Zerstrittener Kreisverband: SOS aus der Potsdamer Union
Im Potsdamer CDU-Kreisverband tobt ein Machtkampf. Nun wird die Landesspitze der Partei um Hilfe angerufen.
Potsdam - Mitglieder der Potsdamer CDU liefern sich einmal mehr Grabenkämpfe. Angesichts der neuen Querelen in der Partei haben sich zwei wichtige Vertreter nun mit einem schriftlichen Hilferuf an die Landesspitze der CDU gewendet. In dem den PNN vorliegenden Schreiben der Vorsitzenden der Stadtbezirksverbände Innenstadt und Waldstadt/Schlaatz, Matthias Finken und Günter Anger, wird sich das Psychogramm einer zerstrittenen Partei gezeichnet. So ist „von bewusst undemokratischen und intrigantem Vorgehen Einzelner“ die Rede. Und: „Die Gesamtsituation erscheint so verfahren und emotional aufgeladen, dass der Kreisverband Potsdam selbst nicht in der Lage sein dürfte, eine nachhaltige Lösung zu finden.“
Schon der Anlass für den vor rund einer Woche abgesetzten Brief ist symptomatisch: Die bereits im Jahr 2016 beschlossene Strukturreform der Partei ist unlängst von einem Kreisparteigericht zu Fall gebracht worden. Bei der Reform geht es um den Zuschnitt der CDU-Ortsverbände.
Niekisch hatte geklagt
Geklagt hatte der Stadtbezirksverbands West mit dessen Vorsitzendem Wieland Niekisch gegen die unter dem damaligen Kreischef und heutigen Landesgeneralsekretär Steeven Bretz durchgesetzte Neustrukturierung. Niekisch hatte durch die Reform einen Einflussverlust für seinen Verband gesehen, während der Innenstadtverband von Finken gestärkt würde.
Zur Begründung seiner Klage hatte Niekisch damals auch erklärt, die Strukturreform widerspreche der von ihm mitverfassten Satzung der Potsdamer CDU – so müssten die Grenzen der kommunalen Wahlkreise mit denen der Stadtbezirksverbände übereinstimmen.
Diese Sicht hat das Gericht nun bestätigt, allerdings laut Finken vor allem aus formalen Gründen. Zum Umgang mit dem Urteil gebe es daher innerhalb der CDU konkurrierende Forderungen aus zwei gleich starken Lagern. Diese unklaren Mehrheitsverhältnisse sind offenbar der Anlass für den Hilferuf von Finken und Anger an den Landesvorstand unter dem neuen CDU-Chef Michael Stübgen.
Über den Umgang mit dem Urteil wird nun ebenfalls gestritten
Das Finken-Lager will demnach trotz des Gerichtsurteils an den neu zugeschnittenen Ortsverbänden festhalten. Das Niekisch-Lager will hingegen, dass die Verbände in ihrem Sinne noch einmal neu aufgeteilt werden. Dann würde zum Beispiel der Golmer Verband wieder dem West-Verband unter Niekisch zugeschlagen, der Innenstadtverband von Finken würde aufgeteilt.
Finken hält das für „unnötige Neustrukturierungen“ gegen den Willen der Betroffenen. Sie würden die Gefahr bergen, „das Risiko einer Spaltung zu befördern und die CDU in Potsdam politisch zu marginalisieren“, heißt es in dem Schreiben.
Die vergangenen CDU-Wahlschlappen in Potsdam – etwa bei der Kommunal- und Landtagswahl – hätten eben nicht an den jetzigen Parteistrukturen gelegen, heißt es in den Schreiben von Finken weiter. Die Probleme im Wahlkampf hätten vielmehr im „organisatorischen und personellen Bereich“ gelegen, also sprich etwa bei den Kandidaten. Auch in anderen CDU-Verbänden bestehe keine Struktur nach Wahlkreisen, kritisiert Finken. Und der Wahlkreiszuschnitt könne sich in einer wachsenden Stadt auch von Wahl zu Wahl ändern.
Auch Kreischef Friederich wird in dem Brief kritisiert
Kritisiert wird von Finken und Anger auch das Agieren des Kreischefs Götz Friederich in dieser Situation. Zunächst habe Friederich vorgeschlagen, einen Kreisparteitag über die Frage abstimmen zu lassen. Allerdings ist laut Finken fraglich, ob der Kreisvorstand diese Führungsaufgabe – nämlich die Entscheidung zu Strukturfragen – überhaupt abgeben dürfe. Zudem wirft Finken dem Kreischef vor, sich auf die Seite von Niekisch gestellt zu haben. Daher bitte man nun den Landesvorstand eine Entscheidung zu treffen, so Finken. Er schlägt vor, die CDU-Landessatzung für Potsdam anzuwenden – also bei den reformierten Verbandszuschnitten zu bleiben. Ferner müsste die Bindung an die Wahlkreisgrenzen als „Ursache aller Querelen“ aus der „veralteten Satzung“ gestrichen werden, so Finken und Anger.
Kreischef Friederich kennt das Schreiben. Er werde sich gegenüber dem Landesverband dazu noch äußern, sagte er auf PNN-Anfrage. Eine öffentliche Bewertung zu dem Brandbrief gab er nicht ab. Allerdings gebe es eben ein rechtskräftiges Urteil des Parteigerichts, dass er nun gemäß Satzung umsetzen wolle, so Friederich – eben die umstrittene Neustrukturierung nach Wahlkreisgrenzen.
Die CDU hatte in den vergangenen Monaten mehrfach Querelen erlebt, etwa um interne Rücktrittsforderungen gegen ihren Stadtverordneten Lars Eichert wegen langjähriger Mietschulden. Auch Finken ist in der Partei nicht unumstritten: Anfang des Jahres hatte der damalige Stadtfraktionschef bei einem Parteitag zur Aufstellung der Spitzenkandidaten für die Kommunalwahl – ohne Gegenbewerber – die Zustimmung von nur rund der Hälfte der anwesenden Parteimitglieder erhalten. Das deuteten seine Kritiker damals als Denkzettel.
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