungen und bauliche Umsetzung stehe einem rechtzeitigen Einsatz der Anlagen im beginnenden Schuljahr und einer möglichen weiteren Corona-Welle entgegen. „Damit kann eine Ausstattung der Kitas und Schulen zum beginnenden Kita- und Schuljahr 2021/22 nicht erfolgen“, sagte Klier.

Stattdessen will die Stadt für die öffentlichen Schulen Potsdams nun den Einsatz mobiler Luftfiltergeräte prüfen und hat das Land als Aufsichtsbehörde um eine fachliche Einschätzung gebeten. 

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„Unsere Anfrage zielt darauf ab, ob das Bildungsministerium und das Gesundheitsministerium es als notwendig beziehungsweise empfehlenswert ansehen, im Rahmen der Corona-Prävention mobile Raumluftfilteranlagen in den Schulen und Kitas aufzustellen und unter welchen Bedingungen dies erfolgen soll“, sagte Klier. Dies solle jeweils im Hinblick auf Klassenstufen, Schulform und räumliche Bedingungen geschehen.

„Des Weiteren haben wir angefragt, ob zur Anschaffung und Aufstellung von Raumluftfilteranlagen eine entsprechende Vorgabe oder Empfehlung des Landes herausgegeben und eine Umsetzung über eine entsprechende Landesförderung ermöglicht werden soll“, sagte Klier. Eine Antwort von Seiten des Landes stehe noch aus.

"Natürlich helfen mobile Luftfilter gegen Viren"

Damit schwenkt die Stadt in ihrer Bewertung von mobilen Luftfiltern leicht um. Zu Wochenbeginn wurde der Einsatz nichtstationärer Anlagen von Seiten der Verwaltung noch abgelehnt, da diese laut Empfehlungen des Umweltbundesamtes maximal als ergänzende Maßnahme dienen und das regelmäßige Lüften nicht ersetzen könnten.

Nun hat sich das Umweltbundesamt jedoch in die Debatte eingeschaltet und widerspricht. „Natürlich helfen mobile Luftfilter gegen Viren – wenn es sich um geprüfte Geräte handelt und sie richtig im Klassenraum aufgestellt sind“, sagte Heinz-Jörn Moriske, Geschäftsführer der Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes gegenüber dem „Handelsblatt“. „Das Aufstellen und Einrichten sollte aber von Fachleuten gemacht werden. Es ergibt keinen Sinn, wenn Eltern ungeprüfte Geräte im Baumarkt kaufen und willkürlich im Raum verteilen.“

Die Nachteile der mobilen Geräte

Gegenüber stationären Anlagen hätten mobile Luftreiniger allerdings den Nachteil, dass sie zwar Viren herausfiltern oder durch UV-Licht unschädlich machen können, aber weder Kohlendioxid noch Schimmel oder Feuchtigkeit entfernen. Damit wären sie im normalen Schulalltag nach der Pandemie im Grunde überflüssig, da sie die Luftqualität nicht verbessern würden, sagte Moriske. Erst bei der nächsten Pandemie hätten sie dann wieder einen Nutzen.

Ein weiterer Nachteil: Mobile Anlagen werden vom Luftfilterprogramm des Bundes bislang nicht gefördert, müssten also vom Land oder den Kommunen selbst bezahlt werden. Damit stünde Potsdam wieder vor seinem alten Problem, nämlich den Kosten für die Luftfilter. Diese hatte Stadtsprecherin Juliane Güldner mit rund 6,5 Millionen Euro berechnet. 

Fachleute raten zu zwei Filtern pro Raum

Wenn jeder der 2175 Unterrichtsräume in Potsdams öffentlichen Schulen mit einem Mittelklasselüfter ausgestattet würden, käme man bei einem Stückpreis von rund 3000 Euro auf diese Summe. Da laut Fachleuten allerdings sogar zwei Luftfilter pro Raum nötig seien, um eine flächendeckende Wirkung beim Infektionsschutz zu gewährleisten, könnten sich die Anschaffungskosten für die Stadt am Ende sogar auf 13 Millionen Euro belaufen. Allerdings gibt es zum Teil große Preisunterschiede: Die Kosten für mobile Luftfilter liegen schätzungsweise bei 1000 bis 3000 Euro pro Stück.

Dennoch wären mobile Filter aufgrund der langen Vorlaufzeit für den Einbau stationärer Filter derzeit die einzige Möglichkeit, um die Klassenräume vor Beginn des Schuljahres noch mit Filtern auszustatten. „Es ist Eile geboten, denn in zehn bis 25 Prozent aller Klassenräume kann nicht richtig gelüftet werden“, sagte Heinz-Jörn Moriske.

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