Ermittlungen der Staatsanwaltschaft: Sexuelle Übergriffe unter Potsdamer Elite-Sportschülern
Die Potsdamer Staatsanwaltschaft ermittelt gegen drei Siebtklässler der Sportschule am Luftschiffhafen - wegen eines sexuellen Übergriffs auf einen Mitschüler. Sie haben nun Hausverbot im Internat. Was weiter passsiert, ist offen.
Potsdam-West - Wegen mutmaßlichen sexuellen Übergriffen unter Siebtklässlern im Internat der Elite-Sportschule ermittelt die Potsdamer Staatsanwaltschaft. Eine entsprechende Strafanzeige, die am Mittwoch gestellt worden sei, werde bearbeitet, bestätigte eine Behördensprecherin am Freitag. Details nannte sie wegen der Persönlichkeitsrechte der Minderjährigen nicht.
Allerdings bestätigten mit dem Fall betraute Verantwortliche den PNN, dass zwei Zwölf- und ein 13-Jähriger einen Mitschüler ihres Alters zu sexuellen Handlungen gezwungen haben sollen. Der betroffene Schüler soll sich seinem Lehrertrainer anvertraut haben. In der Folge wurden die schweren Vorwürfe zur Anzeige gebracht. Der Vorfall selbst soll sich am vergangenen Sonntag im Internat ereignet haben, bestätigte das Bildungsministerium als Aufsichtsbehörde der renommierten Schule im Sportpark Luftschiffhafen, die mehrere Olympiasieger hervorgebracht hat. Zunächst hatte die „Märkische Allgemeine Zeitung“ über den Fall berichtet.
Aus dem Schulbetrieb genommen
Die Leitung des von der kommunalen Luftschiffhafen-Gesellschaft betriebenen Internats hat den tatverdächtigen Schülern nach eigenen Angaben bis zum Abschluss der Ermittlungen ein einstweiliges Hausverbot erteilt. Dies sieht der dort geltende Kinderschutzplan vor. Demnach sollen mutmaßliche Opfer und Täter möglichst so voneinander getrennt werden, dass sie sich nicht über den Weg laufen. Auch sollen so Gefahren für weitere Schüler ausgeschlossen werden. „Im Moment sind die Kinder vom Schulbesuch befreit und befinden sich in der Obhut ihrer Eltern“, sagte eine Rathaussprecherin auf Anfrage. Zudem sind die Schüler aus dem Trainings- und Spielbetrieb genommen worden.
Die Eltern der 400 Internatsschüler wurden nach PNN-Informationen in einem Brief über den „nicht tolerierbaren Übergriff“ informiert und auch das Jugendamt ist eingeschaltet. Zeitnah soll es eine außerordentliche Elternversammlung geben, hieß es weiter.
Die Konsequenzen sind unklar
Welche Konsequenzen es für die beschuldigten Schüler geben könnte, ist unklar. Sie sind noch strafunmündig und müssen daher keine Verurteilung vor Gericht fürchten. Je nach Ermittlungsergebnis soll aber laut der Stadtsprecherin entschieden werden, welche Sanktionen es in der Schule geben wird. Am Montag ist laut Bildungsministerium eine Helferkonferenz der Sportschule zu dem Fall geplant. Auch über die Kündigung des Wohnheimplatzes der Schüler werde beraten. Mit den betroffenen Familien befinde man sich im Gespräch, Beratung von Experten ist angeboten worden. Auch die seit diesem Jahr aktive Schulsozialarbeiterin vermittle Hilfe. Ein Sprecher des Bildungsministeriums sagte auch, mit den Eltern des betroffenen Schülers sei man in Kontakt, um zu entscheiden, wo das Kind künftig beschult wird.
Vor sieben Jahren war das Internat bereits einmal bundesweit in den Schlagzeilen, nachdem sich zwei 16-jährige Schüler an jüngeren Mitschülern vergangen hatten. Für Bestürzung sorgte damals, dass die Betreuer, denen sich die Opfer anvertrauten, zunächst nichts weiter unternommen hatten – was im aktuellen Fall offensichtlich anders ist. Damals durften die tatverdächtigen Sportler nach einer Suspendierung auch wieder in die Schule, während eines der angegriffenen Kinder die Elite-Einrichtung auf eigenen Wunsch verließ. Ex-Schüler berichteten damals auch über weitere gewalttätige Übergriffe in dem Wohnheim, die nicht angezeigt worden waren. In der Folge erhielt das Wohnheim deutlich mehr Erzieher und neue Regelungen zum Kinderschutz sowie Fachkräfte aus dem Bereich. Allerdings gab es seitdem unter den Sportschülern in Einzelfällen auch Probleme: Laut dem Ministeriumssprecher habe es im April 2015 – nach einer Anstiftung zu Gewalt eines Schülers – als Strafe eine Überweisung in eine andere Klasse gegeben. Im Jahr 2016 sei ferner ein Schulverweis ausgesprochen worden.
Expertin: Einzelfall, kein Trend
Annelie Dunand vom Kleinmachnower Kinderschutzverein Stibb, ein landesweit anerkannter Träger der Jugendhilfe, sagte den PNN, es handele sich bei sexuellen Übergriffen unter Kindern weiterhin um Einzelfälle, nicht um einen gesellschaftlichen Trend. Es bestehe aber eine größere Sensibilisierung für solche Fälle.
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