Kommentar | Pro und Contra: Soll die Debatte um den Staudenhof weitergehen?
Ist in der Debatte um den Wohnblock aus DDR-Zeiten alles gesagt - oder gibt es noch Aufklärungsbedarf? In der PNN-Redaktion gehen die Meinungen auseinander.
Potsdam - Nach dem Beschluss zum Abriss des Wohnblocks Staudenhof halten in Potsdam die Proteste dagegen an. Dabei meint PNN-Reporter Henri Kramer, in der Debatte sei alles gesagt - die Gegner sollten sich besser auf andere Objekte konzentrieren. PNN-Redakteurin Jana Haase hält entgegen: Beim Staudenhof gibt es noch sehr viel Aufklärungsbedarf.
PNN-Redakteur Henri Kramer: Wenig Neues
Der Abriss des DDR-Wohnblocks Staudenhof ist besiegelt – und die letzte Diskussion dazu brachte nach jahrelanger Debatte nur wenige neue Argumente. Die Vorteile der Entscheidung lagen schon vorher auf der Hand: Gewonnen wird ein zentrales Wohnhaus und für die Belebung der Mitte wichtiges Gewerbequartier – mit dem jetzigen Staudenhof in seiner Ausdehnung und Unterkellerung wäre das nahezu unmöglich.
Dazu soll durch den Neubau die Zahl von günstigeren und besser geschnittenen Sozialwohnungen steigen. Auch einem zentralen Argument der Gegner, mit einem Abriss und anschließendem Neubau würde nun viel mehr Kohlendioxid freigesetzt, wurde noch begegnet: So soll der nötige Neubau in möglichst ökologischer Bauweise errichtet werden. Hier steht nun die Stadtpolitik in der Pflicht, dies auch umzusetzen – genau wie das Versprechen, dass die restlichen Mieter des Hauses vergleichbare Wohnungen finden, damit keine sozialen Härten entstehen.
Dass solche Aspekte verankert worden sind, ist auch ein Verdienst des zähen Widerstands der Gegner, die sich nun wohl auf ein weiteres Gebäude konzentrieren dürften: Das ebenso vom Abriss bedrohte Künstlerhaus Rechenzentrum. Und da sind die Mehrheitsverhältnisse und Argumente keineswegs so eindeutig wie jetzt beim Staudenhof.
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PNN Redakteurin Jana Haase: Besser machen
Die Stadtverordneten haben entschieden – der Staudenhof-Wohnblock, schon seit Jahrzehnten vernachlässigt, soll 2023 abgerissen werden und einem Neubau weichen. Die Diskussion ist mit diesem Votum aber nicht abgeschlossen. Vonseiten der Stadt, der Stadtverordneten und der städtischen Pro Potsdam wird viel Erklärungsarbeit nötig sein, damit die Fronten sich am Staudenhof in den nächsten anderthalb Jahren nicht noch einmal ähnlich verhärten wie beim Kampf um die Fachhochschule.
[Lesen Sie auch: „Abriss des Staudenhofs ist konsequent“ - ein Gastbeitrag von Christian Seidel, früherer SPD-Stadtverordneter und langjähriger Bauausschusschef.]
Mit dem nun angekündigten Zugehen auf die Mieter*innen mit unbefristetem Vertrag wird es nicht getan sein. Mit Fridays For Future hat die nächste Generation das Thema neu für sich entdeckt – eine Generation, die die Debatte um die Rekonstruktion der Potsdamer Mitte und deren Vorgeschichte bis in DDR-Zeiten nicht kennt. Erklärungsarbeit ist nötig – und gleichzeitig Verständnis für andere Positionen.
Die Potsdamer Künstlerin Annette Paul hat die Entwicklung rund um den FH-Abriss in einem Gastbeitrag für die PNN ganz treffend als Niederlage nicht für die Abrissgegner, sondern für die Stadtgesellschaft beschrieben: „Die Niederlage ist es für die Stadtgesellschaft, dass hier nicht alle mitgenommen werden konnten, kaum Verständnis für das Trauern um den Verlust gezeigt wurde.“ Beim Staudenhof könnte man es besser machen.